Raise Hell - City Of The Damned

Review

Der Stern der Schweden von RAISE HELL scheint schon nach vier Alben wieder zu sinken, ohne jemals wirklich aufgegangen zu sein (unglücklicherweise!). Ohne Frage waren das DISSECTION-lastige Debüt „Holy Target“ und die beiden superben, leider von der Masse nie wirklich beachteten Nachfolger „Not Dead Yet“ und „Wicked Is My Game“, auf denen eine Kurskorrektur in Richtung Thrash Metal stattfand, kleine Perlen des europäischen Undergrounds. Dass sie allerdings von der breiten Öffentlichkeit weitestgehend ignoriert wurden, zeigt vor allem die Tatsache, dass Album Nr. 4 nicht mehr beim Branchengiganten Nuclear Blast, sondern über Black Lodge erscheint.
Unglücklicherweise hat dieser „Plattenfirma-Rückschritt“ nicht vor der Musik der vier Skandinavier halt gemacht. „City Of The Damned“ präsentiert RAISE HELL durchschnittlich wie nie zuvor. Schuld daran sind u.a. die Vocals von Neufronter Jimmy Fjällendahl, der den sich fortan nur noch auf die sechs Saiten konzentrierenden Jonas Nilsson eher dünn, wacklig und unspektakulär ersetzt. So klingt der Gesang auf dieser Scheibe meist, als würden Schmier (DESTRUCTION) und Chuck Billy (TESTAMENT) nach einer Nacht, diversen Flaschen Whiskey und jeweils drei Packungen Kippen hilflos durch die Gegend krächzen. Schwach!
Zu allem Überfluss kommt noch hinzu, dass RAISE HELL ihr auf dem Vorgänger endlich gefundenes Thrash n‘ Roll-Rezept zu oft über den Haufen kicken und sich neuerdings offensichtlichen Anlehnungen an den Power Metal nicht mehr verschließen. Klingt in punkto Melodie alles ganz nett und in punkto Soli relativ versiert, allerdings sind, was die Bangkompatibilität und die Durchschlagskraft angeht, herbe Einbußen zu verzeichnen.
Kein Wunder, dass die stärksten Tracks („Devil’s Station“, „City Of The Damned“) genau die sind, die den Groove und die Zugkraft von „Wicked Is My Game“ wieder aufleben lassen. Dem gegenüber stehen leider absolute Langweiler der Marke „Reaper’s Calling“/“Ghost I Carry“ oder der Versuch einer Halbballade namens „Rising“. Am deutlichsten wird das Dilemma bei „Open Your Mind“. Hier trifft fett treibendes Riffing auf zum größten Teil uninspirierte Vocals und einen halbgaren Refrain, dass man fast schon „Verschwendung!“ schreien möchte. Und wenn dann auch noch die Produktion nur bedingt überzeugen kann und am Anfang von „Like Clowns We Crawl“ METALLICAs „Damage Inc.“ 1:1 kopiert wird, ist der Ofen vollends aus.
Nach vierjähriger Wartezeit und einem Hammervorgänger der Marke „Wicked Is My Game“ hätte man ungleich mehr erwarten dürfen, können und müssen, als ein Paradebeispiel einer puren Durchschnittscheibe, was „City Of The Damned“ par exellance darstellt. Schade, schade, schade!

15.05.2006
Exit mobile version