Equilibrium - Sagas (Re-Release)

Review

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Die 00er-Jahre waren für aus Deutschland kommenden oder sogar deutschsprachigen Pagan- und Folk-Metal die absolute Hochzeit. Es schossen Bands dieses Bereiches wie Pilze aus dem sprichwörtlichen Waldboden, wo sich einige davon vermutlich zum Songwriting aufgehalten haben. Kleine Ein-Mann-Projekte wie THIASOS DIONYSOS waren recht flott wieder verschwunden, andere Bands wie FINSTERFORST entwickelten ihren Stil weiter und auch EQUILIBRIUM schlagen inzwischen deutlich andere Töne an. Ob das nun jedem gefällt, sei mal beiseite gestellt, aber was die Band drei Jahre nach dem großartigen Debüt „Turis Fratyr“ mit „Sagas“ abfeuerte, bedarf dreizehn Jahre nach dem Release angesichts der Vinyl-Neuauflage einer weiteren Besprechung.

Der ultimative Test of Time von „Sagas“

Dreizehn Jahre sind eine lange Zeit, in der ein Haufen Alben herauskommen. Grob geschätzt setzen davon bestimmt, je nach Kauf- und Hörverhalten, bei den meisten Leuten weit über fünfzig Prozent langfristig im Regal Staub an. Dann gibt es Scheiben, die gelegentlich, zum Beispiel bei einem neuen Release der entsprechenden Band, wieder herausgeholt werden und zum Schluss Stammgäste, welche über Jahre regelmäßig im Player oder auf dem Plattenteller rotieren.

Schwieriger wird es, wenn bestimmte Genres, wie bereits angesprochen, eine zeitlich recht eng gesteckte Blütezeit hatten. Ist diese Art von Pagan/Folk Metal, wie sie EQUILIBRIUM hier zelebrieren, wirklich so aus der Zeit gefallen, dass sie heutzutage selbst beinharte Fans von früher nicht mehr hören wollen? Sind die Nachfolgewerke seit 2010 vielleicht doch genau so gut und „Sagas“ und „Turis Fratyr“ (und die legendäre „Demo 2003“) werden nur durch die rosarote Fanbrille betrachtet? Zum Teil.

Objektiv betrachtet sind Alben wie „Rekreatur“ oder das aktuelle „Renegades“ sicher nicht verkehrt, aber diesen wüsten, ungestümen Geist, den EQUILIBRIUM damals in Albumform gepresst haben, so etwas sollte ihnen danach nicht wieder gelingen. Und das liegt sicherlich nicht nur an Sänger Helge Stangs Rauswurf.

EQUILIBRIUM drehen alle Regler nach rechts

Alle Fans der Band werden das Album ohnehin schon bei den ersten Tönen von „Prolog auf Erden“ komplett im Ohr haben, aber hier noch einmal für Neueinsteiger eine Zusammenfassung, womit wir es bei „Sagas“ zu tun haben. Auf genau 79 Minuten präsentiert uns die Band dreizehn Stücke, die in Sachen Geschwindigkeit, Folk und Epik alle Regler nach rechts drehen. Nicht nur die zwei Überhits „Blut im Auge“ und „Unbesiegt“, die zweifelsohne niemals aus dem Set fliegen, sind hier zu erwähnen.

Nein, auch das leichtfüßige „Wurzelbert“, oder das sehr Black-Metal-lastige „Verrat“ haben ihre Erwähnung ebenso verdient sowie die bis heute vermutlich einzige, auf jeden Fall aber beste Hymne an den Schnupftabak: „Snüffel“. Als Norddeutscher bleibt mir der Sinn der auf Bayrisch gegrowlten Textpassage bis heute verschlossen, aber manche Rätsel müssen unentschlüsselt bleiben.

Auch die zweite Hälfte des Albums nach dem kurzen Verschnauf-Interlude „Heiderauche“ und dem kultigen „Heimwärts“, dem Nachfolger zur Partyhymne „Met“, hat einiges zu bieten. Sind die Stücke in der ersten Hälfte mit teils bis zu sechs Minuten nicht gerade kurz, kurbeln EQUILIBRIUM die Spielzeit noch einmal ein gutes Stück nach oben und ändern den Ton des Albums. Regierte auf der ersten Hälfte noch die Raserei, lassen sie sich hier bei Stücken „Die Weide und der Fluss“ und „Des Sängers Fluch“ bewusst mehr Zeit für Epik und Atmosphäre.

