Equilibrium - Armageddon

Review

Die Waagschale scheint sich auf die dunkle Seite zu neigen, von ausgewogenem Gleichgewicht oder gar friedlichem Beisammensein kann nicht die Rede sein. „Armageddon“ von EQUILIBRIUM hört man diese Stimmung deutlich an, die gute Laune weicht so manchem schroffen Ton und einigen erschreckend harten, aber wahren, Textzeilen. Das vorab veröffentlichte und groß auftrumpfende „Prey“ war sicher nicht die beste Wahl, um einen geeigneten Einblick zu bieten. Es hat sich viel getan, im Lager von EQUILIBRIUM. Wieder Veränderungen im Line-up, Bassistin Jen wechselte zu EVANESENCE, Makki (ex-SUIDAKRA) rückt nach und es gibt nun mehr englischsprache Texte. Aber in erster Linie darf der Hörer von einem gereiften Songwriting profitieren und wird überrascht sein, dass gerade diese Band eine gehaltvolle Platte geschaffen hat, die das aktuelle Zeitgeschehen treffend rekapituliert.

Schwert geputzt? Pferd gesattelt? Los geht das hier!

Mit Zitaten aus „Für einen militanten Pazifismus“ von Albert Einstein, legt „Armageddon“ los. Es ist traurig, dass die Botschaft von 1931 auch 2016 noch gleichermaßen dringlich ist. Sobald die ersten Töne von „Sehnsucht“ erklingen, kann sich der EQUILIBRIUM-Fan beruhigt zurücklehnen und weiß: Hier bin ich richtig, hier darf ich episch sein. Die Platte arbeitet sich erstmal an den negativen Seiten ab, unterstreicht die zwangsläufige Endlichkeit und provoziert ein Szenario, in dem sich die Erde auftut und falsches, heuchlerisches Pack in die Tiefe zieht. Musikalisch erwartet den Hörer hier noch EQUILIBRIUM-typisches Stakkato-Riffing, dicke Keyboard-Wände und marschierender Takt. Doch irgendwie schwingt das Gefühl mit, dass die Herren etwas ernster sind, als sonst und so manche Aussage provoziert einen dicken Kloß im Hals. Mit Li La Launebär ist hier erstmal nix.

„Born to be wild“ war gestern, EQUILIBRIUM sind „Born to be epic“

„Horizont“ lässt dann wieder die Lumpen am Stock tanzen und lockert „Armageddon“ etwas auf. Qualitativ verdammt nah an FINNTROLLschen Humppa-Klopfern, wamsen sich EQUILIBRIUM durch Doublebass-Gewitter begleitet von erzählenden Gitarrenmelodien. Das direkt anschließende und äußerst euphorisierende „Rise Again“ wird live den Pit zum Drehen und die Bierbecher zum Überschwappen bringen. Letzteres ist nicht so gut. Freilaufende Flöten und hektische Drums erfüllen genau ihren Zweck und verbreiten unmittelbar gute Laune.

Spätestens beim sehr speziellen „Born To Be Epic“ trennt sich die Spreu vom Weizen und auch der Nintendo-Ausraster von „Helden“ dürfte die meisten Zuhörer erstmal verwirren. Jede schnurrige Eigenart ist gut durchdacht, EQUILIBRIUM sind und waren nie eine Band die unkontrolliert Scherze ohne Sinn absetzte. Letztendlich sind es genau diese Momente, die sie so einzigartig und liebenswert machen. Robse bellt sich ansprechend durch die ganze „Armageddon“-Sause. Keine quiekenden, schrillen Schreie, stattdessen dominiert kantiger, roher Gesang die aktuelle Scheibe von EQUILIBRIUM. Neben dem gesprochenen Intro „Sehnsucht“, gibt es mit „Koyaaniskatsi“ gleich einen ganzen gesprochenen Song. Ein ergreifender Text, für jeden der noch fühlt und versteht, natürlich darüber hinaus auch äußerst dramatisch vertont.

Du brauchst deine Erde, doch die Erde braucht dich nicht

Die Band war immer um Aussage bemüht, trotzdem nimmt man EQUILIBRIUM in erster Linie als spaßige Band wahr. Das dürfte sich jetzt ändern, denn das Album ist in erster Linie musikalisch sowie konzeptionell überwältigend und macht nachdenklich. Wer EQUILIBRIUM bis jetzt nicht verstanden hat, wird sicher auch durch „Armageddon“ nicht zur Erleuchtung finden. Beim Weltuntergang seid ihr aber ausnahmslos alle dabei und die apokalyptische Abrechnung „Eternal Destination“, erneut mit gesprochen Worten von Robses Tochter Charly, würde gut als letzter Soundtrack passen. Zuhören, Nachdenken, Verstehen. Episch sein.

05.08.2016
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