Judas Priest - Turbo 30

Review

Auf ihrem zehnten Studioalbum „Turbo“ nahmen die britischen Metaller JUDAS PRIEST eine deutliche Kurskorrektur vor: Die beiden Gitarristen Glenn Tipton und KK Downing verwendeten erstmals Gitarrensynthesizer, und die Songs fielen deutlich gemäßigter aus als noch auf „Screaming For Vengeance“ und „Defenders Of The Faith“.

Natürlich blieb das Ganze schon damals nicht unkommentiert, und so mancher orakelte, dass die Plattenfirma nicht ganz unschuldig an der kommerzielleren und softeren Ausrichtung gewesen sei. JUDAS PRIEST selbst gaben viel später zu Protokoll, „Turbo“ ursprünglich als Doppelalbum („Twin Turbos“) geplant und das zweite Album mit den härteren Songs nur nie veröffentlicht zu haben. Jetzt schreibt die Band in den Liner Notes zu (der mit dezenter Verspätung auf den Markt gebrachten 3-CD-Version) „Turbo 30“, dass sie einfach Lust am Experimentieren gehabt hätte. Wahrscheinlich steckt einfach in jedem der genannten Gründe ein Körnchen Wahrheit.

Kommerziellere Ausrichtung, aber dennoch Hits

Aber trotz der veränderten (und spätestens mit „Painkiller“ endgültig korrigierten) Ausrichtung ist „Turbo natürlich kein schlechtes Album – kommerzielle Ausrichtung hin oder her. Der Titeltrack ist einer der besten PRIEST-Songs ever, und „Locked In“ sowie das auf Stadionluft getrimmte „Private Property“ können auch etwas. Und selbst wenn „Parental Guidance“ eher an DEF LEPPARD als an „Freewheel Burning“ erinnert, schlecht ist das Lied trotzdem nicht. Von den restlichen Tracks stechen die schleichende Powerballade „Out In The Cold“ und das effektive „Hot For Love“ hervor – der Rest ist nicht richtig übel, aber auch keine Metal-Großtat.

Das Album wurde für die Neuausgabe neu gemastert, dabei aber nicht bis zum Anschlag auf Loudness getrimmt. Dazu gibt es Liner-Notes von der Band und eine gediegene Aufmachung, die sich am Original orientiert und den Namen des in Ungnade gefallenen ex-Schlagzeugers Dave Holland nicht gänzlich tilgt. Als zusätzlicher Kaufanreiz dient zudem das auf gleich zwei Zusatz-CDs verteilte Konzert von der anschließenden Tournee in Kansas City – wer sich also die „Priest…Live!“ nicht auch noch zulegen möchte, bekommt somit einen ordentlichen Mehrwert. Der Sound ist klar, vielleicht etwas mittenarm, dafür aber sehr differenziert. Selbstverständlich enthält das Set mit fünf damals aktuellen Songs eine ordentliche Dosis „Turbo“, aber eigentlich fehlt keiner der großen Hits. Und Rob Halford war für viele Beobachter in der Form seines Lebens.

„Turbo 30“: Triple statt Twin Turbos

Bleibt die Frage, warum man nicht die Gelegenheit beim Schopf gepackt und „Turbo 30“ in seiner ursprünglich angedachten Form als „Twin Turbos“ veröffentlicht hat. Die Songs existieren ja zumindest teilweise und wurden bereits früher auf einige andere Wiederveröffentlichungen verteilt. Vielleicht wäre das eine Anregung für „Turbo 40“?

05.02.2017

- Dreaming in Red -

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