Harakiri For The Sky - III: Trauma

Review

“Aokigahara“…

Was ein Album, das die Österreicher von HARAKIRI FOR THE SKY 2014 auf die Metalwelt losließen. Ich kann mich erinnern: Zum ersten Mal kam ich mit der sympathischen Band am 18.10.2014 im Helvete in Oberhausen in Berührung, wo sie als Support für AGRYPNIE auftrat. Obgleich die Tonqualität des Auftrittes anfangs zu wünschen übrig ließ, stachen zwei Dinge gleich hervor: Die erschütternden wie ergreifenden Melodien und die mit viel Herzblut vorgetragene Gesangsleistung von Sänger J.J.. Ich ließ es mir natürlich nicht nehmen, “Aokigahara“, welches an diesem Tag vorgestellt wurde, einzutüten und in den darauffolgenden Wochen und Monaten ein ums andere Mal rotieren zu lassen. Insbesondere so phänomenale Kompositionen wie “69 Dead Birds For Utøya“ sind dabei im Gedächtnis geblieben und sorgen auch heute, fast zwei Jahre später, für wohlige Schauer.

Doch genug der Erinnerungen. 2014 ist vorbei, 2016 steuert so langsam aber sicher auch seinem Ende entgegen und HARAKIRI FOR THE SKY machen sich auf, um mit ihrem neuen Album “III: Trauma“ erneut für Gänsehaut zu sorgen. Ob ihnen das in einer ebenso überzeugenden Qualität gelingt, wie es beim Vorgänger der Fall war, klären wir in dieser Rezension.

Warm, mystisch, eisig, emotional…

Songtitel wie “Calling The Rain“. “Funeral Dreams“ oder “Dry The River“ zeigen, dass es sich bei “III: Trauma“ erneut um ein Album handelt, das sich nicht (nur) der Black-Metal-typischen Aggressivität verschrieben hat, sondern diese oftmals ganz bewusst hintenanstellt, um verträumten Klangteppichen, wechselnd von warm zu eisig, von mystisch zu emotional, die Bühne zu überlassen. Das war schon immer ein Alleinstellungsmerkmal der Österreicher, denn wenige Bands setzen allein durch Melodien eine derart tiefgreifende Emotionalität musikalisch um. Böse Zungen würden nun behaupten, dass HARAKIRI FOR THE SKY eine verweichlichte, weinerliche Truppe sind. Dass dem nicht so ist, beweisen J.J. und Matthias Sollak – die beiden kreativen Köpfe hinter der Band – eindrucksvoll in Stücken wie “Thanatos“. Obwohl der Song mit ruhigen Akustikgitarren beginnt, baut sich im Verlauf seiner fast zehnminütigen Spielzeit eine wahre Kakophonie aus aggressiven Riffs, drückenden Drums und einem inbrünstigen Gesang auf. Bereits der erste Moment, wenn die verzerrten Gitarren einsetzen (nach etwas mehr als einer Minute), steckt voller Kraft und nimmt den Hörer schnell in Beschlag. Das liegt vor allem an den gut durchdachten, mehrstimmigen und sehr melodischen Gitarrenriffs, die von abwechslungsreichen Momenten sowie gut umgesetzten Variationen geprägt sind. In der Mitte des Songs bekommt man einen Akustik-Part zu hören, der von einem düsteren, schönen Klargesang untermauert wird und kurz darauf erneut in aggressive Riffs, durch Blastbeats vorangetrieben, mündet.

Im Fokus der Musik von HARAKIRI FOR THE SKY steht aber nach wie vor das Verträumte, das Malerische. Dies wird in Titeln wie “Dry The River“ deutlich. Nach dem obligatorischen Clean-Intro, wird der Hörer eingeladen, sich in den melancholischen Klangwänden, die dieses Mal in einer verhältnismäßig langsamen Geschwindigkeit vorgetragen werden, zu verlieren. Im Verlauf des Titels tischen die Österreicher richtig gute Singlenote-Riffs auf, die von im Hintergrund agierenden Gruppengesängen begleitet werden. Gab es das schon einmal bei HARAKIRI FOR THE SKY? Egal, passt super und gibt einen weiteren Pluspunkt. Im Verlauf von “Dry The River“ ufern die Gitarren immer mehr aus, bis der Song gegen Ende zunehmend dichter und drückender wird und den Hörer nach knappen zehn Minuten mit einer melancholischen Freude und dieser gewissen Anspannung im Bauch zurücklässt.

Welche Kritikpunkte könnte man anführen?

Natürlich haben HARAKIRI FOR THE SKY sich seit “Aokigahara“ kaum gewandelt. “III: Trauma“ wirkt viel mehr wie eine logische Fortsetzung des Vorgängers. Wenn man der Band Böses wollte, könnte man HARAKIRI FOR THE SKY einen gewissen Stillstand vorwerfen – dafür hat die Band allerdings nicht genug Alben herausgebracht und die Kompositionen wirken als Ganzes noch ergreifender und durchdachter als früher. Des Weiteren fällt auf, dass sich einige Songs in ihrem Grundaufbau ähneln. Praktisch jeder zweite Titel startet mit einem akustischen oder cleanen Intro und kommt in der Mitte mit einem ebensolchen daher. Ansonsten müsste man tatsächlich nach Fehlern oder Versäumnissen bohren.

Zum Schluss bleibt die Frage nach dem subjektiven Geschmack des Hörers. Kann man mit emotionalem oder Post Black Metal nichts anfangen, wird einem “III: Trauma“ nicht gefallen. Kann man sich allerdings mit Bands wie AGRYPNIE oder THRÄNENKIND identifizieren und/oder mochte die Vorgänger, ist diesem Album ein würdiger und verdienter Platz im Plattenregal sicher. Gerade die fantastischen Melodien und das Potential, den Hörer auf eine emotionale Reise mitzunehmen, machen „III: Trauma“ zu einem wahren Leckerbissen des Genres.

Sprich: Wer “Aokigahara“ mochte, wird mit “III: Trauma“ ebenso viel Spaß haben.

12.08.2016
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