Slime - Hier und Jetzt

Review

Irgendwann in der grauen Steinzeit wurden die Ur-Punks aus Hamburg einmal als gefährlich eingestuft. Dank Songs wie “Bullenschweine”, “A.C.A.B.” oder natürlich “Polizei-SA-SS” wurde der Staat auf die Band aufmerksam (Stichwort: ‘eine Verunglimpfung des Staates und seiner Symbole’) und versuchte SLIME das Leben schwer zu machen. Dass das nicht unbedingt gelang (von einigen wenigen Zensuraktionen abgesehen), zeigt die Geschichte der Band. Das Plakative, das sie auch zum Aushängeschild der Szene machte, ist aber seit Jahren teilweise tiefsinnigen Texten gewichen, ohne die Message zu vergessen. So auch auf dem neuen Album “Hier und Jetzt”.

Aktueller denn je

SLIME sind zurück, und das mächtig! War mir der Vorgänger “Sich fügen heißt lügen” aufgrund der Texte von Erich Mühsam noch zu verkopft, trifft “Hier und Jetzt” genau meinen Nerv. Die politische Einstellung der Band wurde natürlich um keinen Millimeter verrückt. Im Gegenteil, mit Songs wie dem schon länger veröffentlichten “Sie wollen wieder schießen (dürfen)”, “Brandstifter”, “Die Stummen” (Knaller!), “Patrioten” oder “Banalität des Bösen” ist die Marschrichtung eindeutig vorgegeben. Gerade in Zeiten, in denen blinde Wut gegen alles Fremde wieder salonfähig geworden ist, ist eine eindeutige Positionierung wichtiger denn je. Musikalisch agieren SLIME dabei so abwechslungsreich wie man es von ihnen seit „Viva la Muerte“ kennt. Das vorliegende Potpourri bietet hierbei die geliebten schnellen Songs, Midtempo-Kracher, aber auch ausgefallene Songs wie eben “Patrioten”, der mit seinen Hip-Hop-Strophen auf den ersten Blick nicht so recht passen will, aber sowohl textlich als auch kompositorisch zu den besten Tracks der Scheibe zu zählen ist. Entfernt vergleichbar mit …BUT ALIVEs “Nur Idioten brauchen Führer”, um mal eine grobe Richtung vorzugeben. Auch vor genrefremden Instrumenten wie Mundharmonika (in “Let’s Get United”) macht man auf “Hier und Jetzt” nicht Halt. Aus dieser Mischung aus musikalisch interessanten Songs und starken Texten ist ein packendes Album entstanden, das sowohl das frühere Publikum, als auch neuere Fans zufriedenstellen dürfte.

SLIME bleiben SLIME

Wer mit SLIME nicht vertraut ist, greift erst einmal besser zu den ersten drei Alben. Dann kann man einen Eindruck gewinnen ‘wie es früher war’ und welchen Stellenwert die Hamburger auch heute noch (zu Recht) in der Szene haben. Sicher, es gibt talentierten Nachwuchs, aber SLIME bleiben SLIME, und da kommt keiner ran. Abgesehen von dem zu poppigen Opener “Unsere Lieder” feuert “Hier und Jetzt” aus allen Rohren. Zu der gelungenen Produktion und den famosen Songs gesellt sich ein Coverartwork, das in seiner Aussagekraft wohl kaum zu übertrumpfen ist.

26.10.2017
Exit mobile version