Judas Priest - Firepower

Review

In den letzten Tagen und Wochen machten JUDAS PRIEST leider nicht nur mit ihrem neuen Album „Firepower“ von sich reden. Es wurde bekannt, dass Gitarrist Glenn Tipton bereits seit zehn Jahren an Parkinson leidet. Bisher schien er die Erkrankung einigermaßen unter Kontrolle gehabt zu haben – das vorab: seine Leistung auf „Firepower“ ist großartig – aber für die kommende Tour musste er absagen. Er soll durch Andy Sneap vertreten werden, der auch an der Produktion von „Firepower“ beteiligt war.

Es könnte noch viel über die Stänkerei von Ex-Gitarrist K.K. Downing geschrieben werden, der sich ärgerte, dass seine alten Bandkollegen ihn nicht als Ersatz angefragt haben. Aber an dieser Stelle soll es um die Musik auf „Firepower“ gehen. Dabei ist es auch völlig egal, ob die Scheibe nun das beste Album seit „Jugulator“ oder „Painkiller“ oder gar „Screaming for Vengeance“ darstellt. Wichtig ist nur, ob das Album gut ist oder eben nicht.

Stoff für hitzige Diskussionen?

Und selbst bei dieser einfachen Frage musste man als JUDAS PRIEST-Fan die letzten Jahre – oder sogar Jahrzehnte – mit unangenehmen Antworten rechnen. Zwar fand jedes der letzten fünf Alben einige Fürsprecher, aber eben auch viele Kritiker. Diskussionen über Sinn und Nutzen weiterer JUDAS PRIEST-Alben standen bei jedem neuen Release auf der Tagesordnung. Ein Blick in die Kommentarspalten unserer Reviews zu „Redeemer of Souls„, „Nostradamus“ oder „Angel of Retribution“ macht dies mehr als deutlich.

Ob sich das bei „Firepower“ wiederholt, steht noch in den Sternen. Natürlich wird über das Album geredet und vermutlich auch hitzig diskutiert werden. Die Nörgler werden dieses Mal aber wahrscheinlich etwas leiser sein als sonst. Denn das neueste Werk der Herren Halford, Tipton, Faulker, Hill und Travis ist tatsächlich richtig gut geworden.

Judas Priest haben viel „Firepower“ im Gepäck!

Was „Firepower“ positiv von seinen jüngeren Vorgängern abhebt, ist die konstant gute Qualität. Klar, bei 13 Songs und einem kurzen Instrumental hat jeder irgendwann seine ganz eigenen Favoriten und skipt den Rest. Welche das letztendlich sind, ist aber keine Frage der Qualität, sondern des persönlichen Geschmacks.

Einzig wer sich rasante Brecher wie „Painkiller“ erhofft hatte, dürfte enttäuscht sein. Wilder als auf der vorab veröffentlichten Single „Lightning Strike“, geht es auf dem Album nicht zu. „Firepower“ begnügt sich mit einem Midtempo-Song nach dem anderen. Dafür ist aber auch vom rhythmischen Stampfer („Flame Thrower“) über die gefühlvolle Halb-Ballade („Sea of Red“) und dem fesselnden Ohrwurm („Never the Heroes“) bis hin zur epischen Hymne („Traitors Gate“), alles vertreten, was JUDAS PRIEST-Fans glücklich macht.

JUDAS PRIEST ziehen mit „Firepower“ Bilanz!

Tipton und Faulkner machen an den Gitarren eine souveräne Figur. Sie hauen jede Menge starke Riffs und packende Soli heraus, die man in dieser Fülle auch nicht bei jüngeren Bands findet, die noch etwas mehr Tinte im Füller haben. Auch über Halfords Gesang gibt es nichts negatives zu sagen. Der Metalgott hat im Rentenalter natürlich nicht mehr die stimmliche Bandbreite wie vor 30 oder 40 Jahren, findet auf „Firepower“ aber die richtige Balance um durchgehend ein hohes Level zu halten.

Diesbezüglich hatten wohl auch die beiden Produzenten ihre Finger im Spiel. Das Duo Allom/Sneap soll Sänger und Band im Sudio zu Höchstleistungen angetrieben haben. Mit nützlichen Tipps haben sie außerdem dabei geholfen, die Demoversionen der Songs auszuarbeiten. Einen erstklassigen Sound haben sie dem Album schließlich auch noch verpasst. Dank Allom klingt „Firepower“ wie ein Klassiker aus den Achtzigern, dem Sneap eine Frischzellenkur verpasst hat. Einzig das Schlagzeug lässt manchmal an Punch vermissen.

Kein Meisterwerk – aber ein sehr gutes Album!

JUDAS PRIEST besinnen sich mit diesem Album auf ihre alten Stärken und legen mit „Firepower“ ein Album vor, mit dem sich die restliche Heavy-Metal-Riege in diesem Jahr erst einmal messen muss. Doch für die Metalgötter selbst kann der Maßstab nicht sein, wer sich sonst noch auf dem Bolzplatz rumtreibt. Halford, Tipton und Co. müssen den Vergleich mit sich selbst ertragen. Und da sind wir nun doch bei der Einordnung ins Gesamtwerk der Band.

Gemessen daran ist „Firepower“ nämlich nur zweite Wahl. Es ist vielleicht etwas zu lang, lässt Uptempo-Kracher vermissen und manch ein Fan mag den Sound etwas zu modern finden. Es ist aber auch ein sehr gutes Album einer Band, die Meisterwerke geschaffen hat, welche diesen Namen auch verdienen. In einer Welt, in der die alten JUDAS PRIEST-Klassiker 11 von 10 Punkte bekommen, mag „Firepower“ 10 von 10 verdient haben. Doch in dieser Welt bleibt es bei 9 von 10 – was immer noch beachtlich für eine Band ist, die viele Metalheads schon abgeschrieben hatten.

10.03.2018
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