Die 10 ...
Die besten Projekte des Dungeon Synth

Special

Dungeon Synth: Ein Subgenre aus dem tiefsten Untergrund

Tief im Untergrund, in finsteren Höhlen und Wäldern, auf vergessenen Schlachtfeldern und irgendwo zwischen Mittelerde, R’lyeh und Castrop-Rauxel brodelt ein fast unbekanntes Subgenre, welches einst als kleine Schwester des Black Metals entstand und heute eigenständig und virtuos verschiedenste musikalische und textliche Einflüsse verarbeitet – DUNGEON SYNTH!

Zur Schaffung einer düsteren und verschwobenen Gesamtatmosphäre experimentierten Bands der zweiten Welle des Black Metals mit atmosphären Intros, welche meist mit Synthesizern und einfachen Perkussionen eingespielt wurden. Aus diesen eigentlich als Zwischenstücken gedachten Stücken entstanden, angefeuert durch Künstler wie MORTIIS aus dem Umfeld von EMPEROR und WONGRAVEN aus dem Umfeld von SATYRICON eigene Projekte, welche ganze Alben mit dieser Musik füllten. Varg Vikernes, dessen Weltanschauung im folgenden noch zur Sprache kommt, macht aus seiner Not eine Tugend und spielte das fünfte und sechste Album seiner Band BURZUM im Gefängnis als Dungeon-Synth-Alben ein.

Nachdem diese Projekte allerdings stets als Anhängsel oder Nebenprojekte standen, entwickelte sich schnell eine Szene neben der Szene, welche zwar dem Black Metal mit seiner Ästhetik und teilweise auch Themenvielfalt (insbesondere Tolkien und Fantasy) verbunden blieb, durch komplett eigene Projekte aber Autonomie erlangen konnte. Das überwiegend von Solo-Künstlern in Eigenregie betriebene musikalische Schaffen sichert dem einzelnen Musiker Eigenständigkeit, die Verwirklichung seiner künstlerischen Vision und Unabhängigkeit von anderen Musikern und Plattenlabels. Dadurch ist das gesamte Genre betont untergrundig, gut vernetzt und von monetär motivierten Fremdeinflüssen angenehm unberührt geblieben. Also so ein bisschen wie der Black Metal des Jahres 1993.

Um euch einen ersten Einblick in das Genre zu gewähren, haben Stephan Möller (SM), Sven Lattemann (SL), Marc Thorbrügge (MT) und Stefan Wolfsbrunn (SW) die Schatzkisten geöffnet und ihre Favoriten hervorgekramt, welche einen ersten Blick auf dieses interessante Genre gewähren.

(SW)

1. Mortiis

Der erste MORTIIS-Song ist das Intro von “Wrath Of The Tyrant”, dem gut halbstündigen Demotape, mit dem EMPEROR im Jahr 1992 die Bühne des norwegischen Black Metals betraten. Einer der blutjungen Musiker der Band war Håvard Ellefsen, verantwortlich für den Bass, die Lyrics und den Synthesizer, dem einzigen Instrument, das im Intro zu hören ist. Zugegebenermaßen waren solche Intros bereits 1992 nichts außergewöhnliches mehr, aber Håvard schaffte es, einen Schuss Melancholie und eine leicht sakrale Grundstimmung in den kurzen Track zu pressen. Nach nicht einmal zwei Jahren verließ er EMPEROR wieder und machte unter seinem Künstlernamen MORTIIS alleine weiter.

Das Demo-Tape “The Song Of A Long Forgotten Ghost” erschien bereits im Juni 1993 und beinhaltete alles, was heutigen Dungeon Synth ausmacht. Inspiriert durch die Soundtracks von Horrorfilmen und Fantasy-Videospielen schuf MORTIIS düstere Klänge, die sich trotz moderner Instrumente anhören, als hätten sie sich aus einer fernen Vergangenheit in unsere Wohnzimmer verirrt. Zudem lässt sich eine gewisse nordische Black-Metal-Ästhetik in der Aufmachung nicht verleugnen. Auf dem Cover von “Født Til Å Herske”, dem ersten Full Record, posiert MORTIIS mit Kettenhemd, Axt und langen schwarz gefärbten Haaren, als würde er immer noch den Viersaiter in einer Band mit klirrenden Riffs und kreischenden Vocals bedienen. Ebenso mit dabei ist sein späteres Markenzeichen, die falsche spitze Nase, die ihm das Aussehen eines Trolls verleihen sollte. Später kamen noch spitze Ohren hinzu.

