FJØRT - Demontage

Review

„FJØRT. Geschmack von Eisen. FJØRT spricht aus unserem Schweigen. FJØRT geht an die Substanz. FJØRT ist Demontage.“

Es gibt sie einfach, diese Alben, bei denen man schon vorher weiß, dass sie etwas Besonderes sind. Besonders gut oder besonders interessant, manchmal auch besonders schlecht. Auf „Demontage“, dem ersten Output der drei Aachener Jungs von FJØRT, trifft Letzeres zum Glück nicht zu, dafür wird hier mal eben das Underground-Album des Jahres serviert. Ja, ich gehe sogar so weit und behaupte, dass das hier eine der besten Hardcore-Scheiben aus unserm schönen Heimatland ist. Geahnt habe ich das irgendwie schon, als mir die handgeschriebene Notiz aus dem Promocase entgegengeflattert ist oder als ich mir die Bandbeschreibung fernab jeglicher Werbe-Floskeln durchgelesen habe.

Die Musik von FJØRT lässt sich eigentlich am besten als Emotional Hardcore im ursprünglichsten Sinne bezeichnen, noch bevor Emo automatisch mit der „Mit-dem-Zweiten-sieht-man-besser“-Frisur und Hot-Topic-Kundenkarte assoziiert wurde. Fern von Metalcore-Riffs und Refrain-Gejaule gibt man sich zu jeder Zeit nah an den Vorbildern. FUGAZI und RITES OF SPRING lassen grüßen, wenn die drei Instrumente mit scheinbar einfachsten Mitteln Soundwände erzeugen, die Gänsehaut verursachen. Kalt und urban klingt das Ganze, modern, aber auch oldschool as hell, mal unbeeindruckt vom Geschehen, mal voller Emotion. Auch GALLOWS scheinen bei den dreien das ein oder andere mal durch die Anlage gelaufen zu sein. Ab dem Opener „Demontage“ packt einen diese Stimmung, die alle sechs Tracks durchdringt, die sich schwer beschreiben lässt und einen doch so fest im Griff hat, wie es nur selten der Fall ist. Das Kernelement stellt hier zu jeder Zeit die Stimme vom Fronter dar, der seine Wut, seine Verzweiflung, seine Trauer und auch seine Gleichgültigkeit schlicht und einfach perfekt in Szene setzt. Es geht mal mit Volldampf nach vorne wie in „Fenris“, wo das Chaos erst gegen Mitte des Songs seine Auflösung findet, oder mal balladesk wie bei „Glasgesicht“, in dem die Riffs nur selten loswalzen und die Gesangsparts oft vom blanken Rhythmus begleitet aus den Boxen schallen. So ehrlich wie die Musik an sich erscheinen dann auch die Texte, auf Deutsch, mit viel Platz zur Interpretation und doch immer voll auf die zwölf. Es geht um alles, was es gehen kann, um Menschen, das Leben, das Leiden, vielleicht auch Liebe, und lässt zu keiner Sekunde Zweifel, dass hier Musiker mit Herz am Werk sind. Zu schnell ist die halbe Stunde vorbei, und bei jedem neuen Durchlauf erschließt sich das Ganze mehr und mehr. Ein wahrer Genuss ist übrigens auch die Produktion, die wahnsinnig basslastig, druckvoll und sehr dunkel die Stimmung immer richtig stützt. Für eine Band dieser Größenordnung allererste Sahne. Zu viel lohnt es sich gar nicht zu sagen, hört einfach hin. Egal was „Demontage“ am Ende ist, Post-Rock, Hardcore oder Noise, es ist verdammt noch mal eines der besten Alben des Jahres und passt perfekt zum kalten, dunklen Ausklang. Rausgehn, anhören, fühlen.

 

04.12.2012
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