Der Rote Milan - Moritat

Review

Der Rotmilan ist ein kleiner, etwa Mäusebussard-großer Greifvogel, nistend in halboffenen Wäldern, heimisch in West- und Mitteleuropa und war mal Vogel des Jahres 2000. DER ROTE MILAN hingegen sind eine Black-Metal-Band aus dem Dreiländereck in der Nähe von Trier und existieren seit 2015. Die noch junge Band nimmt sich lyrisch hauptsächlich der Historie des umliegenden Landes an und ich bin ganz froh, mal wieder etwas mehr Landessprache in der dunklen Musik zu vernehmen (die war mal bzw. ist noch im Black Metal en vogue, siehe HELRUNAR, AGRYPNIE, NOCTE OBDUCTA, FIRTAN und Konsorten). 2016 erschien mit „Aus Der Asche“ das Debüt, welches Kollege Popp frenetisch gefeiert hat, von anderen Postillen aber durchaus gemischt aufgenommen wurde.

„Moritat“ spielt zwischen Raserei und melancholischem Midtempo

„Moritat“ (eine schaurige Geschichte beinhaltende Ballade, wie mir Wikipedia verrät) soll sich textlich nun lokalen Erzählungen aus dem Dreißigjährigen Krieg hingeben, genauer der Figur des Schinderhannes. Weiter kann ich leider nicht darauf eingehen, Lyrics liegen mir nicht vor. Musikalisch ist auf der Habenseite eine gute Vokalperformance, die zwar über das genre-typische Gekreisch nicht herausgeht, aber trotzdem eine gute Figur abgibt. Die Produktion aus der Klangschmiede Studio E von Markus Stock ist ungewöhnlich druckvoll und modern für Black Metal und gibt vor allem den Gitarren und dem Schlagzeug ordentlich Punch. Oft geht es rasend nach schwedischer Machart vorwärts („Drohende Schatten“), ohne dabei aber die Melodie oder ruhigere Momente (wie im melancholischen und sich langsam aufbauendem „Gnosis der Vergänglichkeit“ zu vernehmen) zu vergessen. Auch „Der letzte Galgen“ bleibt eher im Midtempo, überrascht bis auf den ruhigen Schlusspart allerdings nicht so wirklich mit Höhepunkten.

DER ROTE MILAN haben Potential, aber bleiben unter ihren Möglichkeiten

Solides Material, wenn auch nicht wahnsinnig originell. Was aber besonders sauer aufstößt ist, dass das Schlagzeug in fast allen Songs zeitweise denkbar neben der Spur gespielt ist. Will heißen: Vor allem in den Blast-Parts kommt es nicht hinter den Riffs her. Ich weiß nicht ob das gewollt ist um ein wenig rhythmisches Spiel reinzubringen, es klingt aber einfach nur grausam. Entweder man ist fähig sein Instrument zu spielen oder man lässt es. Wenn Parts zu schnell sind, dann gibt es noch „Studio-Magic“ (die wird spätestens live auffliegen) als letzten Rettungsring, oder man muss sich andere Herangehensweisen und Beats beim Songwriting überlegen. So macht es die flirrenden Momente einfach nur kaputt, gerade in solchen Songs wie dem 12-minütigem Rausschmeißer und Titelsong „Moritat“.  Ein wenig größere Ausbrüche aus dem Korsett des melodischen Black Metals wären auch wünschenswert… oder doch ein wenig packenderes Songwriting. So gibt es durchaus spannende Parts, aber eben keine Songs die das Attribut „ausgezeichnet“ verdienen, bis vielleicht auf den doch atmosphärischen Opener „Die Habsucht“.

DER ROTE MILAN haben, nicht zuletzt dank dem textlichen Konzept, aber auch angesichts der ordentlichen Melodien, durchaus Potential, aber das hier vorliegende ist noch ziemlich ausbaufähig, in musikalischer und songwriting-technischer Hinsicht.  Für Fans und weniger anspruchsvolle Black Metaller zu empfehlen, alle anderen warten darauf, dass  DER ROTE MILAN sich mit neuem, besseren Material rehabilitiert oder greifen zu anderen deutschsprachigen Black-Metal-Bands, wie etwa den im Eingangsabsatz genannten.

27.01.2019
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