Turn Back Time To 1997
Folge 3: HIM - Greatest Lovesongs Vol. 666

Special

Und wieder geht es zurück ins Jahr 1997 – das Jahr, in dem so einige Alben auf den Markt kamen, die uns nachhaltig in Erinnerung geblieben sind.

Das für diese Ausgabe von „Turn Back Time To 1997“ gewählte Album hat einen direkten Bezug zum Hier und Heute: Ende 2017 gehen die finnischen Pop-Gothic-Virtuosen HIM in den wohlverdienten Ruhestand und feiern dies mit einer letzten Tournee. Dabei wird die Band ganz sicher einen Blick zurück werfen auf das Album, mit dem der ganze Zauber um dieses Phänomen seinen Anfang nahm: „Greatest Lovesongs Vol. 666“. Dieses Werk wirft einen ersten Schatten auf das, was da noch kommt: „Razorblade Romance“, der kommerzielle Riesenerfolg für etwas, das man durchaus als Gothic Pop bezeichnen kann. Hierfür legt „Greatest Lovesongs Vol. 666“ quasi den Grundstein und enthält Songs, die sich in das Bewusstsein der Generation gesetzt haben, die in den 1990er-Jahren Metal hörten und die den Weg auf so einige Metal-Parties gefunden haben: „Wicked Game, „When Love And Death Embrace“, „Your Sweet 666“.

HIM – „Greatest Lovesongs Vol. 666“ – die Fakten

Line-Up:

Gesang: Ville Valo
Gitarre: Mikko Lindström
Bass: Mikko Paananen
Schlagzeug: Juhana Rantala
Keyboard: Antto Melasniemi

Label:

GUN Records

Veröffentlichung:

20. November 1997 (Finnland), Januar 1998 (Deutschland)

Tracklist:

01. Your Sweet Six Six Six
02. Wicked Game
03. The Heartless
04. Our Diabolical Rapture
05. It’s All Tears (Drown in This Love)
06. When Love and Death Embrace
07. The Beginning of the End
08. (Don’t Fear) The Reaper
09. For You

Spielzeit:

66:06 Minuten (natürlich…)

Am 03. November 1997 erblickt das Debütalbum der Finnen HIM das Licht der Welt. Was die Band auszeichnet: Ein eingängiger Stil zwischen Dark Rock und Gothic, ein charismatischer Frontmann und ein feines Gespür für die richtige Stimmung zur richtigen Zeit. Denn genau der richtige Zeitpunkt ist Ende der 1990er-Jahre gekommen für diese Art von Musik – und das im großen Maßstab. Zwar setzen HIM „nur“ 140.000 Einheiten von „Greatest Lovesongs Vol. 666“ hierzulande ab, aber das mit einem Debütalbum, das zugegebenermaßen noch ein wenig unausgereift daherkommt – und keinen Vergleich zu den teilweise sehr glattgebügelten späteren Alben darstellt. Dabei ist das grundlegende Geheimnis der Band schnell verraten: Killer-Ohrwurmtracks und die markante Art von Charmebolzen und Frauenschwarm Ville Valo.

„Wicked Game“

Schon die erste Singleauskopplung, die mit dem Deutschlandrelease des Albums Anfang 1998 auf den Markt kam, hat es in sich: „Wicked Game“.

Im Original von 1980er-Beau Chris Isaak dürfte denjenigen, die Ende der achtziger Jahre ihre Pubertät durchlebten, insbesondere das schwülstig-erotische Video mit Model Helena Christensen im Gedächtnis geblieben sein – ein Video wie geschaffen für die MTV-Verwertungsmaschine.

Fakt am Rande: Die erste Fassung des Videos wurde von David Lynch mit Szenen seines Films „Wild At Heart“ gedreht, der so auch in dem Film Verwendung findet – was dem Ganzen noch eine deutlich morbidere und düstere Stimmung verleiht und einen ordentlichen Schlag JOHNNY CASH atmet.

Aber wir schweifen ab. „Greatest Lovesongs Vol. 666“ ist insgesamt eine recht abwechslungsreiche Mischung aus selbstkomponierten Titeln und klug ausgewählten Coverversionen. Dabei hat man sich neben „Wicked Game“ auch den Klassiker „(Don’t Fear) The Reaper“ von BLUE ÖYSTER CULT vorgenommen. Die übrigen Titel des Albums wie „Our Diabolikal Rapture“ wirken hingegen noch kantig (im Rahmen des dargebotenen Stils, versteht sich), einfach strukturiert („For You“) oder sind charmant-unausgegoren, wie „The Heartless“, das zwar ein paar harte Riffs aufs Parkett bringt, dem aber dann doch der letzte Schliff fehlt.

