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Ska-Punk ist ein Genre, das vielen Metalfans zunächst fremd erscheint: Offbeat-Gitarren, federnde Basslinien, treibende Grooves und Bläserfanfaren klingen nach Tanzfläche und Bierdusche. Doch bei SONDASCHULE steckt seit jeher mehr dahinter. Schon ihre frühen Platten hielten das Leben in all seinen Facetten fest – Euphorie und Melancholie, Leichtigkeit und Schwere. Mit „Wir bleiben wach“, dem ersten Album nach dem Tod von Gitarrist Don Alfonso aka Daniel „Blubbi“ Junker („Unbesiegbar“ VÖ 2021), geht die Band nun noch konsequenter auf diesen schmalen Grat.
Wir bleiben wach: Tanzbarer Ernst
Der Titeltrack eröffnet die Platte mit dem vollen Arsenal: fanfarenartige Bläser, perkussives Skanking auf der Gitarre, ein Bass, der federnd nach vorn treibt, und ein Refrain, der mit „Ooooh“-Chören Stadiongröße entfaltet. Thematisch steht dahinter ein Manifest: Lebe jetzt – schlafen können wir, wenn wir tot sind. Musikalisch sofort im Konzertsaal verortet, trägt der Song die Energie, die SONDASCHULE live seit Jahren ausmacht.
„Weit, weit weg“ schaltet dagegen zwischen leisen, von Bass und Bläserakkorden getragenen Strophen und einem hymnischen Refrain, der die gesamte Bandbreite ihres Sounds aufzieht. Die Dynamik spiegelt die Zerreißprobe zwischen Trauer und Hoffnung – ein bittersüßer Drive, der emotional packt und gleichzeitig zum Tanzen zwingt.
SONDASCHULE – Humor im Offbeat
„Auf einen neuen Tag“ lebt von einem feinfühlig reduzierten Instrumental, das Costa Cannabis’ Stimme viel Raum gibt. Streicher und leichte Pianotupfer ergänzen subtil. Der Schwermut wird hier nicht überdeckt, sondern in einem würdevollen Klangbild aufgefangen.
Das andere Ende der Skala markieren Songs wie „Ich trinke nicht mehr“ oder „Sex, Kokain und frische Luft“. Musikalisch leichtfüßige Schunkler mit rollendem Offbeat, die textlich aber den Finger in die Wunde legen. Gerade dieser Kontrast – fröhlich instrumentierter Ska-Swing, der mit bitterem Humor die Selbstlügen rund um Alkohol- und Drogenkonsum offenlegt – ist Sondaschules Markenzeichen. „Das kann doch mal passieren“, ergänzt diese Linie mit einer Mischung aus lockerem Groove und beißender Ironie.
„Steh auf“ dagegen drückt das Gaspedal durch: treibende Drums, energische Bläsersätze, Mitsing-Gangshouts – ein Song wie eine Pogo-Aufforderung gegen die Schwere des Lebens.
Galante Grenzgänge und Gänsehaut
Mit „Weine nicht“ wagt die Band den Schritt ins Ungewohnte: weg vom Offbeat, hin zu einem klaviergeführten Arrangement. Die Bläser verstummen, stattdessen dominieren warme Klavierakkorde, elektronische Effekte und eine detailverliebte Produktion. Ein Song, der sowohl soundtechnisch als auch inhaltlich aus dem Rahmen fällt – und gerade dadurch glänzt.
Gegen Ende fährt das Album die Energie zurück. „Du bist gut so“ setzt auf Klavier und Streicher, die sich behutsam um den Gesang legen. Der Song wirkt wie eine aufrichtige Umarmung, getragen von einer Melodie, die zugleich Trost spendet und Selbstzweifel widerspiegelt. Das finale „Wenn es am schönsten ist“ verzichtet auf das große Feuerwerk. Stattdessen bietet es einen ruhigen, fast intimen Abschluss, der den Bogen vom Verlust zur gemeinsamen Hoffnung spannt.
Wir bleiben wach mit SONDASCHULE
„Wir bleiben wach“ ist ein Album, das SONDASCHULE musikalisch und inhaltlich in Bestform zeigt. Offbeat-Gitarren, treibender Groove und mitreißende Bläser liefern die gewohnte Ska-Punk-Energie. Doch darunter liegt eine emotionale Ebene, die selten so spürbar war: Trauer, Selbstzweifel, Humor und Lebenslust greifen ineinander und machen die Platte zu einem facettenreichen Zeugnis von Verlust und Aufbruch.
Für Metalfans mag der Ska-Punk-Sound zunächst ungewohnt sein, ja. Doch wer sich auf diese Platte einlässt, erlebt nicht nur packende Hooks und Mitsing-Refrains, sondern auch eine musikalische Emotionalität, die weit über Genregrenzen hinausreicht.

Sondaschule - Wir bleiben wach
Diana Heinbucher
Sondaschule - Sondaschule, Neues Album 2025, Wir bleiben wach, CD Digipack






























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