Fantasy Filmfest Nights 2025
Erfahrungsbericht und Reviews

Special

Das Fantasy Filmfest steht seit mehreren Jahrzehnten für spannende und vor allem vielseitige Thriller-, Horror- und Sci-Fi-Filme. Dass das Fantasy Filmfest und Metal(.de) eine großartige Kombination sind, zeigte sich in den vergangenen Jahren schon mehrfach, zuletzt mit dem Film „Skunk“, bei dem AMENRA nicht nur Musik beisteuerten, sondern Fronter Colin H. van Eeckhout direkt als Schauspieler hergaben.

Dieses Jahr sind wir für 4 der insgesamt 18 Filme für die Fantasy Filmfest Nights 2025 im Hamburger Savoy vor Ort – beziehungsweise mit privatem Streaming-Link zu Hause auf der Couch. Wie die Stimmung vor Ort war, könnt ihr mit Untermalung des Songs „Kessen Ha Jusannichi No Kinyobi“ aus dem bei den Fantasy Filmfest Nights präsentierten Film über die Horror-Punkband „The Gesuidouz“ hier sehen:

Einzelne Berichte zu den Filmen, die wir gesehen haben, gibt es auch – natürlich spoilerfrei.

Freitag, 16.05.: „Locked“
Samstag, 17.05.: „A Whale“
Samstag, 17.05.: „Noise“
Sonntag, 18.05.: „The Weekend“
Fazit

16.05.2025: „Locked“

Darum geht’s: Als Eddie (Bill Skarsgård) versucht, das falsche Auto zu stehlen, beginnt ein Martyrium sondergleichen. Ausgeliefert und tagelang eingesperrt ohne Wasser und Nahrung muss er auf engstem Raum begreifen, was sein teuflischer Kontrahent (Anthony Hopkins) mit ihm im Schilde führt. Immer wieder lässt sich dieser neue Perversitäten einfallen, wie er sein Opfer in dem sicht- und schallisolierten und mit allen technischen Schikanen ausgerüsteten SUV quälen kann.

Spannung trifft auf Klaustrophobie

Mit „Locked“, einem Remake des Films „4×4„, zeigen die Fantasy Filmfest Nights einen Thriller, von dem Genre- (und Auto-)Fans nur träumen können. In englischer Originalsprache, mit hochkarätiger Besetzung und einem spannenden Plot sind alle Weichen gestellt. Anfangs ist die Kameraführung zwar noch etwas wackelig und kann mit einer sich drehenden Vogelperspektive schwache Mägen schon einmal zum Kribbeln bringen, stabilisiert sich aber, sobald Eddie nach relativ kurzer Zeit die schlechte Entscheidung trifft, in einen SUV der Marke Dolus (lat. „Trick“) einzubrechen.

Von hier aus spielt der Film fast komplett in der erdrückenden Enge des Autos, das für einige Überraschungen gut ist. Auch Zuschauer:innen fühlen die Klaustrophobie und verbringen die Zeit allein mit Eddie und der Stimme seines Peinigers im SUV. Dadurch wird „Locked“ fast komplett von der Mimik und Schauspielkunst Bill Skarsgårds getragen. Eine Aufgabe, der der Schauspieler definitiv gewachsen ist. Zusammen mit der starken Schauspielleistung sorgen Perspektiv- und Einstellungswechsel dafür, dass der Film, der fast ausschließlich in dem Auto spielt, trotzdem genug Abwechslung zu bieten hat, um nicht langweilig zu werden.

Außerdem lässt das Set Up genügend Raum dafür, tiefere Gespräche zwischen Eddie und seinem von Anthony Hopkins gespielten Gegner über die Vereinbarkeit von Moral und Verantwortung und die Gegensätze zwischen Arm und Reich zuzulassen. Nach einem harten Ritt durch alle Stadien der Verzweiflung rast der Film auf einen actiongeladenen Höhepunkt zu. „Locked“ ist ein kurzweiliger Thriller mit einer beeindruckenden Leistung von Schauspieler Bill Skarsgård. Ein offizieller deutscher Kinostart ist bisher nicht angekündigt, aber eine deutsche Synchronisation wird ab dem 1. August 2025 auf Blu-ray erhältlich sein.

17.05.2025: „A Whale“

Darum geht’s: Ein übernatürliches Wesen verleiht Auftragsmörderin Ingrid übermenschliche Fähigkeiten. Regelmäßig sucht das monströse Ungetüm Ingrid auf; versetzt sie manchmal wie im Traum in eine andere Welt und lässt eine weißlich-glitschige Substanz aus ihrer Stirn strömen, die Ingrid wie einen Schatz in einer Truhe verwahrt. Als wäre sie unsichtbar, erledigt die totenblasse junge Frau ihre Jobs eiskalt und hinterlässt keine Spuren. Doch im doppelten Spiel zwischen zwei Auftraggebern scheint sie sich zu verfangen. 