Bemerkenswert ist auch, dass MORTIIS damals versucht hat, seine Musik auch live vor Publikum zu präsentieren. Das Ergebnis war laut Augenzeugen einerseits faszinierend, andererseits aber auch irgendwie lahm. Die Musik kam einfach vom Band und MORTIIS performte mal alleine, mal in einer Gruppe, irgendwelchen rituellen Kram. Ein paar Mitschnitte davon haben es ins 21. Jahrhundert und auf YouTube geschafft. Vielleicht fehlte MORTIIS ein bisschen Rock’n’Roll in seinem Leben und deswegen ist er nach drei Alben mitsamt falscher Nase und falscher Ohren zu knackigem Industrial Rock gewechselt. Dennoch darf er sich dafür auf die Schulter klopfen, als erster ganze Alben mit dem veröffentlicht zu haben, was sich vorher nur als Intro, Outro oder Interlude auf schwarzmetallischen Platten finden ließ.

(MT)

2. Summoning – Lost Tales

SUMMONING nehmen die Hörerschaft mit auf eine fantastische Reise in J.R.R. Tolkiens Mittelerde: In meist überlangen Titeln erzählt die Band stimmungsvoll und opulent seit mehr als zwanzig Jahren Geschichten um die Ringkriege, das Silmarillion und die weiteren wichtigen Ereignisse von Angmar bis Mordor. SUMMONING haben dabei so viele gute Longplayer erschaffen, warum gerade „Lost Tales“ in dieser Aufzählung gelandet ist? Nun, streng genommen bewegen sich SUMMONING eher auf Seiten des atmosphärischen Black Metal – dennoch darf an dieser Stelle natürlich nicht auf die beiden Österreicher Silenius und Protector verzichtet werden, denn trotz ihrer metallischen Wurzeln haben SUMMONING zweifelsfrei einen massiven Einfluss auf viele Dungeon-Synth-Projekte ausgeübt.

„Lost Tales“ enthält mithin zwei überaus unterhaltsame Titel, die sich weitestgehend von Schwarzmetall-Anleihen fern halten und damit den Genre-Konventionen des Dungeon Synth am ehesten entsprechen. Das Album aus dem Jahre 2003 besteht aus den beiden Songs „Arcenstone“ und „Saruman“. „Arcenstone“ ist ein Titel, der ursprünglich für Silenus‘ Projekt MIRKWOOD geschrieben wurde – dieses Projekt sollte praktisch jedoch nie das Licht der (Unter)-Welt erblicken. Das zwischenzeitlich „durchgesickerte“ Demomaterial klingt jedoch überaus vielversprechend und hätte bei adäquater Veröffentlichung sicherlich einen eigenen Platz in diesem Special verdient gehabt. Der zweite Titel „Saruman“ schließlich ist ein Überbleibsel der „Dol Guldur“-Aufnahmesessions von 1996.

Wenig überraschend tragen die Synthesizer-lastigen Strukturen von SUMMONING deutliche Ansätze eines weiteren Projekts aus diesem Dunstkreis der Österreicher: Protectors Ambient-/Neoklassik-Formation DIE VERBANNTEN KINDER EVAS – ein Anspieltipp für diejenigen, die es etwas Gothic-angehauchter mögen.

Wer also den einen oder anderen Ausbruch und den harschen Gesang von SUMMONING nicht verkraftet (oder gutheißt), der sollte sich trotzdem die „Lost Tales“ zu Gemüte führen – allen anderen sei die gesamte Diskographie von SUMMONING ans Herz gelegt.

