Erik Cohen - Weisses Rauschen

Review

Mit seinem maritimen Debüt „Nostalgie Für die Zukunft“ etablierte sich ERIK COHEN als ernstzunehmender Solokünstler, der zwar nicht an allen Ecken auf Liebe und Zuneigung stieß, seinen Weg dennoch fest entschlossen weiterverfolgte. Beleg dafür ist neben zahlreichen Live-Auftritten auch das Zweitwerk „Weisses Rauschen“, welches nun knapp zwei Jahre nach der ersten Langrille in die Plattenläden kommt und erneut die eigentümliche Klanghandschrift des norddeutschen Sprösslings trägt. Mehr sogar noch, denn die mit „Nostalgie Für Die Zukunft“ geschaffene Nische wird mit dem Zweitwerk noch weiter ausgetreten.

Obwohl das neue Album wie aus einem Guss und weniger aneinandergereiht wirkt als der Vorgänger, wagt sich ERIK COHEN auf „Weisses Rauschen“ an deutlich mehr Experimente heran. Beispielsweise besitzt „Nur Ein Herzschlag“ eine massive Country-Note, während sich „Der heilige Gral“ dem Blues anschmiegt und in „Totenspinnengeist“ (wie auch in weiteren Songs) die Heimorgel beherzt strapaziert wird. Gefallen muss einem das in all seinen Facetten zwar nicht. Allerdings imponiert allein die Überzeugung und Konsequenz, mit der ERIK COHEN seine einzigartige Mischung aus 90er Alternative Rock, Pop-Elementen, skizzenhaften Metal-Anleihen und Wave-Komponenten zum Besten gibt. Der Tenor wird dabei grundsätzlich melancholisch gehalten, wozu auch die verstärkt anzutreffenden Wave-Zusätze (z.B. Bass, Keyboards) sowie die Optik des Albums beitragen. Durch die gewagtere Herangehensweise stößt man sich als Hörer womöglich an einigen Dingen (ein Kandidat: „Der Heilige Gral“), jedoch hält „Weisses Rauschen“ dadurch auch ungemein viel Spannung bereit. ERIK COHEN traut sich was und belohnt sich weitestgehend selbst dafür. Die Einflüsse für seinen selbstbetitelten Doompop (u.a. DANZIG, SISTERS OF MERCY, THE CULT, JOHNNY CASH) versucht der Geschichtenerzähler dabei nicht zu verheimlichen, sondern stellt sie mit Stolz zur Schau und verwebt die einzelnen Versatzstücke zu eigenen ausdrucksstarken Songs. Großen Anteil daran haben die Lyrics, die Klischee und Kitsch zwar mit Nachdruck ausreizen, grobe Peinlichkeiten in den Schmachtfetzen jedoch größtenteils gekonnt umschiffen. Trotz eines gewissen Anspruchs laufen die deutschen Texte recht unproblematisch hinein – ähnlich wie das gesamte Album, welches musikalisch nach mehrmaligen Hören auch tiefer angelegte Ebenen preisgibt.

Doch auch wenn die Songs auf „Weisses Rauschen“ trotz der angehobenen stilistischen Vielfalt besser als auf dem Debüt miteinander verwoben sind, wirkt „Nostalgie Für Die Zukunft“ im direkten Vergleich auf mich noch ein Stück knackiger und macht damit den Unterschied. Straight treibende Nummern wie der überragende Opener „Hier Ist Nicht Hollywood“ oder „Schattenland“ sind natürlich auch auf dem Zweitwerk zu finden, jedoch bot das Debüt an dieser Stelle mit „Kosmonaut“, „Chrom“, „In Bewegung“ oder „Omega Mann“ etwas mehr und wirkte dadurch unbedarfter – ein Phänomen, welches Debütplatten ohnehin oftmals anhaftet. Auf „Weisses Rauschen“ gibt sich ERIK COHEN ein Stück weit nachdenklicher und gesetzter, was natürlich stets mit lässigen und schmissigen Momenten aufgelockert wird.

Alles in Allem scheint sich ERIK COHEN mit „Weisses Rauschen“ gefunden zu haben, was in Anbetracht der Stilvielfalt fast schon einem Paradoxon gleichkommt. Ein Album, bei dem sicher nicht jeder Song ein Garant für die nächste Single von morgen ist, das in seiner Gänze aber überzeugen kann. Freunde von „Nostalgie Für Die Zukunft“ können ohne Bedenken zugreifen und Tickets für die bevorstehende Tour lösen!

15.01.2016

Präsentationsressort & Akkreditierungen: Festivals

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