Hällas - Conundrum

Review

I’ll carry this sword ‚til I die
As we ride to the edge of the sky
As we ride to the end of our time
(Aus: „Strider“)

Endlich neue Abenteuer: HÄLLAS entführen mit „Conundrum“ (was so viel bedeutet wie „Rätsel“ oder „schwer zu lösendes Puzzle“) erneut in ihre Adventure-Rock-Welt und beschließen ihre Album-Trilogie. Was 2015 auf der selbstbetitelten Debüt-EP begann, das findet nun in dem neuen Werk der Schweden einen würdigen Abschluss.

Endlich: HÄLLAS für alle! Überall!

Ein bisschen verwirrt konnte man zum Release von „Conundrum“ allerdings zunächst sein: Für den 31. Januar 2020 angekündigt, hat man zu diesem Zeitpunkt physisch nur einen Skandinavien-Release vorgenommen. Die weitere, weltweite Veröffentlichung übernimmt nun Napalm Records – die auch gleich mit einem ordentlichen Angebot an Tonträgern aufwarten, diese Stücke aber erst etwas später verfügbar machen, nämlich am 20. März 2020. Allerdings ist das Album bereits jetzt digital abrufbar – längere Wartezeiten können also gut überbrückt werden. Alles klar soweit?

Aber genug davon, wie schlägt sich der Nachfolger zu dem überaus famosen „Exerpts From A Future Past“ nun? Kurz gesagt: Mindestens ebenbürtig.
Nach dem kurzen Instrumental-Opener „Ascension“ stimmt „Beyond Night And Day“ gemütlich auf das weitere Album ein. Wer sich beim Vorgängerwerk wohlgefühlt hat, der kann erstmal ankommen, sich entspannt in das neue Album hineinziehen lassen. Melancholisch-episch (wunderbare Kombination!) übernimmt dann „Strider“: In imposant-gemächlichem Trott geht es einem mehrstimmigen Chorus und den stimmungsvollen Synthesizerteppichen entgegen. Damit sind die Abenteuer-Geister schon mal geweckt, es kann also losgehen. Und wie es das tut.

Denn mit dem flotten „Tear Of A Traitor“, das Tommy Alexanderssons prägnanten Gesang – inklusive Power-Screams – besonders betont, geht es zum ersten melodisch-rockigen Schwergewicht des Albums: „Carry On“. Wenn es einen „Star Rider“-Pendant geben muss, dann ist es sicherlich dieser Titel: Ein treibender Up-Tempo Rocker mit Ohrwurmqualität. Viel Spaß dabei, den Titel wieder aus dem Kopf zu kriegen. Insbesondere diese Nummer beweist aber auch, wie gut sich HÄLLAS auf ihr Songwriting verstehen: Denn egal, ob es mal verspielter oder geradliniger, progressiver oder treibend-rockend, zur Sache geht, die Schweden haben beides drauf –und genau diese Abwechslung spielt HÄLLAS auf „Conundrum“ gekonnter und gnadenloser aus, als noch auf dem Vorgängeralbum.

Das abschließende Album-Songtrio nimmt sich dann ordentlich Zeit: Dreimal über sieben Minuten Spielzeit, soundtrackhafte Klangcollagen, artrockige Gitarren – ein kleiner Exkurs vom trubeligen Alltag, Progressive-Style. Vom „Labyrinth Of Distant Echoes“ (tollster Songtitel) über das gemütliche, erst zum Ende hin krautig-jammend-aufbrausende „Blinded By The Emerald Mist“ wird der Weg geebnet für den Rausschmeißer – und was für einen: „Fading Hero“ schnuppert verdächtig an groovigem AOR- Rock von SURVIVOR und nimmt die Sci-Fi-Soundtrack-Stimmung von QUEENs buntem „Flash Gordon“-Soundtrack auf. Mit mehrstimmigen Gesangslinien. Und einem Bass-Groove, für den irgendjemand wohl seine Seele verkauft hat. Das geht natürlich richtig gut rein – und bildet einen ausgezeichneten Schlusspunkt unter ein ausgezeichnetes Album, der mit spaciger Roboter-Voice ausgeleitet wird.

„Conundrum“ bietet viel Abwechlung

Die eingesetzte Bandbreite an Stilelementen des Rock ist gut dosiert – ausreichend abwechslungsreich, aber nie unglaubwürdig oder überzogen. Dabei ist „Conundrum“ sogar noch einen Tick verspielter und doch tighter als „Exerpts From A Future Past“, nicht zuletzt die etwas sattere Produktion mag hier Unterstützung leisten. Dass man die Synthesizer etwas präsenter (aber nie überpräsent) einsetzt ist ebenfalls eine gelunger Schachzug. Man kann also durchaus gespannt sein, welche Richtung die Band mit erhöhter Publikums-Aufmerksamkeit (die Headliner-Tour steht bevor) und neuem Label im Rücken einschlagen wird (Gratulation an Napalm Records, diesen bunten Fisch an Land gezogen zu haben). Aber all das ist Glaskugelleserei: HÄLLAS haben nach wie vor diese unnachahmliche Mischung aus musikalischem Gefühl, stimmigen Songstrukturen und viel Liebe zum Geschichtenerzählen – da steht HÄLLAS wunderbar in der Tradition von WISHBONE ASH, RUSH und YES, deren Einfluss hier immer wieder durchscheint.

Dass „Conundrum“ aber nicht einfach nur „retro“ klingt, sondern absolut zeitlos, ist kaum hoch genug einzuschätzen: Man fühlt sich als hier einfach wohl und kann sich – fernab aller modernen Hektik und Trends zu EPs und Single-Auskopplungen – einfach die Zeit nehmen, das Album zu erschließen. Und das erklärt vielleicht auch, warum „Tear Of A Traitor“ nicht so recht als Vorab-Single gezündet hat: HÄLLAS sind eine Albumband, „Conundrum“ ist als Konzept zu begreifen – und mehrere Hördurchgänge sind initial zu empfehlen. Gerade für Neuentdeckende. Dass dabei der Gesang von Tommy Alexanderssons immer noch gewöhnungsbedürftig ist – und sich die Texte dadurch vielleicht nicht sofort beim Zuhören erschließen – ist ebenfalls eher Stärke, denn Schwäche der Band. Wiedererkennungswert: Hoch. Ebenso erfreut der Retro-Fantasy-Ansatz der Band, der auch 1978 zauberhaft funktioniert hätte, das geneigte Eskapisten-Herz.

Damit kann man – eingedenk der Tatsache, dass „Exerpts From A Future Past“ nach drei Jahren Dauerrotation durchaus noch ein Pünktchen mehr verdient gehabt hätte als seinerzeit – nur zu einem vergleichbaren Ergebnis für „Conundrum“ kommen. Und diese Wertung bringt HÄLLAS sehr nahe an die Höchstpunktzahl.

10.03.2020

Iä! Iä! Cthulhu fhtagn!

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