(SL)


3. Burzum – Hliðskjálf

BURZUM ist problematisch – das wissen wir. Und im Gegensatz zu den ersten vier Black-Metal-Alben des Ein-Mann-Projekts von Mr. Varg Vikernes himself, die er aufgenommen hat, als noch keiner von seinen wirren politischen und weltanschaulichen Ideologien wusste, lässt sich bei seinen beiden Gefängnis-Ambient-Alben auch nicht sagen, dass sie zu Klassikern wurden, bevor Vikernes sich als Idiot outete. Dennoch gilt ähnlich wie für den Black Metal auch für das Genre des Dungeon Synth: Es lässt sich kaum darüber reden, ohne auch über BURZUM zu sprechen. Man stelle sich nur mal eine Auflistung der essenziellsten Black-Metal-Alben ohne BURZUMs Dritt- oder Viertwerk vor. Eben.

Deshalb haben wir uns trotz Vargs durch und durch rassistischen Gedankenguts, das er erstmals aus dem Gefängnis heraus in die Welt herausposaunte, dazu entschlossen, auch BURZUM in diesem Special stattfinden zu lassen – möchten hier aber noch einmal deutlich darauf hinweisen, dass wir weder seine irren Verschwörungstheorien, noch seine politische Überzeugung unterstützen oder gutheißen. Wir distanzieren uns hiermit ausdrücklich von den Ideologien des Mannes hinter BURZUM – und geben hiermit ausdrücklich keine Kaufempfehlung für BURZUM-Alben.

Denn nachdem Vikernes mit den ersten vier BURZUM-Alben sowie der „Aske“-EP den Black Metal nachhaltig mitgestaltet hat, sodass sein Einfluss auf das Genre kaum zu überschätzen ist, saß er nun auf lange Zeit im Knast. Dort war ihm keine Gitarre erlaubt (Vargs alternative Wahrheit ist, dass er sich, natürlich, völlig freiwillig von der Gitarre verabschiedet habe, weil diese einen fremden Kultureinfluss darstelle – mitnichten so neutral formuliert, versteht sich), sodass er sich gezwungen sah, lediglich mit elektronischen Elementen zu arbeiten. Das hatte auch auf den Black-Metal-Alben schon hervorragend funktioniert: So oft die langen, repetetiven Ambient-Tracks wie „Tomhet“ von „Hvis Lyset Tar Oss“ (1994) oder „Rundtgåing Av Den Transcendentale Egenhetens Støtte“ von „Filosofem“ (1996) auch verspottet wurden, sie hatten ihre Fans, und ihnen ist nicht abzusprechen, eine ganz eigene, eindringliche Atmosphäre zu verbreiten – sofern man sich denn darauf einlässt.

Das erste Ergebnis: „Dauði Baldrs“

Erstes Ergebnis dieser nun auf rein elektronische Elemente beschränkten Herangehensweise war 1997 das Album „Dauði Baldrs“, auf dem Varg noch mit MIDI-Sounds arbeitete, und das dementsprechend lo-fi klang. Die Rezensionen und die darunterstehenden Kommentare auf metal.de zeigen, wie sehr „Dauði Baldrs“ damals polarisierte: Die einen liebten es, die anderen hassten es. Dennoch lässt sich nicht leugnen, dass VARG sein bekanntes Ambient-Prinzip – sich oft wiederholende, eindringliche Muster – hier nicht nur einfach fortführte, sondern mit den ihm zur Verfügung stehenden, eingeschränkten Mitteln durchaus Kunst produzierte. Er nahm nämlich den roten Dungeon-Synth-Faden, den vor ihm vor allem MORTIIS gesponnen hatte, dankbar auf und ergänzte ihn mit seinem ureigenen BURZUM-Ambient-Stil. Das Ergebnis ist Geschichte …

