Rush - Snakes & Arrows

Review

Musikalisch scheinen RUSH nun von ihren frühen stilistischen Einflüssen zu profitieren, die sie mit ihrem Projekt „Feedback“, hierbei handelt es sich um einige wirklich gelungene Neuinterpretationen von Songs ihrer frühesten Einflüsse, gefunden oder vielmehr wieder gefunden hatten. Im gleichen Maße bedienen sie sich reichhaltig an Stilelementen eines musikalischen Genres, das sie selbst maßgeblich durch ihre Platten geprägt haben. Mit “Snakes & Arrows“ kehren RUSH zu ihren Ursprüngen zurück und schwelgen in der Vergangenheit. Sie haben sich immer darauf besonnen, was sie am besten können, hielten daran fest und enttäuschten mit keinem ihrer bisherigen Releases. Nein, ausnahmslos jedes Album, und das kann ich ohne zu übertreiben behaupten, konnte jedes auf seine Weise überzeugen, wenn auch nicht auf ganzer Linie. Eine Leistung, wie sie nicht viele Bands bisher vollbracht haben.

Alex Lifeson hat endlich seine etwas in Vergessenheit geratene Akustik-Gitarre wieder für sich entdeckt und fest in das Songwriting eingebunden; kaum ein Song auf “Snakes & Arrows“ wird nicht von den beherzt angeschlagenen Saiten verfeinert. In solch dominanter Form haben akustische Elemente, seit “Presto“ keine Verwendung mehr gefunden und lassen das Album, nach den ruppigen und stark rifflastigen “Test For Echoes“ und “Vapor Trails“, eher milde und sanft anmuten. Ebenso wurden die Keyboards auf ein Minimum zurück gefahren. Der Schein ist jedoch trügerisch, denn Lifeson bricht nach wie vor zu gewaltigen Gitarrenritten auf, denen sich ebenso Bassist Geddy Lee galoppierend anschließt. Und auch Drummer Neil Peart, das unverwüstliche Fundament der Band, kreiert unerlässlich seine mächtigen Rhythmus-Girlanden und weiß einmal mehr durch sein schier unendliches Repertoire an Begeisterungsstürme hervorrufenden Figuren und Patterns zu begeistern. Jedoch fallen jene stark rifflastigen Momente nicht zu stark ins Gewicht, da die Gesamtausrichtung deutlich, um mal einen fiesen Anglizismus einzuwerfen, “smoother“ ausgefallen ist. Die herrlichen, tragenden Melodien stehen dadurch deutlicher im Mittelpunkt und auch dem bezeichnenden Gesang Lees wird mehr Freiraum eingeräumt. Wenn der Gesang mit der Prägnanz einer Schlangenbeschwörer-Stimme einsetzt, einer Sirene, die sich windet und hinter der erst dann die Musik mit großem brütenden Sound anschwillt, dann wird ein jedem wieder bewusst, für was man RUSH wirklich zu schätzen gelernt hat.

Auf die Gefahr hin mich zu weit aus dem Fenster zu lehnen, komme ich nicht umher zu behaupten, dass wir es mit “Snakes & Arrows“ mit einem eher schwächeren RUSH-Album zu tun haben. Da der kanadische Dreier konkurrenzlos in einer eigenen Liga operiert und sich schlichtweg nicht mit anderen Bands messen lassen kann, hat dies nichts weiter zu heißen und niemand dürfte enttäuscht zurückbleiben. Doch in Anbetracht der ganz großen Taten ist das neue Material einfach nur als “gut“ zu bezeichnen. Potenzielle Klassiker, die es ohne weiteres in die Live-Setliste schaffen werden, stehen neben belanglosen Lückenfüllern, die das Gesamtbild nachhaltig trüben. Insbesondere sind Songs wie “Spindrift“ und das finale “We Hold On“ anzuführen, die völlig eintönig daher kommen und denen man selbst nach mehrmaligem Hören nichts abgewinnen kann. “Far Cry“, das Instrumental “The Main Monkey Business“ und mein absoluter Favorit “The Way The Wind Blows“ sind Songs denen man nicht genug Aufmerksamkeit schenken kann und die einen jedes Mal aufs Neue verzaubern. RUSH sind und bleiben ein Garant für aufregende und ergreifende Musik!

28.05.2007
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