Ein spannendes Konzept voller Atmosphäre

Am Samstagmorgen um 12 Uhr ist das Savoy noch etwas spärlicher gefüllt und die Festivalgäste sitzen gemütlich mit Kaffee in der Lounge – die perfekten Rahmenbedingungen für den ruhigen, atmosphärischen Film „A Whale“ („Una Ballena“), der im spanischen Original mit englischen Untertiteln läuft. Bevor der eigentliche Film losgeht, gibt es einen kurzen Clip des Regisseurs Pablo Hernando, der den Film nicht nur kurz einleitet, sondern die Zuschauer:innen auch um Geduld für seinen Film bittet. Und dies zurecht – obwohl der Film einer klaren Handlung folgt, ist die Erzählweise eine einzigartige Mischung aus visuellen und klanglichen Eindrücken.

Geduld braucht man zwar für den Film, der eine Mischung aus Killer-Noir und Sci-Fi-Fantasy ist, doch „A Whale“ spricht durchaus für sich selbst. Das geschieht nicht so sehr im wörtlichen Sinne mit Dialogen, sondern vor allem durch spannende Klanglandschaften und Kameraeinstellungen. Auftragsmörderin Ingrid steht zwischen zwei Auftraggebern, die jeweils die Kontrolle über den Hafen an sich reißen wollen. Durch ihre übernatürlichen Fähigkeiten ist sie für beide die perfekte Kandidatin für den Job. Die Herkunft ihrer Fähigkeiten wird zwar in Ansätzen gezeigt, bleibt in seinen Details genau wie viele andere Elemente des Films aber auch für Interpretationen offen.

„A Whale“ schwappt in vielen kleinen Wellen über die Zuschauer:innen hinweg und fesselt trotz seiner ruhigen Atmosphäre von Anfang bis Ende. Für Fans von „Moby Dick“ und maritimer Folklore sind viele Hinweise und Anspielungen im Film versteckt, aber auch alle anderen Fans werden von dem steten Sog des Films sicher mitgerissen. Bisher ist keine deutsche Übersetzung des Films angekündigt, aber da der Film mehr in Bildern als mit Worten spricht, ist die Originalversion mit englischen Untertiteln für Interessenten trotzdem sehr empfehlenswert. Eine kunstvolle Überraschung für alle, die sich darauf einlassen wollen.

17.05.2025: „Noise“

Darum geht’s: Ju-Hee hört seltsame Geräusche in ihrer Wohnung. Überhaupt scheint die ganze Nachbarschaft sehr lärmempfindlich zu sein. Als die junge Frau dann spurlos verschwindet, stellt ihre hörgeschädigte Schwester Nachforschungen an. Mit ihrem neuartigen Hörgerät beginnt auch diese bald Laute wahrzunehmen, die nicht für ihre Ohren bestimmt sind.

Hörst du es auch?

Mit „Noise“ präsentieren die Fantasy Filmfest Nights einen klassischen koreanischen Horrorfilm. Nachdem es aus dem asiatischen Raum bereits Horrorfilme über Augen-Operationen und Haarverlängerungen gibt, zu denen aber kein inhaltlicher Zusammenhang besteht, folgt „Noise“ der Protagonistin Ju-young, die mit einer Hörschädigung lebt. Nachdem ihre Schwester über komische Geräusche in ihrer Wohnung klagt und schließlich spurlos verschwindet, zieht Ju-young in die Wohnung ihrer Schwester, um den Geräuschen auf den Grund zu gehen und ihre Schwester wiederzufinden.

Dabei hören Ju-young und die Zuschauer:innen zusammen im Wechsel die Geräusche, die schon ihre Schwester vor ihr gehört hat, und völlige Stille, wenn Ju-young ihre Hörgeräte ausschaltet. Obwohl die Idee spannend klingt und vor allem im Kino wohl noch auf bestmögliche Art zur Geltung kommt, schöpft der Film das Potenzial des Konzepts aber nicht völlig aus. Sowohl die Intensität und Richtung der Geräusche als auch die Spannung in den Teilen mit völliger Stille hätten noch mehr betont und in den Vordergrund gerückt werden können.

Da der Fokus des Films auf den auditiven Elementen liegt, lauern entsprechend weniger visuelle Überraschungen, die in Kombination mit der klanglichen Ausgestaltung den Scare-Faktor von „Noise“ sicherlich noch weiter erhöht hätten. Obwohl der Film sein Potenzial nicht völlig ausgeschöpft hat, ist „Noise“ ein solider, klassischer Horrorfilm der ohne große Tops oder Flops abliefert. Bei den Fantasy Filmfest Nights war der Film im koreanischen Original mit englischen Untertiteln zu sehen. Eine deutsche Übersetzung ist zwar bisher noch nicht angekündigt, das könnte sich aber noch ändern, der Film hat international nämlich bereits einige Aufmerksamkeit erregt.

