Whitechapel - Whitechapel

Review

Wer auf der Suche ist nach qualitativ hochwertigem und modernem Extrem-Metal, der kommt derzeit am Szeneriesen Metal Blade nicht vorbei. Neben THE BLACK DAHLIA MURDER, JOB FOR A COWBOY oder den natürlich viel melodischeren Bands aus dem leicht Core-Angehauchten Sektor wie AS I LAY DYING oder UNEARTH sind WHITECHAPEL innerhalb weniger Monate gleich die nächsten US-Extremisten, die mit einem wirklich erstklassigen Album nachlegen. Die Band fällt zwar in die mittlerweile sehr weit gefasste Deathcore-Schublade, im Grunde ist das, was die Band auf ihrem selbstbetitelten Album abliefert aber nichts weiter als moderner Death Metal, durchsetzt mit einer melodischen Note, die wesentlich präsenter ist als zuletzt, die Musik aber zu keinem Zeitpunkt ihres wütenden, psychopathschen Grundsounds beraubt.

„Whitechapel“ ist ingesamt wohl tatsächlich das beste Album der Band, und gleichermaßen ist es die beste Scheibe, die das überlaufene Genre seit einiger Zeit hergegeben hat. Die 38 Minuten Spielzeit sind vollkommen ausreichend, um diesen Umstand zu demonstrieren. WHITECHAPEL sind bei aller Brutalität schon immer auch Künstler gewesen, die einerseits gute Songs schreiben können, die andererseits aber auch mit ihrer düsteren, fesselnden Atmosphäre beeindrucken. Die avantgardistisch anmutenden Soundscapes, die die Songs unterstützen, gab es bei der Band schon immer, diesmal sind sie jedoch eingebettet in eingängige Death-Abfahrten, die, so widersprüchlich das auch klingen mag, wie immer erst nach einigen Durchläufen so richtig zünden. Das schleppend-groovige „I, Dementia“ eignet sich als Anspieltipp, weil es die Stärken der Band bündelt und all jene Elemente aufweist, die WHITECHAPEL zu einer so wichtigen Band machen. Trotz der zunehmend melodiebetonten Spielweise der Gitarren verzichtet die Band selbstredend auf Clean-Vocals, und Phil Bozemans vernichtendes Organ ist der passende Kontrast zu diesem Bestandteil, der der Band unheimlich gut steht. Auf „Whtechapel“ stehen Licht und Schatten nahe beienander, weil das Unheil auch in der echten Welt an jeder Ecke lauert, und sich hinter der vermeintlichen Idylle manchmal Angründe offenbaren. Die Musik der Band ist technisch, aber nie zu verschachtelt, und sie ist abwechslungsreich genug, um sich demonstrativ vom biederen Genre-Durchschnitt abzuheben. Besonders deutlich wird das nochmal zum Ende des Albums: Das ziemlich garstige und speedige „The Night Remains“ wird vom fast schon romantischen, überaus epischen Instrumental „Devoid“ abgelöst, bevor der abschließende Groover „Possibillities Of An Impossible Existence“ in Manier eingängigerer MESHUGGAH vor sich hin mordet.

Deathcore mag eine abgenutzte Genre-Bezeichnung mit abschreckender Wirkung sein, WHITECHAPEL beweisen aber, dass man auch modernen Death Metal spielen kann, ohne nach Plastik und dreister Kalkulation zu klingen, und ohne einfach gängige Formeln eins zu eins zu kopieren. WHITECHAPEL haben Charakter, Aussage und Qualität, und haben deshalb von jedem anspruchsvollen Freund harten Stahls eine Chance verdient.

10.06.2012
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