Metallica - Master Of Puppets

Review

Das Original

Über „Master Of Puppets“ gibt es wohl nichts, was nicht schon geschrieben oder gesagt wurde. Es ist das Album, welches METALLICAs beispiellose Karriere erst richtig ins Rollen brachte und stellt für viele sowohl das Referenzwerk in Sachen Thrash Metal schlechthin als auch METALLICAs Opus Magnum dar. Kommerziell mag ihr drittes Album trotz mittlerweile 6-fachem Platin in den USA und weltweit 10 Millionen verkauften Kopien zwar hinter dem selbstbetitelten Black Album, „… And Justice For All“ und sogar noch „Garage Inc.“ stehen. Kulturhistorisch ist sein Stellenwert aber gar nicht zu überschätzen. Nicht umsonst wird „Master Of Puppets“ noch immer landauf landab von aufstrebendem Nachwuchs wie etablierten Bands als grundlegender Einfluss zitiert, ziert es die Top-Platzierung in den regelmäßig aufpoppenden Beste-Metal-Alben-aller-Zeiten-Listen und hält (nach mittlerweile mehr als 30 Jahren!) mit 6,86 von 7 möglichen Punkten noch immer die Spitzenposition aller Soundcheck-Sieger im Metal Hammer. Selbst die US-amerikanische Library of Congress, eine der größten Bibliotheken der Welt, hat mittlerweile die Relevanz erkannt und „Master Of Puppets“ als erstes und bisher einziges Metal Album ins National Recording Registry aufgenommen, eine Ehre, die nur kulturell, historisch und ästhetisch bedeutsamen Werken zuteil wird.

 

(Re-)Master Of Puppets

Als Album der Superlative mit seiner perfekten Dynamik und keiner Note zu viel oder zu wenig ist „Master Of Puppets“ nun das nächste in der Reihe der Remaster Series, die METALLICA 2016 mit „Kill ‘Em All“ und „Ride The Lightning“ auf ihrem eigenen Label Blackened Recordings begonnenen haben und nächstes Jahr mit „…And Justice For All“ fortsetzen werden. Neben diversen CD- und Vinyl-Formaten bietet die vorliegende Deluxe Box die Vollbedienung, die auf satten zwei LPs, zehn CDs, zwei DVDs, einer Kassette, einem 108-seitigen Buch sowie Button-Set, „Damage Inc.“-Lithographie und Faksimiles der originalen handgeschriebenen Lyrics mit alternativen Textzeilen als schmückendes Beiwerk tiefen Einblick in „Master Of Puppets“ und die es umgebenden Entstehungs- und Tour-Jahre gewährt. Über das eigentliche Album-Remaster hinaus werfen insbesondere die diversen Demos, Rough Mixes und Outtakes sowohl als Proberaumaufnahmen als auch Riff-Tape-Fragmente ein interessantes Licht auf die Entwicklung der Songs, welche in einer der finalen Album-Version nahezu entsprechenden Aufnahme gipfeln – nur komplett ohne Gesang und Soli. Dazu gibt es bislang unveröffentlichte Versionen des DIAMOND HEAD-Covers „The Prince“ und FANGs „The Money Will Roll Right In“ sowie Mitschnitte der ersten zwei Auditions von Jason Newsted.

Zu diesen Aufnahmen gesellen sich extensive Interviews sowie insgesamt acht Konzerte auf LP, CD und DVD aus den Jahren 1986 und 1987, die zwar vor dem Hintergrund des von der Band selbst betriebenen Angebots auf livemetallica.com sowie ubiquitär verfügbaren Bootlegs zwar nicht essentiell sind, mit der akzeptablen bis sehr guten Soundboard-Qualität aber durchaus ihre Daseinsberechtigung haben und mit einem Mitschnitt von Cliff Burtons letztem Konzert am 26. September 1986 in den Stockholmer Solnahallen sogar ein richtiges Highlight bieten. Natürlich ist es auch er, der im Fokus des Begleitbuches steht. Abseits der mit alten Live- und Promo-Fotos, Backstagepässen und Tickets, Zeitungsartikeln und handgeschriebenen Notizen zutapezierten Seiten, die auch Überraschendes wie alternative Artworks zutage fördern (als Puppenspieler waren sogar Frauenhände mit rot lackierten Fingernägeln angedacht) teilen viele damals wie heute beteiligte Personen wie Cliff Burnstein, Flemming Rasmussen, Ozzy, Cliffs Vater Ray Burton, Haus-und-Hof-Photograph Ross Halfin oder auch (mit dem vielleicht bewegendsten Statement) ex-METAL CHURCH-Gitarrist und damaliger METALLICA Guitar-Tech John Marshall in ausführlichen Liner Notes ihre Erinnerungen an Burtons Vermächtnis.

Dass wie bei solchen Retrospektiven eigentlich üblich keiner von den noch lebenden Protagonisten selbst zu Wort kommt, ist vielleicht nur auf den ersten Blick überraschend. Wie bei den vorhergehenden beiden Re-Releases so waren auch für „Master Of Puppets“ Fans und Beteiligte aus aller Welt vorab dazu aufgerufen, Material zur Verfügung zu stellen, um eine möglichst ungefilterte Perspektive zu ermöglichen. Und egal, wie man heute zu METALLICA als Band und Business steht: man kann nicht behaupten, dass die Four Horsemen Aufwand scheuen, um Ihre Fans möglichst nah an der Band teilhaben zu lassen. Mit knapp 200 Euro ist die Deluxe Box alles andere als günstig aber über Die-Hard-Fans hinaus allen zu empfehlen, die sich intensiver mit der Geschichte rund um „Master Of Puppets“ beschäftigen möchten.

12.11.2017
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