Metallica
Kill 'em All Deluxe Edition

Special

Metallica

Man kann es drehen und wenden, wie man will. METALLICA haben den Weg für den Thrash Metal mit ihrem Debütalbum „Kill ‚em All“ beinahe im Alleingang geebnet. Beinahe, denn Bands wie RAVEN und EXCITER mit ihrem schnell gespielten Heavy Metal, einer ausreichenden Portion Chaos und bereits veröffentlichten Alben müssen ebenso als Wegbereiter des Thrash angesehen werden. Um diese Jungs geht es heute aber nicht.

Universal Music haben sich „Kill ‚em All“ angenommen und dem METALLICA-Debüt ein Boxset kredenzt, das den Beinamen ‚Deluxe‘ auch definitiv verdient hat. Drei LPs, fünf CDs, eine DVD, ein 72 Seiten starkes Hardcoverbuch und ein Patch stehen hier, eingepackt in eine solide Kartonbox, zu Buche. Dass das Ganze mit circa 190 Euro nicht billig ist, kann ich schon einmal verraten. Also, speziell Sammler dürfen jetzt gerne die Ohren spitzen und sich die auf 30.000 Einheiten limitierte Box auf den Einkaufszettel schreiben. In dem Kontext sei noch darauf hingewiesen, dass auch das “Ride The Lightning”-Album mit einer ähnlichen Box geehrt wird.

Das legendäre Debüt – Kill ‚em All

Was macht das Debütalbum von METALLICA eigentlich so legendär? Bands, die schnell und hart spielen gibt es 1983 natürlich längst. Ebenso, wie Gruppen, die sich über ihr Image definieren (u.a. VENOM) und ein bedrohliches Element in den typischen Metal-Sound brachten. Das Image von METALLICA war, dass sie keines hatten. Sie waren also auch nie in irgendeiner Form ‚gefährlich‘ – von den beängstigend energiegeladenen Shows in ihrer Anfangsphase vielleicht einmal abgesehen. Eben jene Energie ist es, die METALLICA auf das Aufnahmeband bannen. Neun Songs – neun Hits, sowie das Instrumental „(Anesthesia) – Pulling Teeth“, mit dem ich bis heute nicht warm werde. James Hetfields Gesang ist schön aggressiv, die Gitarristen zaubern sich ein NWoBHM-Gedächtnisriff (im Fall von “Seek & Destroy” klauen die Herren Hetfield und Ulrich sogar ziemlich dreist) nach dem anderen aus dem Ärme,l und auch die Rhythmusgruppe Ulrich/Burton rockt das Album mehr als amtlich. Vom reinen Thrash-Metal sind METALLICA auf ihrem ersten Album noch ein gutes Stück entfernt. Viel eher hört sich die Musik des Kleeblatts wie NWoBHM auf Speed an, was natürlich an den musikalischen Vorlieben von speziell Lars Ulrich gelegen hat. Trotzdem ist es die unfassbare Energie, die „Kill ‚em All“ beinhaltet, kombiniert mit einer jugendlichen Unbekümmertheit und einer Portion Scheißegal-Attitüde, die den Reiz des Debüts ausmachen. Das LP-Motto „Bang That Head That Doesn’t Bang“ trifft voll ins Schwarze. Man kann sich dem Charme der Platte auch heute noch nur schwer entziehen.

In der vorliegenden „Kill ‚em All – Deluxe Edition“ ist das Album als 180-Gramm-Vinyl und CD-Digipak enthalten. Verändert wurde dabei, verglichen mit den bereits bekannten Versionen, äußerlich nichts. Will sagen, Layout und Booklet sind identisch. Dass das Album hier in remasterter Form enthalten ist, dürfte klar sein.