18.05.: „The Weekend“

Darum geht’s: Dieses Wochenende werden Narben entstehen – nicht nur körperliche. Schon vor Jahren hat Luc seiner Familie samt deren bizarren Traditionen den Rücken gekehrt. Seine als Waise aufgewachsene Verlobte Nikiya besteht nun aber darauf, ihre zukünftigen Schwiegereltern kennenzulernen. Also macht sich das Paar auf den Weg. Kaum angekommen, passieren exakt die unaussprechlichen Dinge, die Luc unbedingt hinter sich lassen wollte…

Wie im falschen Film

Für den nigerianischen Horrorthriller „The Weekend“ war im Savoy zwar kein Platz mehr frei, dafür gab es aber einen privaten Streaming-Link für zu Hause im englischen Original. Der Film verspricht viel Spannung und wird von den Fantasy Filmfest Nights als „twisted“, „bloody“ und „hardcore“ gekennzeichnet, dementsprechend sind die Erwartungen hoch und die Vorhänge zugezogen. Leider kann „The Weekend“ aber nicht halten, was es verspricht. Das beginnt schon mit der sehr durchwachsenen Qualität des Tons und der Kameraführung. Dabei waren der heimische Bildschirm und das nicht-existente Sound-System zwar sicher nicht hilfreich, der alleinige Verursacher des szenenweise sehr verwaschenen Sounds können sie aber auch nicht sein.

Auch die Story ist nicht so blutig und actiongeladen wie erhofft. Nach etwas über zehn Minuten ist die Handlung ohne Mühe komplett prognostizierbar und trotzdem dauert es fast die kompletten zwei Stunden des Films, bis überhaupt ein wenig Action den Bildschirm erreicht. Den Großteil des Films verbringen die Zuschauer:innen mit den zugegeben unterhaltsamen, aber bis zur extremen Unglaubwürdigkeit übertriebenen Familienmitgliedern des Protagonisten Luc und dem im Vergleich faden und charakterlosen Paar – als die Action dann endlich losgeht, passiert die Gewalt bis auf einige Blutspritzer ausschließlich außerhalb des sichtbaren Bildschirms.

„The Weekend“ bekommt zwar ein paar kleine Trostpunkte für unterhaltsame Charaktere und interessante kulturelle Repräsentation, den versprochenen blutigen Psychothriller liefert es aber nicht ab. Als aus unserer Auswahl längster Film wird hier außerdem der wenigste Inhalt geboten und mehr als eine handvoll Szenen und Dialoge hätten sicherlich gekürzt werden können. So enden die Fantasy Filmfest Nights für uns leider nicht mit einem Bang, aber alle Fans im Kino könnten mehr Glück gehabt haben, hier war der nigerianische Film nämlich erst der Auftakt des letzten Festivaltags.

Fazit

Insgesamt waren die Fantasy Filmfest Nights ein voller Erfolg. Das Publikum vor Ort ist ein sehr angenehmer Mix aus Metalheads und Nerds, die Cocktails im Savoy schmecken gut und jeder Film wird persönlich mit einigen Sätzen anmoderiert. Auch die Zusammenstellung der Filmauswahl bietet mit dem besten aus verschiedenen Ländern und Genres einige Highlights. Vielversprechende Filme wie „The Gesuidouz“ über eine Misfit-Punkband mit Horror-Leidenschaft auf der Suche nach der ultimativen Punk-Hymne oder der trashige Slasher „Clown In A Cornfield“ mussten leider zugunsten des ABORTED-Konzerts desselben Tages weichen, hätten aber sicherlich auch viel Spaß gemacht.

Die unterschiedlichen Formate des Fantasy Filmfests lohnen sich für alle Genre-Fans – entweder in ihrer Gesamtheit oder natürlich für einzelne Filme, die in diesem Rahmen in Deutschland gezeigt werden und die hier vielleicht nicht wieder im Kino zu sehen sein werden. Mit ihrem Wochenendprogramm waren die Fantasy Filmfest Nights „nur“ der Vorgeschmack aufs große Fantasy Filmfest, das im Herbst in sieben Städten erlebbar sein wird. Tickets für die Festivalpässe inklusive T-Shirt sind bereits verfügbar, Einzeltickets werden demnächst erhältlich sein. Los geht’s, es lohnt sich!

Berlin: 03. – 10.09.2025
Hamburg: 03. – 10.09.2025
München: 10. – 17.09.2025
Nürnberg: 10. – 17.09.2025
Stuttgart: 10. – 17.09.2025
Frankfurt: 17. – 24.09.2025
Köln: 17. – 24.09.2025

24.05.2025

"Es ist gut, aber es gefällt mir nicht." - Johann Wolfgang von Goethe

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