Und dann: „Hliðskjálf“

… die ihren Höhepunkt zwei Jahre später in „Hliðskjálf“ fand. 1999 musste Varg nicht mehr mit MIDI-Sounds herumhantieren, sondern hatte ein echtes Keyboard zu seiner Verfügung. Der Qualitätssprung – nicht unbedingt in Sachen Songwriting, aber in Sachen Klangbild und Stimmung – ist ein riesiger. So wie viele Leute „Filosofem“ als das beste Black-Metal-Album aller Zeiten bezeichnen, so hat der Verfasser dieser Zeilen auch schon oft gehört, „Hliðskjálf“ sei das beste Dungeon-Synth-Album, das die Welt jemals gehört habe. Das mag doch ein wenig überschätzt sein, aber es lässt sich nicht leugnen, dass BURZUM a) mit diesem Album einen unfassbaren Einfluss auf das Subgenre gehabt hat, und dass er damit b) schlicht und ergreifend ein hervorragendes Album zwischen Dungeon Synth und Dark Ambient produziert hat.

Denn sei es „Tuistos Herz“, das sich erst langsam und schleichend wabernd unter die Haut des Hörers bewegt, um dann nach rund zwei Minuten mit einer eindringlichen Melodie zuzustechen, sei es das majestätische „Der Tod Wuotans“, oder das trockene, an seine früheren Ambient-Kompositionen erinnernde „Ansuzgardaraiwô“; sei es das wunderbar verspielte Hauptthema in „Frijôs einsames Trauern“ oder das rührende „Einfühlungsvermögen“ mit bester Sakral-Stimmung: „Hliðskjálf“ bietet beste Dungeon-Synth-Atmosphäre. Und es ist ein Album, das in jede Dungeon-Synth-Auflistung gehört, zumindest wenn es um essenzielle Alben und Projekte geht. Politische Verwirrung hin oder her.

(SM)

4. Thangorodrim – Taur-nu-Fuin

THANGORODRIM, ein Projekt aus dem Bereich des Old-School Dungeon Synth, verbinden minimalistische Perkussion, sphärische, reduzierte Keyboards, die Mythologie von J.R.R. Tolkien und die Ästhetik des Black Metals zu einer unverwechselbaren Mélange. Das Projekt aus Arizona, von vielen schlicht “The King Of Dungeon Synth” genannt, veröffentlichte im Jahr 2016 ihr bisher atmosphärisch dichtestes Album “Taur-nu-Fuin”, welches nun ein Jahr später in einem neuen Mixing über Deivlforst Rec auf Vinyl vertrieben wurde. “Taur-nu-Fuin” ist reduziert und dabei überraschend melancholisch und dicht. THANGORODRIM haben, trotz der zahlreichen Querbezüge und Anleihen, einen eigenen Sound, eine eigene Atmosphäre, welche zum Schwelgen und Träumen einlädt. Im August 2017 wird der Nachfolger von “Taur-nu-Fuin”, “Gil​-​Estel” erscheinen.

(SW)

5. Anubis – Cradle Of Civilization

Düstere Verliese gab es nicht nur im Mittelalter, sondern auch im alten Ägypten. Deswegen verwundert es nicht, dass es mit ANUBIS nun auch eine Band gibt, die sich der alten Zivilisation an den Ufern des Nil widmet. Dahinter stecken zwei französische Musiker, die sich mit BALROG und ELIXIR eigentlich schon in die Heerscharen der von J.R.R. Tolkien inspirierten Dungeon-Synth-Projekte eingereiht hatten. Diese bisher wenig genutzte thematische Ausrichtung bescherte ANUBIS nicht nur neugierige Aufmerksamkeit, sondern auch völlig neue musikalische Möglichkeiten. Melodien, die man sonst nur aus Soundtracks zu Filmen kennt, die im Orient spielen, treffen auf melancholische Synthesizer-Klänge und bringen Farbe in die zwielichtige Welt des Dungeon Synth.

