Old Corpse Road - On Ghastly Shores Lays The Wreckage Of Our Lore

Review

OLD CORPSE ROAD transportieren mit „On Ghastly Shores Lays The Wreckage Of Our Lore“ ein so unüberhörbar britisches Flair, da tropft der nass-kalte Nieselregen praktisch aus den Boxen. Theatralik, Horror, lokale Mystik und Folklore – alles zusammengestellt in ausladender Geschichtenerzählung, ummantelt von einer Hülle aus stimmungsvollem Black Metal.

OLD CORPSE ROAD – (fast) alles, was der britische Black Metal so hergibt

Tatsächlich ist der sich sofort aufdrängende Vergleich zu den großen CRADLE OF FILTH (ganz am Anfang ihres Schaffens) schnell gezogen. Zu auffällig ist die Parallele insbesondere im Gesang, der in einem ständigen Wechsel von Keifen, Growlen und Erzählen wechselt. Würde Dani Filth sich hier als Gastsänger auftun lassen und ein paar Gesanglinien beisteuern, so wäre dies jedenfalls nicht ohne Weiteres auszumachen.

Dabei ist „On Ghastly Shores Lays The Wreckage Of Our Lore“ aber deutlich mehr als ein schlechtes „The Principle Of Evil Made Flesh“-Rip Off. Denn OLD CORPSE ROAD mixen gekonnt folkloristische Elemente in ihren Sound, die ein authentisches und durchaus eigenständiges Bild ergeben und die gruseligen Erzählungen untermalen. Das reicht von stimmungsvollen Backing-Vocals („Sea Fire“) über nautische Einspieler und „The Fog“-Soundtrack-Worshipping („As Waves Devour Our Carcasses“) zu Gruft-Orgel-Klängen und PRIMORDIAL-Epik (Albumhighlight: „The Ghosts Of The Ruinous Dunstanburgh Castle“). Dazu kommt wiederholt ein puristisch gehaltener Keyboard-Einsatz, der auch mancher Black-Metal-Band der Mid-1990er aus Norwegen gut gestanden hätte.

Apropos Mid-1990er-Black Metal: In den etwas weniger packenden Momenten fallen OLD CORPSE ROAD in ein Klangbild zurück, das in dieser Zeit womöglich als unspeziell untergegangen wäre. Aber diese Phasen sind glücklicherweise wenige – und hier könnte man andererseits auch eine Konstanz in Sound und Ausrichtung der Band annehmen, die einfach das macht, was sie gut kann.

„On Ghastly Shores Lays The Wreckage Of Our Lore“: Geschichten aus dem Gruselkabinett

OLD CORPSE ROAD – denen eigentlich ein Extrapunkt für diese famose Bandbezeichnung gebührt – liefern mit „On Ghastly Shores Lays The Wreckage Of Our Lore“ ein Werk, das einen hohen Unterhaltungswert bietet. Insbesondere die Entdeckung der einzelnen Zitate und das Nachverfolgen der nicht linearen Songs sorgt für ein paar höchst angenehme Durchläufe. Ob man sich nun an A FOREST OF STARS, BAL-SAGOTH, PRIMORDIAL oder sogar EMPEROR erinnert fühlt: OLD CORPSE ROAD verweben gekonnt, was andere Bands als Trademarks führen. Das ist ziemlich spezielle Kost, die eine Vielzahl von emotionalen Anknüpfungpunkten liefert, und so manch nostalgischen Moment birgt.

Wenn man seinen Black Metal also bewusst theatralisch, etwas gruselig und erzählerisch-reißerisch eingesetzt mag, dann treffen OLD CORPSE ROAD mit „On Ghastly Shores Lays The Wreckage Of Our Lore“ ziemlich ins Schwarze. Wenn man alte CRADLE OF FILTH mag auch. Gutes Ding.

19.05.2020

Iä! Iä! Cthulhu fhtagn!

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