Keep Of Kalessin - Reptilian

Review

Extremen und zugleich epischen Metal haben sich KEEP OF KALESSIN auf ihre Fahnen geschrieben, wie sie uns mit “Armada” 2006 und “Kolossus” 2008 auf höchstem Niveau vorgemacht haben. “Reptilian” heißt das neue Werk der Norweger, das sich erstmalig der immer schon genutzten Symbolik des Drachens gänzlich verschreibt und unter demselben musikalischen Banner wie seine Vorgänger vorgestellt wird.

Und auch bei “Reptilian” trifft diese Beschreibung den Nagel auf den Kopf, wie bereits der Opener “Dragon Iconography” deutlich zeigt. Beginnend mit einem kurzen, melodischen Intro, gefolgt von rasenden Blastbeats und aggressivem Riffing, reißenden Soli, sowie attackierenden, abwechslungsreichen Vocals und epischen Gimmicks, wie hintergründigen Keaboard-Teppichen, gibt der Song die Richtung von “Reptilian” vor, jedoch spielen sich keineswegs alle Songs in exakt diesem Muster ab. Immer wieder balancieren KEEP OF KALESSIN auf dem schmalen Grat zwischen den Extremen Aggression und Epik, lassen deren scheinbar harte Grenzen problemlos verschwimmen, driften mal nach der einen, mal nach der anderen Seite ab und wagen darüber hinaus stets Blicke über den Tellerrand hinaus und überraschen den Hörer so mit jedem Song erneut.

So folgt nach dem zumeist angriffslustigen “Dragon Iconography” das hymnische und überwiegend im Midtempo angesiedelte “The Awakening”, das zum Vorgänger zwar einen starken Kontrast darstellt, sich an diesen dennoch nahtlos anfügen kann. Bei “Judgement” gehen die Norweger wieder richtig aufs Gas und bestechen dabei mit einwandfreier Detailarbeit und fast hintergründigen Melodien, die sich trotz der überwiegenden Raserei sofort ins Ohr schleichen. Mit “The Dragontower” präsentieren KEEP OF KALESSIN anschließend die erste absolute Hymne des Albums, die mit simplem, eingängigem Refrain und groovigen Soli bereits beim ersten Hören zündet und seine ganze Wirkung entfalten kann, was die Komplexität der übrigen Songs bei diesen streckenweise verbietet. Dies ist jedoch positiv anzumerken, so bleibt “Reptilian” auch beim häufigen Hören weiterhin interessant und aufregend, wenn sich Stück für Stück alle Feinheiten und Facetten der Kompositionen entfalten und dem Hörer entschlüsseln.
Ganz der Abwechslung verschrieben, muss jetzt natürlich ein weiterer Genickbrecher folgen, hier “Leaving The Mortal Flesh”. “Dark As Moonless Night” widmet sich anschließend natürlich wieder der Epik, begeistert aber nicht nur mit majestätischen Chören, sondern setzt zugleich auf eiskalte Akustikgitarren und Soli, die dem Song einen ganz individuellen Charme verleihen. Persönlich entpuppt sich mir jedoch der vorletzte Track “The Divine Land” als ein wahres Highlight der Scheibe. Die tiefen Growls, inbrünstigen Screams und fortwährenden Blastbeats, über die sich kalte Melodien und atmosphärische Chöre legen, erschaffen eine großartige Spannung, eine verzweifelte und zugleich hoffnungsvolle Atmosphäre, wie es mir auf “Reptilian” zuvor ein wenig gefehlt hat.

Im finalen, fast 15-minütigen Track “Reptilian Majesty” fassen KEEP OF KALESSIN noch einmal alle Stärken und Facetten des Albums zusammen und erschaffen so den idealen Abschluss für ein sehr gelungenes Album.
“Reptilian” braucht den Vergleich mit den bisherigen KEEP OF KALESSIN-Alben keineswegs zu scheuen und kann optimal an diese anschließen, legt in Sachen Produktion und Sound sogar um einiges nach. Gleichzeitig kann die Scheibe aber auch mit neuen Ideen, Einflüssen und einer Menge Überraschungen und Details aufwarten, wodurch “Reptilian” auch beim vielfachen Hören kaum langweilig wird. Empfehlen kann ich das Album fast problemlos. Nur ältere Fans KEEP OF KALESSINs sollten gewarnt sein und lieber vorm Kauf reinhören, denn “Reptilian” ist an vielen Stellen moderner, abgerundeter und “glatter” als seine Vorgänger.

04.05.2010
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