Osi And The Jupiter - Nordlige Rúnaskog

Review

Die zwei geflügelten Vorboten der „Grå Hest“ EP sind zwischen ihren elf weiteren Album-Begleitern im nördlichen Runenwald sanft gelandet. So verlautet es zumindest der übersetzte Titel von „Nordlige Rúnaskog“.
In diesem vertonten Gehölz wollen OSI AND THE JUPITER die spirituelle Verbindung zwischen der Natur und den alten Göttern wieder herstellen.

Gleich vorweg: Natürlich kommt diese Rezension nicht umher, das Duo, bestehend aus Multi-Instrumentalist Sean Kratz und Cellist Kakophonix aus Ohio, direkt mit WARDRUNA zu vergleichen. So lässt sich auch viel leichter ein Wortgebilde schaffen, das die Klänge einzuordnen vermag.

Schaffen wir also eine Basis: OSI AND THE JUPITER agieren weniger Komplex und weniger vielschichtig als die besagten Norweger. Auch wird das Neo im Folk höher gehalten. Die Freiheiten mit Synthies zur Atmosphäre beizutragen, werden dezent stärker ausgereizt und das in positiver Hinsicht.

„Nordlige Rúnaskog“ ist weniger komplex, dafür hypnotischer

Wenn sich der Hörer allerdings nicht gerade aktiv (oder inaktiv?) in einem meditativen Zustand befindet, verkommen 60 % der rund 70 Minuten leider gerne zu reiner Hintergrunduntermalung. Dem Minimalismus wird oft gefrönt, was durchaus etwas hypnotisches hat. Hypnose funktioniert wie wir wissen allerdings nur, wenn man sich vollkommen auf sie einlässt.

Wer mit diesem Vorwissen an „Nordlige Rúnaskog“ herantritt und sich darauf einlässt, bekommt ein schamanisch-hypnotisch-mythisches Werk, das einhält, was es verspricht (Natur, alte Götter, ihr wisst schon). Regen, Trommeln, Cello (!), Akustikgitarre, Chöre, Sprechgesang, auch mal Piano, Knistern, die gefühlte Aura einer Waldlichtung. Sitzt, passt, wackelt und hat nebelfeuchte Morgenluft.

OSI AND THE JUPITER haben ihr Vorhaben erfolgreich vertont

Ein paar störende Nadeln im Waldboden-Moos finden sich allerdings dann doch. Sean Kratz, spielt nicht nur allerlei Instrumente, er leiht OSI AND THE JUPITER auch seine Stimme. Und die muss man mögen, zumindest den Grad an Tönen, die (gewollt oder ungewollt?) getroffen werden.

Hallende Rufe ins klangliche Unterholz scheinen nicht erhaben alte Götter zu rufen, sondern jaulend die Trolle ins Geäst zu jagen. Man höre dazu unter anderem „Fylgia I“ oder „Ymir“. Für den Gesang in „Dødelig Fartoy“ hätte es auch gereicht, ein Aufnahmegerät neben eine bierselige Männerrunde zu legen, die um ein Lagerfeuer sitzt und leise melancholisch Singlallt.

Gesang – haarscharf neben der instrumentalen Erhabenheit

Und wer nach einer durchzechten Festivalnacht schon mal um 6 Uhr Morgens im Regen über einen Campground gelaufen ist, dem dürfte die Art der Stimme im Intro von „Galdrfö∂r“ auch irgendwie bekannt vorkommen. Aber genug schlechte Vergleiche mit humoristischer Gehässigkeit.
Dass es auch anders geht, beweist unter Anderem „Grå Hest“, das langgezogene Rufe und Sprechgesang ohne störende Fehltöne zu einem Glanzstück des Albums macht.

„Nordlige Rúnaskog“ ist für alle, die sich auf viel Atmosphäre und Minimalismus einlassen können, genau richtig. Von Neo-Folk-Einsteigern wird vielleicht etwas zu viel meditative Eigenleistung gefordert. Wer sich vor dem Kauf des Albums an den Klangwelten testen möchte, dem gewährt das Label Eisenwald einen kompletten Albumstream.

04.12.2019
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