



I PREVAIL markieren mit „Violent Nature“ nicht nur das nächste Kapitel ihrer Diskografie, sondern auch einen Wendepunkt im inneren Gefüge. Der Ausstieg des langjährigen Co-Frontmanns Brian Burkheiser im Frühjahr 2025 stellt das Fundament der Band auf den Prüfstand. Eric Vanlerberghe tritt aus dem Schatten des Duos und übernimmt fortan allein das Mikro. Das Ergebnis: ein Album, das direkter, fokussierter, spürbar schwerer ist.
Kraftvolle, emotionale Wellen
Die zehn Tracks folgen keinem kalkulierten Aufbau. Stattdessen bewegt sich das Album in Wellen – mal aggressiv und roh, mal überraschend verletzlich. Der Opener und Titeltrack reißt sofort die Tür ein: zwei Minuten kompakte Wut, ohne Umwege, ohne Schnörkel. „Into Hell“ dreht die Schraube weiter, schichtet Atmosphäre auf Druck und lässt kaum Raum zum Atmen. Erst mit „Rain“ öffnet sich die Klangwelt. Hier gewinnt die Band an emotionaler Tiefe, kippt jedoch nicht ins Pathos. Schmerz klingt nicht wie Pose, sondern wie Zustand.
Auffällig ist der Sound: Bassist Jon Eberhard übernimmt erstmals die komplette Produktion. Seine Handschrift verleiht dem Album ein geschlossenes Klangbild – deutlich rauer als der Vorgänger „True Power“ und mit mehr Dynamik. Die Mischung aus modernen Metalcore-Elementen, elektronischen Einsprengseln und melodischem Post-Hardcore bleibt bestehen, erscheint allerdings reduzierter, durchdachter und weniger auf den maximalen Effekt ausgelegt.
I PREVAIL bleiben trotz vertrauter Pfade authentisch
Der emotionale Unterbau trägt „Violent Nature“ durchgehend. Die Texte kreisen um Verlust, Umbruch und Selbstbehauptung. An vielen Stellen bricht eine Unruhe durch, gespeist aus innerem Ringen statt aus äußeren Umständen. Die Umstellung auf nur einen Leadsänger wirkt sich nicht negativ aus – im Gegenteil. Vanlerberghe zeigt mehr Facetten, Kontrolle und Präsenz. Natürlich erfinden I PREVAIL das Genre nicht neu. Viele Riffs, Strukturen und Stimmungswechsel entstammen dem eigenen Katalog oder erinnern an Genre-Kollegen. Trotzdem wirkt das Album authentisch und präsentiert den ehrlichen Umgang mit der eigenen Entwicklung. Die Band kaschiert keine Schwächen, sondern arbeitet sie direkt in den Sound ein.
Kein Neuanfang, sondern Ansage
I PREVAIL rücken enger zusammen, schneiden Ballast ab, finden in der Reduktion neue Stärke und setzen ein deutliches Zeichen. Kein einfacher Neustart, sondern ein Statement: Veränderung kann befreien. Dieses Album zeigt, was entsteht, wenn Schmerz auf Mut trifft – laut, ehrlich, intensiv.

I Prevail - Violent Nature
Jeanette Grönecke






























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