Unleash the Archers - Abyss

Review

UNLEASH THE ARCHERS haben ein ereignisreiches Jahrzehnt hinter sich. Dies betrifft nicht nur die Karriere der Band, sondern auch die musikalische Weiterentwicklung. Die ersten beiden Alben erschienen noch in Eigenregie und beinhalteten Melodic Death Metal, der allerdings in einzelnen Parts Ausflüge in den traditionellen Metal wagte. Auf dieser Grundlage aufbauend entwickelte die Band um Frontfrau Brittney Slayes einen ganz eigenen Stil, der mit dem Album „Time Stands Still“ aus dem Jahr 2015 ausdefiniert und auf dem Nachfolger verfeinert wurde.

„Apex“ erschien im Jahr 2017 und fasste die bisherigen Schritte sehr gut zusammen: moderner Metal, traditionelle Gitarrenarbeit, charismatische Vocals, vereinzelte harte Einschläge und mitreißende epische Refrains machten das Album zum bisher besten Release der Band. Dank ausgefeilter Songstrukturen ist „Apex“ zudem musikalisch hochwertig und auch außerhalb der Genregrenzen durchaus interessant. Was folgt nun mit „Abyss“?

UNLEASH THE ARCHERS stürmen wieder nach vorne.

Die EP „Explorers“ aus dem vergangenen Jahr ließ bereits erahnen, dass sich der Stil von UNLEASH THE ARCHERS abermals dezent ändern würde. Zwar handelte es sich dabei um zwei Cover-Songs und keine Eigenkreationen, doch rückblickend lässt sich festhalten, dass sich auf der EP bereits ankündigte, dass der Gesang von Brittney Slayes noch mehr in den Vordergrund rücken würde, was bei den gesanglichen Qualitäten der Frontfrau erst einmal nichts schlechtes ist.

Was jedoch ins Ohr sticht, ist, dass die Instrumente eben noch ein Stück in den Hintergrund rücken. Da außerdem auf die Bass-Gitarre verzichtet wurde, fehlt es „Abyss“ durchgehend an Druck. Stattdessen gibt es, vor allem bei den ersten Tracks, zuckersüße Keyboards zu hören, welche Breaks ausfüllen und Refrains zukleistern. Das trägt zwar zur Eingängigkeit bei, nimmt der Musik aber auch Ecken und Kanten. Dabei ist es nicht so, als wären die Keyboard-Einsätze auf handwerklicher Ebene zu kritisieren. Sie fügen sich gut in die Songstruktur ein, bügeln sie aber auch glatt.

„Abyss“ ist ausgeteilter – aber auch zahnloser.

Es mangelt „Abyss“ nicht an eingängigen Songs. In diesem Punkt führt diese nächste Entwicklung UNLEASH THE ARCHERS nah an Bands wie ALTER BRIDGE, vor allem unter Berücksichtigung des Wechselspiels von charismatischen Vocals und pfeilschneller Gitarrenarbeit. Dieser nächste Schritt könnte dem Quartett ganz neue Hörerschichten erschließen, zieht der Band aber auch ein bisschen die Zähne.

Bei Songs wie „Soulbound“ blitzen alte Qualitäten auf, beziehungsweise werden diese so effektiv wie auf „Apex“ zusammengefasst. Es ist ist sogar Platz für neue Ansätze, wie die bereits angesprochenen Keyboard-Klänge. Dabei handelt es sich jedoch um einzelne Songs, nicht mehr um das komplette Album.

Viel Pathos und Kitsch, aber wenig Druck.

Der Kitsch, der schon auf „Apex“ ein bisschen befremdete, aber als Stilmittel funktionierte, hat auf „Abyss“ überhand genommen. Songs wie „Legacy“ und „The Wind That Shapes The Land“ bestechen durch einprägsame Refrains und ausgefeilte Soli, verirren sich aber immer wieder in ziellose Strophen ohne Glanz, aber mit viel Pathos.

Trotz dieser Kritik ist „Abyss“ bei weitem kein schlechtes Album geworden. UNLEASH THE ARCHERS sind musikalisch inzwischen hörbar in der Oberliga angekommen und haben ein nicht zu leugnendes Gespür für eingängige Melodien. Wem die bisherigen Album noch etwas zu hart waren, sollte bei „Apex“ in jedem Fall einmal reinhören. Auch Fans der Band sollten trotz dieser dezenten Neuausrichtung weiterhin Gefallen an UNLEASH THE ARCHERS finden. Die meisten Trademarks verschwinden zwar unter einem glattgebügelten Soundteppich, sind aber immer noch vorhanden – nur nicht mehr so sichtbar.

14.08.2020
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