Vesania - Distractive Killusions

Review

Unseren freundlichen Nachbarn aus dem Ostblock wird ja gerne mal ein ausgeprägter Hang zum Langfingertum nachgesagt. „Nicht zu Unrecht!“ höre ich nun alle schreien, denen beim Zigarettenschmuggel in Polen schonmal der Golf GTI vor der Nase weggeklaut wurde. Gut, Spaß beiseite, aber ein latenter Hang zur Fremdinspiration ist auch bei den Symphonic-Black-Metallern VESANIA nicht zu verleugnen. Schon bei den ersten Klängen von „Distractive Killusions“ (Man beachte das tolle Wortspiel!) werden Erinnerungen wach an diese ulkige Band aus Norwegen, von der man mittlerweile vom Aschenbecher bis zum zuchtlosen Stringtanga so ungefähr alles kommerziell erwerben kann… Ach ja, richtig! DIMMU BORGIR!

Prinzipiell könntet ihr Euch jetzt also einfach ein Review zu einer neuen Platte der Herren aus Norge ansehen, um einen Eindruck von VESANIAs musikalischem Schaffen zu kriegen, aber ich will mal nicht so sein und fass‘ das Ganze nochmal eben zusammen: Blastbeats, Keyboardbombast der symphonischen Sorte, leichte Death-Metal-Einflüsse und hier und da auch ein paar eingestreute Industrialpassagen. Also grundsätzlich all das, was man auch an den jüngsten DIMMU-Outputs schätzen kann – vorrausgesetzt natürlich man hat ein Faible für diese moderne Spielart des Black Metal.

Besonders heftig kommt die Ähnlichkeit bereits beim zweiten Song „The Dawnfall (Hamartia and Hybris)“ zum Tragen. Stakkatoriffs treffen auf Industrialanleihen treffen auf verzerrten, gesprochenen Gesang: Würde die Stimme von VESANIAs Orion jetzt auch nur noch einen Hauch mehr nach Shagrath klingen, könnte man mir den Song ohne Zweifel als unveröffentlichten Track von „Death Cult Armageddon“ unterjubeln. Knappe 45 Minuten und unzählige Déjà-Vus (oder wohl eher DIMMU-Vus…) später komme ich nun zu dem Punkt, an dem ich mich fragen muss: Braucht das eigentlich noch irgendjemand?

Die Antwort darauf gestaltet sich in der Tat schwieriger als man zunächst vielleicht annehmen würde. Immerhin gibt es Menschen, die sich trotz jeglichen noch so offensichtlichen Diebstahls gerne die Mucke um die Ohren knallen: Entweder, weil sie sich einen Dreck darum scheren, wer dieses oder jenes musikalische Mittelchen schonmal verwendet hat oder weil sie sich schlicht und ergreifend die Zeit bis zur nächsten DIMMU BORGIR-Langrille mit einem gut gemachten Klon verkürzen wollen. Denn Stümperhaftigkeit kann man VESANIA absolut nicht nachsagen: Die Arrangements sind ausgereift, das spielerische Niveau auf einem technisch sehr hohen Level und auch die Produktion passt wie die Faust auf das (Genre-)Auge.

Die oben gestellte Frage könnt ihr Euch also wohl in der Tat am allerbesten selber beantworten. Ich für meinen Teil bin dann doch zu gut erzogen und kreide VESANIA ihren kreativen Raubzug mit entsprechendem Punkteabzug an. Soviel Anstand muss sein!

16.10.2007
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