(MT)

6. Lord Lovidicus – The Forges Fire (EP)

Bei LORD LOVIDICUS steht, zumindest bei Erscheinen der gegenständlichen EP, einzig die Atmosphäre des Projekts im Vordergrund, die spielerischen Fähigkeiten sind zweitrangig. Mit einem Cover von “The Crying Orc” zeigt das Projekt sogleich, wo die musikalischen Wurzeln zu verorten sind. LORD LOVIDICUS treten dabei obskur, verschroben und rätselhaft auf, ein echtes Frühwerk eben. Heute ist das Projekt von Ryan Edward Lonardo musikalisch und inhaltlich deutlich gereift und emanzipiert sich von seinen primitiven Wurzeln. Dennoch möchte ich die wirklich einzigartig primitive und im Old-School-Dungeon-Synth verwurzelte EP “The Forges Fire” keinesfalls missen. Denn hinter Lo-fi-Keyboard-Klängen verbergen sich viele interessante, melancholische und epische Momente, welche, mal wieder, den perfekten Soundtrack zum Genuss von Tolkiens Werk bietet. Das ist die ursprüngliche LOTR-Stimmung, vor Hollywood, RTL und Playstation.

(SW)

7. WONGRAVEN – “Fjelltronen”

„Fjelltronen“ entstand 1995 und ist das Werk von SATYRICON-Frontmann Satyr Wongraven. Das Material des Albums stammt aus den frühen 1990er-Jahren, also aus einer Zeit, als SATYRICON gerade ihr Debüt „Dark Medieval Times“ auf den Weg brachten.

Die Parallelen zwischen beiden Alben sind dann auch gar nicht so gering: Herr Wongraven lebt seine Faszination für mittelalterliche Atmosphäre und den kalten, nordischen Winter einfach mit zwei unterschiedlichen musikalischen Stilmitteln aus – beide jedoch unter Beteiligung eines markanten Synthesizers als Stimmungsmacher. „Fjelltronen“ greift dabei allerdings auch vermehrt folkloristische Elemente auf und setzt auf akustische Einlagen – natürlich unter Verzicht auf typische Metal-Elemente und elektrische Gitarren.

Hörenswert ist insbesonderes der epische, viertelstündige Opener „Det Var En Gang Et Menneske“, der mit seinem wunderbaren Walzertakt, dem choralen Gesang und den hörspielgleichen Soundeffekten das Bild einer einsamen Burg (mitsamt dazugehörigem Hofleben) in der rauen, norwegischen Landschaft stimmungsvoll zeichnet. Den zweiten Titel des Albums, das dramatische „Over Ødemark“, steuerte schließlich EMPEROR-Mastermind Ihsahn himself bei, der auch ansonsten an der Tasten-Instrumentierung von „Fjelltronen“ beteiligt war. Überdies ist der vielfältige und urtümliche Percussion-Einsatz bemerkenswert, insbesondere in dem Titel „Tiden Er En Stenlagt Grav“.

Dass „Fjelltronen“ das einzige Album dieses Synth-Projekts von Satyr blieb, ist überaus bedauerlich – macht WONGRAVENs Release aber auch zu einem ganz besonderen Kleinod: Pflichtstoff, egal ob für Anhänger von Dungeon Synth oder norwegischem Black Metal.

(SL)

8. GALDUR – “Born By Stars And Moon”

GALDUR ist ein Dungeon Synth-Projekt aus der Ukraine – und wie so häufig in diesem Genre ist auch in diesem Fall das Projekt in der Hand einer einzigen Person: Alles spielt sich unter dem Pseudonym Severoth ab.

Das Projekt setzt auf eine eher bombastisch ausgelegte Version der Synthesizer-Musik, das erste Album „Born By Stars And Moon“ hält in seinen sechs Songs einige wirklich epische Highlights parat. Der Opener und Titeltrack „Born By Stars And Moon“ ist eine getragene, verträumte Komposition, die nicht selten an SUMMONING erinnert, „Great Halls Of Khazad-dum“ erweckt die Zwergenstadt im Nebelgebirge eindrucksvoll und gleichzeitig beklemmend zum Leben und „Grey Wanderer“ könnte mit seiner leicht verschrobenen Art auch das Intro zu einem ARCTURUS-Song sein. Abwechslungsreich ist das Repertoire des Herren Severoth allemal.