Dreizehn unsterbliche Melodien

Was EQUILIBRIUM auf „Sagas“ ausmacht, sind die Arrangements innerhalb der Songs. Die unterstützenden Flöten-, Keyboard- und atmosphärischen Melodien sind das, was sich im Kopf festsetzt und dort auch bleibt. Zumindest das Intro von „Blut im Auge“ oder „Unbesiegt“ kann wohl jeder mitpfeifen, der den Song live erlebt hat. Die vergessenen Songs des Albums haben ebenfalls Melodien und Hooks, die auch nach all den Jahren noch absolute Gänsehaut erzeugen. „Die Weide und der Fluss“ war damals ein echter Grower, aber seitdem der Song gewachsen ist, ist er auch gleich zu einem wahrhaftigen Epos herangewachsen.

„Des Sängers Fluch“ ist wohl das behäbigste Stück des Albums, für das man sich als Hörer:in die Zeit nehmen sollte, in die acht Minuten Laufzeit einzutauchen. „Ruf in den Wind“ fängt einen wiederrum gleich mit seiner prägnanten Folkmelodie ein und zieht die Geschwindigkeit ein ganzes Stück an. Anschließend legt sich die „Dämmerung“ aufs Land und passend zum ruhigen Songtitel fügt sich dieses Stück zum Großteil in die generell melancholischere zweite Albumhälfte ein.

„Mana“ – Ein Instrumental, das seinen eigenen Absatz verdient

Den Abschluss von „Sagas“ bildet das über 16 Minuten lange Instrumental „Mana“, was laut Band noch länger hätte werden sollen, sie aber kein Doppelalbum pressen wollten und einfach nicht mehr Zeit auf die CD passte. Das Stück nimmt sich viel Zeit für den Aufbau, ohne großartig mit unnötigen Wiederholungen zu langweilen. Die einzelnen Parts zu beschreiben, wäre wohl zu viel des Guten und würde auch nicht gelingen. Aber sowohl die ruhigen Stellen, nur getragen von Panflöte, als auch das bombastische Feuerwerk, das das Stück beizeiten abfeuert, haben sich bis heute nicht abgenutzt.

„Sagas“ ist das Magnum Opus von EQUILIBRIUM

In vielerlei Hinsicht markiert „Sagas“ eine Zäsur in der Karriere von EQUILIBRIUM. Es ist das letzte Album mit Helge Stang als Sänger und spätestens nach dem Nachfolger öffnete sich die Band vom Pagan Folk Metal der Anfangstage hin zu moderneren Tönen und das, was die Frühzeit ausmachte, trat weiter in den Hintergrund.

Doch „Sagas“ ist ein Album, das bis heute eines der besten Werke seines Subgenres darstellt und den Ruf wird es sich auf Grund der veränderten Zeiten auch nicht so bald nehmen lassen können. Das Remaster, das vorgenommen wurde, ist eher dezent und fällt wenig auf. Vinylfans, die das Album noch nicht im Schrank haben, sollten jetzt lieber zugreifen. Es gibt keine schlechte Minute auf diesem Werk.

13.11.2021

Redakteur für alle Genres, außer Grindcore, und zuständig für das Premieren-Ressort.

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1 Kommentar zu Equilibrium - Sagas (Re-Release)

  1. nili68 sagt:

    Da waren die noch gut, wenn man den Stil mag. Auch „Rekreatur“ war nicht schlecht, vom Cover mal abgesehen und keineswegs mit der Grütze von „Renegades“ vergleichbar.
    Trueheimer jeglicher Couleur hören bitte weg und haben auch keine Meinung dazu.. das jedenfalls wünsche ich mir vom Universum. Danke. 🙂
    Dazu, dass das Album ursprünglich 6 Punkte bekommen hat.. naja, das Thema war ja schon öfters. Sieht trotzdem irgendwie scheisse aus.

    8/10