Wiegedood - De doden hebben het goed II

Review

Der Auftritt von WIEGEDOOD im Emokeller in Essen am 03.02.2017 war für mich ein Ausflug in ein Paralleluniversum. Statt Kutten, Patches, Bier und langen Haaren gab es Jute- und Turnbeutel, eine Kunstausstellung, Club-Mate in Flaschen und vegane Hot Dogs zu bestaunen. Allen Widrigkeiten und (empirischen) Vorurteilen zum Trotz wollte ich unbedingt die Belgier WIEGEDOOD sehen, welche mich mit ihrem Debüt „De doden hebben het goed“ restlos begeistert haben.

Der Apfel fällt nicht weit…

Wir können jedoch zunächst nicht über WIEGEDOOD reden, ohne das Künstlerkolletiv „Church of Ra“ zu erwähnen. Dieses hat, mit Bands wie AMENRA oder OATHBREAKER, international für Aufmerksamkeit gesorgt. Durch die Niederlegung aller Szeneauflagen und Genrebegrenzungen entsteht von dort ausgehend ein durchaus neuer Ansatz Heavy bzw. Black Metal zu interpretieren. Dieser Ansatz trägt stärker die Züge des künstlerischen Ausdrucks und rückt orthodoxe Ideen in den Hintergrund. Auch personell überschneiden sich die oben genannten Bands mit dem Line-up von WIEGEDOOD.

WIEGEDOOD zwischen Debüt und Folgewerk

Während das Debüt mich atemlos ob der basslosen Riff-Stürme zurückließ, man denke an ULVERs „Nattens Madrigal“ in einer sauberen Produktion, so wirkt „De doden hebben het goed II“ gesetzter und weniger geradlinig. Im Vergleich tritt II wie ein Nachhall auf.

Auch der Anteil von Gesangslinien hat deutlich zugenommen, was den Aspekt des konventionellen Songwritings etwas mehr hervorhebt. Lange Passagen mit 4/4-Takten ohne Blastbeats in urfaustscher Schlichtheit bestätigen diesen Eindruck.

Wiegedood Bandfoto 2017

Die einleuchtende Simplizität des Debüts geht dennoch insgesamt etwas verloren und weicht diesem klareren Blick auf das Songwriting. Das sehr pointierte Riffing des Debüts wird man immer noch finden, allerdings nicht mehr in derart erdrückender Fülle. Zudem wirkt das erste Album in seinem gesamtkünstlerischen Aufbau, bedingt durch die inhaltliche Dichte der Komposition und das wilde kompromisslose Songwriting, geschlossener bzw. abgeschlossener als „De doden hebben het goed II“.

(Post) Black Metal?

Am Ende bleibt die berühmte Frage – Black Metal oder Post Black Metal? Keine Ahnung. Natürlich haben WIEGEDOOD ihre Wurzeln in den Klassikern gefunden – GORGORTH, INQUISITION, ULVER, um nur einige zu nennen, auf der anderen Seite hat das Album allerdings auch eine Leichtigkeit und Verspieltheit, welches der kompromisslosen Schwere der Alten entgegensteht. Fakt ist, dass WIEGEDOOD hochwertige und hörbare Musik abliefern, auch wenn das Debüt insgesamt stärker war.

25.02.2017

Stellv. Chefredakteur

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