Die Beilagen

Auch die Doppel-Live-LP „Live At The Espace Balard“ kommt als 180-Gramm-Vinyl (inkl. Download-Code) daher und enthält einen Gig aus dem Jahr 1984, der in Paris aufgenommen wurde. Neben dem komplett gespielten „Kill ‚em All“-Album kommt der geneigte Fan zudem in den Genuss, eine frühe Version von „Ride The Lightning“ zu hören. Die Qualität des Albums ist gutes Bootleg-Niveau. Gleiches gilt übrigens auch für die zwei Live-CDs, die ebenfalls von guter bis durchschnittlicher Bootleg-Qualität sind. Die Tracklist aller Tonträger ähnelt sich dabei natürlich stark. Hier und dort spielen METALLICA zusätzlich zum Debüt auch noch „Fight Fire With Fire“ und „Ride The Lightning“ als Vorgeschmack auf das zweite Album. Auch „The Call Of Ktulu“ ist auf einer der CDs unter seinem ursprünglichen Namen „When Hell Freezes Over“ zu finden. Hier muss natürlich jeder Fan selbst entscheiden, ob er die ganzen Konzertmitschnitte wirklich braucht. In dieser Box machen die CDs natürlich dennoch Sinn, da sie gut widerspiegeln, was für eine hungrige Band METALLICA zu Beginn ihrer Karriere waren.

Als viel interessanter dürfte sich, neben der Interview-CD, hier „Kill ‚em All Rough Mixes From Lars‘ Vault“ entpuppen. Zwar sind auch die hier vertretenden Stücke allesamt bekannt. Man kann jedoch gut die Entwicklung nachvollziehen, die die Songs bis hin zu ihren endgültigen Versionen genommen haben. Über die „Jump In The Fire“-Single hingegen brauchen wir an dieser Stelle nicht viele Worte verlieren. In der „Kill ‚em All – Deluxe Edition“ kommt die Single als Picture-Disc (180-Gramm-Vinyl). Sieht sehr cool aus und macht sicherlich auch an der Wand einen guten Eindruck. Weniger gut gelungen ist da eher der beiliegende Patch mit rotem Logo auf schwarzem Grund und rotem Rand. Klar soll das nostalgisch wirken (hoffe ich zumindest), irgendwie sieht’s aber doch kacke aus. Das Attribut ‚kacke‘ kann man auch in Bezug auf die in der Box enthaltene DVD verwenden. Zehn Songs (inklusive Gitarrensolo), die qualitativ sehr unterschiedlich sind. Die ersten drei Stücke müssen ohne Tonspur auskommen, was auf der einen Seite ziemlich ärgerlich, andererseits auch unfreiwillig komisch ist. Hinzu kommt, dass die Bildqualität sich erst ab etwa der Hälfte des Sets bessert. Dann allerdings steht einem fröhlichen Herumbangen im Wohnzimmer nichts mehr im Wege.

Habe ich noch etwas vergessen? Ach ja, das 72 Seiten starke Buch. Das macht auf jeden Fall was her, da es – wie oben erwähnt – ein Hardcover im LP-Format ist, das viele seltene Fotos und einige witzige Stories von Weggefährten wie Jon Zazula oder Roadie David Marrs enthält. Auch Cliff Burtons Vater konnte für ein Statement gewonnen werden. Mit dem Buch geht man ein Stück weit in der Zeit zurück, was beim Schmökern ein schöner Effekt ist, wenn die Platte nebenbei läuft. Runde Sache das.

Fazit

Ich bin bezüglich der „Kill ‚em All – Deluxe Box“ ein klein wenig zwiegespalten. Auf der einen Seite bekommt man wirklich viel Stoff für sein Geld geboten und das Gros der enthaltenen Musik geht qualitativ auch in Ordnung. Berücksichtigt man hierbei noch, dass die Band vermutlich nicht damit gerechnet hat, die ganzen Mitschnitte irgendwann einmal zu veröffentlichen, geht die Box erhobenen Hauptes über die Zielgerade. Andererseits sind 190 Euro eine Stange Geld, bei der jeder selbst überlegen muss, ob er so viel Kohle auf den Ladentisch legen möchte. Man darf definitiv keine High-End-Produktionen erwarten. Dann wird man durchaus glücklich mit der Box und vom reinen Nostalgiefaktor muss ich hier natürlich eine Kaufempfehlung aussprechen.

18.05.2016
Exit mobile version