Cirith Ungol
Ab in den Mahlstrom

Interview

Wir haben CIRITH UNGOL-Drummer Robert Garven anlässlich der Veröffentlichung des neuen Albums „Dark Parade“ ein paar Fragen durch den Äther geschickt. Der gutgelaunte Schlagzeuger gibt Einblicke ins Songwriting und den Aufnahmeprozess, redet aber auch über die Zukunft der Band. Dummerweise hatten wir unseren Fragenkatalog kurz vor der Ankündigung, dass CIRITH UNGOL ihre Live-Aktivitäten ab Ende 2024 einstellen werden, an Robert geschickt, worauf er aber zum Glück selbst auführlich zu sprechen kommt.

Hi Robert, erstmal Gratulation zur Veröffentlichung eures neuen Albums! „Dark Parade“ bietet auf die bestmögliche Art genau das, was man von CIRITH UNGOL erwartet.

Hi Hans, schön mit dir über „Dark Parade“ sprechen zu können! Unser Ziel war es, mit jedem Album den heaviesten dem Menschen bekannten Metal zu kreieren und ich denke wir sind diesem Ziel nähergekommen. Frei nach dem Motto „A Churning Maelstrom of Metal Chaos Descending“!

„Forever Black“ wurde kurz vor dem Ausbruch der Pandemie veröffentlicht und wie viele andere Bands konntet auch ihr euer letztes Album nicht live promoten. Schlimmer noch, es war ja euer erstes Album seit der Reunion 2016. War es deprimierend für euch, mit eurem Comeback-Album nicht auf Tour gehen zu können oder habt ihr euch einfach gleich ans Schreiben der neuen Platte gemacht?

Es war echt Mist, dass das Album mit dem Ausbruch der weltweiten Pandemie zusammenviel. Es war ein dunkles Album voller böser Vorahnungen, um also Morpheus aus dem Film Matrix zu zitieren: Wie es scheint, kommt das Schicksal nicht ohne einen Sinn für Ironie.

Ihr habt bereits ein paar Shows gespielt, z. B. eine großartige Headliner-Show beim Keep It True hier in Deutschland. Wart ihr froh, auf die Bühne zurückzukehren und endlich die Möglichkeit zu haben, ein paar Songs von „Forever Black“ live zu spielen? Und „Velocity“ von „Dark Parade“ habt ihr ja auch schon gespielt, richtig?

Ja, das Keep It True war wie immer großartig. Allerdings waren wir 2020 für Headliner-Gigs an zwei Abenden auf diesem Festival gebucht, um „Forever Black“ in seiner Gänze zu spielen. So eine Gelegenheit wird es nie wieder geben und das ist meine größte Enttäuschung aus der Pandemie. Glücklicherweise hatten wir die Gelegenheit, „Dark Parade“ komplett auf der ersten Release-Show unserer Geschichte zu spielen, was wir vor ein paar Tagen auch getan haben und es war großartig.

Lass uns über „Dark Parade“ sprechen. Ich liebe es, wie das Album einem quasi direkt ins Gesicht springt und nie wirklich ablässt, dabei aber dennoch sehr abwechslungsreich ist. Es hat eine schöne Mischung aus hochaggressiven, epischen und dunkleren, doomigen Songs. Plant ihr beim Songwriting, welche Art von Stücken ihr auf dem Album haben wollt?

Über die Jahre sind wir das Songwriting immer recht organisch angegangen und wir hatten nie wirklich einen Plan davon, welche Art von Songs wir auf dem Album haben möchten. Manchmal sind wir auf ein Thema für eine Komposition gekommen, so wie bei „Sacrifice“, und folgten diesem beim Schreibprozess.

Dein Schlagzeugspiel ist von ersten bis zum letzten Moment des Albums sehr energetisch und kraftvoll. Ein wenig wie eine unerbittliche Maschine, die den Rest der Band vorwärtstreibt. Wie hältst du dich fit, so dass du das auch für einen ganzen Gig oder sogar eine Tour durchhältst.

Danke, ich kriege nicht viele Komplimente für meinen recht eigenwilligen Drum-Stil. Ich wandere ziemlich viel, aber nichts geht über das Schlagzeugspiel selbst. Ich trage so eine Fitbit Uhr, welche meine Schritte und die zurückgelegte Strecke mitzählt und habe festgestellt, dass sie beim Vergleich mit meinen tatsächlichen Gehstrecken recht genau ist.

Das Gerät hat mitgezählt, dass mein Drumming bei unserer zweistündigen Show im Roxy einer Gehstrecke von 13 Meilen und 28000 Schritten entsprach!

