Nachtblut - Antik

Review

Der Prophet gilt nichts im eigenen Land. Während NACHTBLUT bundesweit schon Konzerte mit Bands wie IMMORTAL oder ENDSTILLE spielten, wurden sie in ihrer Heimatstadt Osnabrück häufig kritisiert und als bloßes Imitat von EISREGEN hingestellt. Jetzt hat die junge Band allerdings einen Vertrag mit Napalm Records unterschrieben, wodurch sie Gelegenheit erhalten, ihr 2009er Album “Antik“ noch einmal mit professioneller Unterstützung auf den Markt zu werfen.

Dank dessen kann der Hörer feststellen, dass die Osnabrücker Kritik sogar phasenweise gerechtfertigt ist. Riff-Struktur und Gesang erinnern im ersten Moment an die deutschen Könige des Dark Metal. Es sind Tracks wie “Gedenket der Toten“ oder “Hexe“, die diesen Eindruck noch untermauern. Auch die oft extremen deutschen Texte, die den ein oder anderen vielleicht peinlich berühren werden, weisen in dieselbe Richtung. Sänger Askeroth nimmt kein Blatt vor den Mund und erfreut sich einer sehr plastischen Ausdrucksweise. Wo man bei anderen Combos allerdings das Gefühl hat, sie würden lediglich provozieren wollen, kann man bei NACHTBLUT durchaus einen gewissen lyrischen Ansatz erkennen. Dieser erinnert stark an Literaten wie Gottfried Benn oder Georg Trakl, die im deutschsprachigen Raum um die Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert aktiv waren. Sie schrieben über Wasserleichen, Kriegsleiden, Leichenhäuser und entdeckten die Schönheit im Hässlichen. Die Niedersachsen nehmen diese Tradition wieder auf und kombinieren sie mit auf den ersten Blick historischen Geschichten, die aber auf den zweiten Blick aktuelle Probleme und Missstände wie Selbstüberschätzung oder das Leben am Rande der Gesellschaft thematisieren.
Seine eigentlichen Stärken hat dieses Album allerdings immer dann, wenn es sich von der ganz extremen Musik, die phasenweise schon an Black Metal erinnert, wegbewegt und diese mit melodisch-schönen Elementen kombiniert. Vor allem die Klänge, die Keyboarderin Lymania ihrem Instrument entlockt, stellen einen gelungenen Kontrapunkt zu der ansonsten sehr aggressiven Musik dar. In solchen Momenten erinnert die Musik des Quintetts eher an emotionalen, fast schon kitschigen Gothic Metal. In Kombination mit den harscheren Parts wird daraus eine faszinierende Mischung, die den Hörer mitten in die tiefschürfenden Songs hineinzieht.

Es scheint fast so, als würden NACHTBLUT ihren eigenen Stil entwickeln. Die EISREGEN-Einflüsse treten auf “Antik“ deutlich zurück. Wenn sich die Band auf diesem Niveau weiterentwickelt, dann dürften sie bald auch in ihrer Heimat eher Lob als Spott ernten.

18.09.2011
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