Aber: Die Idee hinter dem Ganzen ist erkennbar, HIM klingen frisch, und die Musik scheint geeignet sowohl für den Party-Betrieb, als auch für das romantische Candlelight-Dinner.

Trendsetter HIM

Damit sind HIM Wegbereiter und Trendsetter für einen veränderten Stil von Bands wie THE 69 EYES, die zu diversen Anlässen direkte Unterstützung von Ville Valo erfahren (so auf „Wasting The Dawn“) oder THE RASMUS, die ebenfalls auf den Zug des eingängigen Dark Rocks aufspringen. Und der allgemeine Trend, im Fahrwasser von PARADISE LOST („One Second“) und TYPE O NEGATIVE („October Rust“) Gothic und Metal zusammen zu bringen, ist ebenso ungebrochen.
Dass HIM gerade in der Metal-Szene vielen Anfeindungen ausgesetzt waren, liegt sicherlich auch im markanten Auftreten und Design der Band: Viel Rosa, Texte über Liebe und Vergänglichkeit und dazu ein weiches Auftreten von Frontmann Ville Valo, der insbesondere die weibliche Hörerschaft einzunehmen weiß – das scheint für viele harte Kerle geradezu provokativ zu wirken. Hinzu kommt der Vorwurf, einfach nur ein paar Gitarrenriffs hinter Pop-Songs zu legen, um damit der großen Masse ein bisschen Härte vorzuspielen und alles auf Ville Valo als Zugpferd zu fokussieren. Dass hinter der Band jedoch eine homogene Entwicklung der Musiker und einfach ein ausgereiftes Konzept steckt, dass HIM als Band eine stimmige Einheit sind, die in der finnischen Musikszene verwurzelt ist – mit Verbindungen zu APOCALYPTICA – wird vielzu oft unter den Teppich gekehrt – auch wenn man die Musik von HIM natürlich einfach langweilig und kitschig finden kann.

 Und was kam dann?

„Razorblade Romance“. Über 750.000 verkaufte Scheiben, wochenlang auf Platz Eins der deutschen Charts mit „Join Me (In Death)“, einem Song, den man aber auch mit härtesten Mitteln partout nicht mehr aus dem Schädel rausbekommt. Dabei ist das zweite Album von HIM eigentlich eine in wesentlichen Aspekten aufgemotzte Version von „Greatest Lovesongs Vol. 666“ – insbesondere, was die Songauswahl angeht, denn auch „My Sweet 666 “ und „Wicked Game“ finden sich auf dem Album von 1999 wieder.
So einen Erfolg muss eine Band dann auch erstmal verkraften – und HIM gelingt dies immerhin einigermaßen. Das Nachfolgealben „Deep Shadows and Brilliant Highlights“ und „Love Metal“ waren kommerziell erfolgreich, jedoch änderte sich der Bezug zur Metal- oder Gothic-Ausrichtung wiederholt: Mal wurde man schmusiger, um dann wieder eine etwas härtere Gangart zu wählen. Hinzu kamen als Alleinstellungsmerkmale, dass die Band ihren eigenen Stil als „Love Metal“ weiter vermarkten kann und man sich durch die Einführung des „Heartagrams“, der Verbindung von Pentragramm und Herz, ein eigenes Kultobjekt erschaffen hat.
Diverse Drogen- und Alkoholeskapanden von Ville Valo führen schließlich immer wieder zu Spekulationen um ein Ende der Band, um die es nach dem siebten Album „Screamworks: Love In Theory And Practice“ (2010) stiller wird. Im Jahre 2013 erscheint dann „Tears On Tape“ – Arbeiten an einem neuen, neunten Album werden zwar begonnen, jedoch nicht zu Ende gebracht. Als wesentlichen Grund für die Auflösung der Band gibt Ville Valo nun an, dass der letzte Enthusiasmus, die Zündung gefehlt habe – und man dann lieber aufhört, solange alle noch mögen, was sie tun und man sich nicht gegenseitig an die Gurgel geht. Eine sehr vernünftige Einstellung, die sicherlich eine emotionale und unterhaltsame Abschiedstour verspricht.
In diesem Sinne: Macht’s gut, HIM!

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11.08.2017

Iä! Iä! Cthulhu fhtagn!

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