Serenity - The Last Knight

Review

Ein Ritter hoch zu Ross, der seine Lanze tief in das feuerspeiende Maul eines Drachen stößt – was förmlich nach Klischee-Kitsch schreit funktioniert für SERENITY als Cover ihrer neuen Studioscheibe „The Last Knight“ erstaunlich gut. Dabei handelt es sich bei dem titelgebenden Maximilian I. keineswegs um eine Märchenfigur oder einen Fantasy-Helden, sondern um einen waschechten Kaiser des Heiligen Römischen Reiches im frühen sechzehnten Jahrhundert.

Dass SERENITY ein Faible für historische Stoffe haben, ist freilich nichts neues, immerhin führte bereits der Albumvorgänger „Lionheart“ einen berühmten Herrscher als Galionsfigur voran. Auch stilistisch behält „The Last Knight“ den zuvor eingeschlagenen Kurs bei und vermischt symphonischen Bombast mit poppigen Ohrwurm-Melodien, die sich bei zukünftigen Live-Shows garantiert zum Mitsingen anbieten werden. Tatsächlich ist das Quartett hier aber möglicherweise ein wenig übers Ziel hinausgeschossen und opfert die früher gerne etwas teifgreifenderen Kompositionen vorschnell auf dem Altar der Eingängigkeit.

ESC-tauglicher Pop-Appeal

Ein ums andere Mal blitzen Achtziger-Jahre-Disco-Klänge zwischen den unaufdringlich abgemischten Gitarren-Riffs auf – eurovisionskompatible Keyboard-Fanfaren inklusive! So würde das mit Gastsänger Herbie Langhans als Duettpartner aufgenommene „Set The World On Fire“ auch beim berüchtigten ESC keine schlechte Figur machen. Wirklich schlecht ist indes keines der „The Last Knight“-Stücke, es wirkt nur unter dem Strich alles ein wenig zu glattgebügelt. Wo die Vorgängeralben allesamt reizvolle Ecken und Kanten hatten, präsentieren sich SERENITY auf „The Last Knight“ ziemlich routiniert und abgeklärt. Ihren unverkennbaren Bandsound hat die Band längst gefunden und wandelt nun sicher auf bewährten Pfaden.

„Etwas mehr Mut zum Risiko!“ möchte man den Herren zurufen und wippt dennoch beim unverschämt hymnenhaften Refrain von „Keeper Of The Knights“ in unwillkürlicher Verzückung schwelgend mit. SERENITY-Frontmann Georg Neuhauser liefert einmal mehr eine überragende Gesangsleistung ab, lässt aber auch Raum für einige zielsicher eingesetzte Growls aus der Kehle von Gitarrist Chris Hermsdörfer, die den überbordenden Pop-Appeal effektvoll kontrastieren. So mangelt es im Grunde weder an handwerklichen Fähigkeiten, noch an Inspiration für gute Ideen – lediglich etwas mehr Biss in der Umsetzung hätte man den Musikern gewünscht, etwas mehr Mut, nicht auch die letzten Ecken und Kanten einzuebnen.

Und was bringt die Zukunft für SERENITY?

Welch gewaltiges Potential SERENITY nach wie vor zu bieten haben, zeigt nicht zuletzt der grandiose Midtempo-Track „Souls And Sins“, der als Bonus-Track noch einmal in einer von Oliver Hartmann eingesungenen und nicht minder genialen Akustikversion enthalten ist. Der schleppende Rhythmus und die düstere Erhabenheit der Refrain-Melodie bleiben lange im Gedächtnis und lassen hoffen, dass sich SERENITY zukünftig wieder stärker in eine solche Richtung entwickeln werden.

04.03.2020
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