Star One - Revel In Time

Review

Arjen Lucassen, das sympathische Universalgenie aus den Niederlanden, hat nach einem längeren Ausflug in seine AYREON-Welten endlich einmal wieder Zeit für STAR ONE gefunden. Warum die verschiedenen Namen, wo doch der Hauptkomponist identisch ist? Laut Lucassen ist AYREON eine Art Verschmelzung seiner Projekte mit Einflüssen aus allen Bereichen, wohin STAR ONE die reine Metal-Seite porträtiert. Doch auch für STAR ONE hat der Musiker sich eine illustre Riege an renommierten Sängern und Sängerinnen zusammengestellt, die mit ihren Stimmen das Album veredeln.

STAR ONE reisen durch die filmische Zeit

Die bisherigen Alben „Space Metal“ und „Victims Of The Modern Age“ beschäftigten sich mit Filmen, die im Weltall spielten, beziehungsweise eine Art Dystopie darstellten. Für „Revel In Time“ hat Lucassen sich elf seiner Lieblingsfilme und -serien herausgesucht, die allesamt von Zeitreisen handeln. Von Klassikern wie „Terminator“ bis hin zu moderneren Filmen wie „Interstellar“ ist alles dabei.

Den Auftakt bildet „Fate Of Man“ (hier geht us um „Terminator“), ein knackiger Power-Metal-Song mit Brittney Slayes von UNLEASH THE ARCHERS am Mikrofon. Die Sängerin macht ihren Job gewohnt großartig und ein Gitarrensolo von Michael Romeo (SYMPHONY X) rundet das Stück ab. „28 Days (Till The End Of Time)“ hat „Donnie Darko“ zum Thema und nachdem wir eben schon Michael Romeo an der Gitarre hörten, darf sich hier sein Kollege Russell Allen als Sänger austoben.

Doch STAR ONE ziehen nicht nur international gefeierte Klassiker in ihren Kosmos. „Prescient“ (Leadgesang Michael Mills von TOEHIDER und Ross Jennings von HAKEN) behandelt die Story des Low-Budget-Kultfilms „Primer“ aus dem Jahr 2004. Musikalisch kann Lucassen es doch nicht lassen, der Mann mag seinen Metal eben progressiv. Viele musikalische Spielereien und die berühmten Lucassen-Keyboard-Sounds finden sich hier wieder und verwandeln das Lied in einen wahren Ohrenschmaus. Es macht zudem Lust darauf, sich den Film anzuschauen.

„Revel In Time“ erzählt gleich elf Geschichten (nach)

Bei vielen Alben anderer Künstler:innen ist die Track-By-Track-Besprechung etwas außer Mode oder schlichtweg nicht notwendig, auch zusammenhängende Konzeptwerke wie das aktuelle AYREON-Album „Transitus“ bedürfen jener nicht. Doch dem neuen STAR-ONE-Album wird man kaum gerecht, wenn man einzelne Stücke unterschlägt. Zu viel Mühe haben sich die Beteiligten gegeben.

Dass „Back To The Past“ sich mit der „Zurück in die Zukunft“-Trilogie beschäftigt, sollte bei dem Titel keinen wundern. Den Gesang steuert Jeff Scott Soto bei und macht daraus einen flotten Rocker, der gut zum Achtziger-Jahre-Flair der drei Filme passt. Ein Solo steuert Ron „Bumblefoot“ Thal bei, welcher vor allem für seine Zeit bei GUNS ‚N ROSES bekannt ist. Der folgende Titelsong hat Brandon Yeagley als Sänger dabei und handelt von der kultigen Komödie „Bill und Teds verrückte Reise durch die Zeit“ mit Keanu Reeves.

„The Year Of ’41“ behandelt „Der letzte Coundown“ von 1980. Für das Stück hat sich Arjen Lucassen Sänger Joe Lynn Turner herangeholt. Die auf allen Stücken zu hörenden Backgroundsängerinnen Marcela Bovio und Irene Jansen liefern gerade gegen Ende des Songs eine ihrer besten Leistungen ab. Lucassen-Dauergast Damian Wilson (Ex-THRESHOLD) bedringt sich ebenfalls auf dem Album. Der Song „Bridge Of Life“ handelt vom sehr empfehlenswerten 2000er-Film „Frequency“.

„Revel In Time“ – Ein Fest für Filmnerds

Die außergewöhnlichen Synthesizer in „Today Is Yesterday“ werden von der Künsterlin Lisa Bella Donna gespielt und sind eine gelungene Abwechslung von Lucassens Keyboardspiel. Am Mikro betätigt sich bei der musikalischen Umsetzung von „Und täglich grüßt das Murmeltier“ kein anderer als Dan Swanö (unter anderem EDGE OF SANITY). Das Stück avanciert zu einem der stärksten auf dem Album.

NIGHTWISH-Sängerin und Lucassen-Dauergast Floor Jansen singt „A Hand On The Clock“ ein. Die filmische Vorlage ist „Source Code“ von 2011. Joost van den Broek, mit dem Jansen zu AFTER-FOREVER-Zeiten bereits zusammengearbeitet hat, steuert ein Hammond-Solo bei. John Jaycee Kuijpers (PRAYING MANTIS) ist für den Gesang in „Beyond The Edge Of It All“ verantwortlich, worin es um die Serie „Sapphire & Steel“ geht.

Den fulminanten Abschluss bildet der bereits im Voraus veröffentlichte Longtrack „Lost Children Of The Universe“, auf welchem der Ex-KAMELOT-Sänger Roy Khan die Leads übernimmt. Das Lied bündelt alle Stärken STAR ONEs, fährt eine ganze Ecke mehr Bombast und Symphonie auf und entlässt einen nach etwas über einer Stunde hinaus aus dem Kino in die Nacht.

STAR ONE – Ein musikalischer Filmeabend mit Arjen Lucassen

Es wirkt ein bisschen, als hätte Arjen Lucassen die Hörer:innen zu einem Filmeabend eingeladen und drückt ihnen einen Zeitreisefilm nach dem nächsten auf, aber es stört auch keinen, da die Filme allesamt ebenso überzeugen wie die Songs auf „Revel In Time“. Die zweite CD des Albums ist ebenfalls sehr spannend, dort finden sich die Stücke noch einmal mit anderen Sänger:innen wieder, unter anderem Will Shaw (ex-HEIR-APPARENT) und Tony Martin (ex-BLACK-SABBATH). Mit „Revel In Time“ beweist Arjen Lucassen ein weiteres Mal, dass er offenbar keine Grütze komponieren kann. Progressive-Metal-Fans werden definitiv zufrieden sein.

11.02.2022

Redakteur für alle Genres, außer Grindcore, und zuständig für das Premieren-Ressort.

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