Solbrud - IIII

Review

Melden sie sich also auch mal zurück, die Dänen. Wobei, so ganz stimmt das nicht: Obwohl der letzte Studio-Longplayer “Vemod” zwar bereits 2017 erschien, gab es vor knapp drei Jahren noch das Live-Album “Levende I Brønshøj Vandtårn”. Von diesem relativ großen Intervall zwischen zwei Studioalben, haben SOLBRUD aber offenbar einiges in die Kreation ihres neuen Albums “IIII” gesteckt, bei dem man zurecht von einem Opus sprechen kann. Nicht ohne Grund gelang SOLBRUD mit diesem Album auch ein Soundcheck-Sieg mit beachtlichen 7.3 Punkten Durchschnittswertung und damit fast einen ganzen Punkt vor der Hard-Rock-Legende MAGNUM. Was also bietet das Atmospheric-Black-Metal-Quartett aus Kopenhagen?

SOLBRUD: Vier mal vier mal vier

Man beachte die Symbolik: “IIII” ist das vierte Album von SOLBRUD, die aus vier Mitgliedern bestehen und mit der Aufnahme von Neu-Sänger David Hernan ihren vierten Line-up-Wechsel hinter sich haben. Ole Pedersen Luk konzentriert sich nun nur noch auf seine erfolgreichen Bands AFSKY und HELTEKVAD. Zudem hat jeder der vier Bandmitglieder je eine ganze Seite Musik komponiert, wenn man “IIII” als Doppel-Schallplatte betrachtet, dessen Cover von vier Elementen geziert wird. Das führt erst mal zu einem ordentlich langen Album, das eine Gesamtspielzeit von 94 Minuten auf die Waage bringt und allein deswegen schon nicht leicht oder gar nebenbei zu konsumieren ist. Einzelne Songs wie der Opener (!) “Hvile” oder das C-Seiten-Highlight “Ædelråd” können dabei schon gerne mal eine viertel Stunde Spielzeit überschreiten.

Bei so einem ambitionierten Unterfangen müssen SOLBRUD natürlich darauf achten, relevant zu bleiben und Alibi-Ideen zu vermeiden. Sie zwingen einen aber auch dazu, die Fastfood-Konsum-“Kultur” der Generation Schrott-ify hinter sich zu lassen und sich vollkommen auf die Reise einzulassen, die SOLBRUD anbieten. So umfangreich, wie die Tracklist ist, so dynamisch und vielschichtig ist “IIII” auch. “Typischen” Atmo-BM spielten die Kopenhagener bisher eh nicht und Songs mit Überlänge hatten sie ebenfalls schon zuvor, doch selten spielten sich die Einflüsse aus Post Rock, Ambient und – ganz subtil – sogar Post Hardcore eine so prominente Rolle. Dabei ist es übrigens spannend, dass man die vier unterschiedlichen Songwriter durchaus hören kann, “IIII” dennoch einer einheitlichen Linie folgt.

“IIII” – Ein Magnum Opus

Der im Herzen des Albums stehende, vierteilige Song “Når Solen Brydes”, der insgesamt 24 Minuten lang ist, repräsentiert dabei ganz gut, was von “IIII” zu erwarten ist. Sphärische Traumreisen, die nicht selten an ENSLAVEDs Vorreiteralbum “Mardraum: Beyond The Within” erinnern, wechseln sich mit Riffgewittern und Gitarrenstürmen ab. Das Ganze wird sowohl von verhallten, verzweifelten Screams als auch ätherischen, klar gesungenen Chören abgerundet. Auf Keyboards wird hingegen weitläufig verzichtet.

SOLBRUD lassen aber auch kürzere Stücke wie “Tåge” und “Aske” zu, die das Album um eine Farbpalette ergänzen. Diese sind stilistisch kaum anders gehalten als die Longtracks, allerdings ist – möglicherweise subjektiv – zu bemerken, dass die Band ein Talent für überlange Songs hat und ihre vielen Ideen auf diese Weise am besten auserzählen kann.

Augen schließen, Realität hinter sich lassen.

Klar, das Album ist schwierig zu fassen und benötigt viele Durchläufe. Nach den ersten Sitzungen fragte sich der Rezensent gar, ob sich SOLBRUD mit der vorliegenden Herangehensweise überhaupt einen Gefallen taten. Doch mit jedem Durchlauf wächst “IIII”, die große Fülle an Ideen und Details fügt sich mehr und mehr zu einem schlüssigen Ganzen zusammen. Es ist ein Album, das ein wunderbarer Soundtrack für lange Autofahrten oder Spaziergänge durch die dämmrige Natur taugt; ebenso wie für eskapistische Traumreisen mit geschlossenen Augen. Schön auch, dass wir “IIII” in geeignetem Festival-Rahmen auf dem von uns präsentierten Culthe-Fest dieses Jahr erleben können.

26.01.2024

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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