Die remasterten CD-Aufnahmen der 2016er-Neuauflage klingen dabei satt und die eingesetzten Percussions dennoch angenehm zurückhaltend: Wer seinen Dungeon Synth also nicht allzu minimalistisch mag, der wird hier fündig. Wer es hingegen etwas puristischer bevorzugt, der greift zur 2013er-Tape Edition. So oder so: GALDUR anzutesten lohnt sich.

(SL)

9. Lunar Womb – “The Sleeping Green” (Demo)

Und noch ein (Black-)Metal-Musiker in diesem Special: LUNAR WOMB heißt das Dungeon-Synth-Projekt von Henri „Trollhorn“ Sorvali, seines Zeichens Bandkopf von MOONSORROW und Keyboarder bei FINNTROLL. Während er sich bei seinen Metalprojekten dem Folk Metal mit mal mehr, mal weniger Black-Metal-Elementen widmet, hat er seinem schöpferischen Talent von 1995 bis 1999 auch in diesem Subgenre freien Lauf gelassen. Bestes Ergebnis ist die Demo „The Sleeping Green“ von 1999, auf dem Sorvalis Vorliebe für naturverbundenen Folk zwar durchaus zu hören ist, das aber ob seiner majestätischen Gedankenverlorenheit, seiner phantastischen Stimmung und düsteren Einsprengsel relativ eindeutig in den Dungeon-Synth-Bereich einzuordnen ist.

Während der Opener „The Sleeping“ noch relativ folkig daherkommt und so auch als Intro/Outro/Zwischenstück eines MOONSORROW-Albums fungieren könnte, erinnert „The Awakening“ atmosphärisch schon deutlich eher an ein Verließ aus Mittelerde. „Through Ages“ nimmt den Hörer mit durch eine Landschaft voller lebendiger Wälder und fließender Bächlein, bevor gegen Mitte der Komposition die Sonne untergeht und das Stück den Hörer in eine dunkle Kapelle mit Mönchschorälen, Skeletten in den Verließen und seltsamen, okkulten Malereien an den Wänden entführt. Doch noch ist nicht alle Hoffnung verloren: Im letzten Drittel werden die Choräle heller, die Akustikgitarre zuversichtlicher, die Melodien majestätischer.

Gegen Ende geht es wieder ein Stückchen fort von der reinen Dungeon-Synth-Leere: Im abschließenden „Vaipuminen“ kommen Gesänge zum Klangbild hinzu, die weder choral sind und sogar mehr Text als „oooooh“ produzieren. Generell wirkt „Vaipuminen“ etwas zu heiter, um als Dungeon-Synth-Stück durchzugehen. Wie gesagt: „The Sleeping Green“ ist eben deutlich vom Folk beeinflusst, auch ein Henri Sorvali kann schließlich nicht aus seiner Haut. Aber als Beispiel, wie gut Folk und Dungeon Synth miteinander harmonieren, darf, nein, muss die LUNAR WOMB-Demo herhalten.

(SM)

10. Uruk-Hai

Alex Wieser a.k.a. Hugin sollte an dieser Stelle zumindest kurz erwähnt werden. Denn während andere Musiker der Dungeon-Synth-Szene erst vor einigen Jahren oder gar Monaten Spaß an dieser Musik gefunden haben und 2020 wahrscheinlich ganz was anderes machen werden, zieht der Österreicher seit gut fünfzehn Jahren sein Ding durch und bringt fast jedes Jahr ein neues Album, aber manchmal auch vier davon heraus. Deswegen ist natürlich nicht nur oberklassiges Material dabei und manche Ausflüge in Richtung Grufti-Musik oder Film-Soundtracks sind wahrscheinlich nicht jedermanns Geschmack, aber vor neueren Projekten muss sich URUK-HAI nicht verstecken. Wer reinhören möchte, tut dies am besten mit der „Lost Songs From Middle Earth“ aus dem Jahr 2008 und fragt sich nebenbei, wann und warum sich die Genrebezeichnung von Dark Ambient zu Dungeon Synth geändert hat. Tempus fugit.

(MT)

Quelle: metal.de-Redaktion
13.09.2017

Stellv. Chefredakteur

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