Fear My Thoughts - Isolation

Review

FEAR MY THOUGHTS haben schon im Vorfeld dieser Veröffentlichung Staub aufgewirbelt. Die Süddeutschen haben mal als Metalcore-Band eingefangen, seit der letzten Scheibe „Vulcanos“ bewegt sich die Band aus dieser Sackgasse heraus und versucht, sich mit einem neuen Sound zu etablieren. Die neue Scheibe „Isolation“ hat nicht nur einen neuen Sänger am Start sondern geht den Schritt des Wagnisses sogar noch weiter.

Ich höre schon wieder alle Welt, die sich mit dem Metalcore-Sound der Band angefreundet hatte, den Weltuntergang heraufbeschwören, den neuen Sänger Martin Fischer als Nichtskönner zu verurteilen, die Musik der Band als uninteressant, verkrampft und zu ausufernd bezeichnen. Genau das waren die Worte derjenigen, die von den Vorab auf MySpace veröffentlichten Songs enttäuscht, schockiert, was auch immer waren. Und gerade die zitierten Elemente haben dafür gesorgt, dass wiederum andere in der neuen stilistischen Ausrichtung etwas ganz besonders heißes erahnten. Im positiven Sinne.

Und mit dem vorliegenden Gesamtwerk wird sich dieses Meinungsbild nicht ändern. FEAR MY THOUGHTS beweisen mit „Isolation“ Mut, sie gehen neue Wege, wissen was sie wollen und werden womöglich genau darauf spekulieren: Das, was von vielen als unakzeptabler Schritt zu weit kritisiert wird, ist für andere gerade erst der Beginn der Entdeckungsreise. Aus einer Metalcore-Band von vielen hat sich etwas entwickelt, dass gerade Angesichts der Veränderung nicht jeder zu verstehen im Stande ist, von denjenigen, die es anspricht, aber als Kurskorrektur zur rechten Zeit und am rechten Ort angesehen wird.

„Isolation“ wächst mit jedem Durchgang, offenbart Parallelen zu düsteren Bands wie OPETH oder TOOL, trägt dank der Tatsache, dass hier immer noch die selbe Band spielt aber immer noch eine aggressive Handschrift. Technisch auf höchstem Niveau, mit versteckten und langsam, aber sicher zum Vorschein kommenden Melodiebögen ausgestattet und eine düsteren Atmosphäre, die tief aus dem kompositorischen Herzen der Musiker zu stammen scheint. Wenn bei FEAR MY TOUGHTS kurz die Gothic-Keule geschwungen wird, dann halten sie dennoch genügen Abstand zu den allgemein im diesem Genre zu findenden Klischees, so dass Schubladendenker hier direkt mit einem Schlag überfordert sind. Sie bieten dem Hörer Songs, bei denen er, wenn er sich auf sie einlässt, erstaunt ist vom enormen Potenzial, das in ihnen schlummert und können mit „Through The Eyes Of God“ oder „The Huntet“ Nummern vorweisen, die das Zeug zum Klassiker haben. Nicht, weil jeder sie lieben wird, aber deshalb, weil die progressive, aber nachvollziehbare Ausrichtung für Menschen gemacht ist, die Musik mit Gedanken und Emotion verbinden. Dafür braucht es etwas Geduld und ein wenig Veranlagung. Und vielleicht ist die Tatsache, dass dieses Album zwiespältig aufgenommen werden wird, das größte Kompliment, das man den Musikern machen kann. Kein „ganz nett“, kein „08/15“, sondern Reife, Kompromisslosigkeit, Mut zur Veränderung und eine eigene Identität. Und Selbstbewusstsein schafft immer Freunde und Feinde.

Für mich haben FEAR MY THOUGHTS mit „Isolation“ ein ganz klares Highlight abgeliefert, das sich sicher bis zum Ende des Jahres dort halten kann. Für andere wird das Gebräu uninteressant und ein bisschen zu gewagt sein. Ich weiß nur eines: „Isolation“ ist Kunst. Vollendete künstlerische Freiheit. Und wenn ihr mich fragt, geht da noch viel mehr in Zukunft.

Hört euch die Songs an, bildet euch euer Urteil und stellt euch auf eine der beiden Seiten. Mir sei jedoch diese ironische Bemerkung noch erlaubt: Scheuklappen und Taubheit müssen nicht zwangsweise gemeinsam einhergehen.

02.07.2008
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