Und zu welchen dunklen Göttern betet Tim Baker, dass er selbst in seinen Sechzigern noch so großartig klingt?

Das ist die ewige Frage!

Am Anfang eurer Karriere war Tims Gesang für viele ein Kritikpunkt, man hat ihn entweder geliebt oder gehasst, heute ist er aber gemeinhin als eines eurer wichtigsten Markenzeichen anerkannt. In meiner Rezension zu „Dark Parade“ habe ich gemutmaßt, dass seine Art zu singen viele spätere Entwicklungen, besonders in extremen Bereichen wie Black Metal, vorweggenommen hat. Würdest du da zustimmen?

Ich widerspreche dir nicht, allerdings sind heutzutage viele Formen des Gesangs im extremen Metal eher ein tiefes Growlen, wobei ich bei Tims Gesang immer eher an eine kreischende Banshee gedacht habe.

Was auf „Dark Parade“ ebenfalls hervorsticht sind erneut die fantastischen Gitarren. Neben all den harten Riffs gibt es auch viele große Leads und Solos auf dem Album, die vom typischen Heavy-Metal-Stil über Progressive Rock bis hinein in den Blues reichen. Bittest du Jim und Greg beim Songwriting manchmal darum, in eine bestimmte Richtung zu gehen oder ist es eher: „Macht worauf ihr Bock habt, Jungs!“

Ja, es gibt einige exzellente Gitarrenparts und Solos auf diesem Album. Manchmal verlangt die Natur eines Songs nach einer bestimmten Art von Solo, aber im Studio bin ich immer der ultimative Cheerleader, der den grade aufnehmenden Gitarristen dazu anfeuert, alle Register zu ziehen.

Der Legende nach war es Jarvis Leatherby, der CIRITH UNGOL 2016 von einer Reunion überzeugt hat und seither ist er quasi Bassist, Manager und Superfan in Personalunion. Ist er manchmal auch sowas wie die stichelnde Stimme in eurem Hinterkopf, die euch zum Aufnehmen neuer Musik und zum touren anstachelt, oder braucht ihr diese Motivation gar nicht?

Ja, er ist all das, doch er gab uns auch den nötigen Freiraum, um an den letzten paar Projekten zu arbeiten und den richtigen CIRITH UNGOL-Sound hinzubekommen. Er hat uns aber nie dazu gedrängt, irgendetwas zu tun und war immer mehr ein unterstützender Partner, der versucht hat, uns zum Erfolg zu verhelfen. Ich selbst bin vermutlich derjenige, der alle am meisten dazu antreibt, neue Musik zu schreiben und das werde ich auch weiterhin tun.

Zu guter Letzt, wie sehen eure Pläne für die nahe Zukunft aus, insbesondere was Touren angeht. Viele Bands aus Übersee mussten ihre europäischen Gigs ja wegen steigender Reise- und Tourkosten absagen. Ist das für euch auch ein Problem? Wann sehen wir euch wieder hier in Europa?

Die Band hat ja grade angekündigt, ab Ende 2024 keine Liveshows mehr zu spielen. Dafür gibt es verschiedene Gründe; einer davon ist, dass die Leute vielleicht ein wenig übersättigt von CIRITH UNGOL sind. Da wir nicht regulär touren, haben wir immer wieder auf den gleichen Festivals gespielt und durch die vielen Bands da draußen gibt es auch den ständigen Drang nach Abwechslung.

Zweitens werden wir nun mal älter und das Reisen macht nicht mehr soviel Spaß wie früher. Ich erzähle immer gerne diese kleine Anekdote, wie ich als Kind zum ersten Mal geflogen bin und dabei das Cockpit besuchen und auf dem Schoß des Piloten sitzen durfte. Ich glaube bei unserem letzten Flug hätte der Pilot auch auf meinem Schoß sitzen können!

Das Reisen ist schon für eine junge Band zermürbend, erst recht aber für die Elder Statesmen des Metal. Ich denke mir immer wie schön es wäre zu reisen und dabei ohne Eile die Szenerie genießen und die Kultur und Sprache absorbieren zu können.

Aber noch ist es nicht vorbei, man wird uns noch auf vielen Shows und Festivals sehen können, manche davon wurden sogar bereits angekündigt. Das Up The Hammers in Griechenland, das Keep It True in Deutschland und noch viele mehr.

Danke dir für das Gespräch Robert, du hast das letzte Wort!

Unser Dank geht an dich und alle Leser von metal.de, während ihr das letzte Kapitel von CIRITH UNGOL entdeckt. Wir hoffen, dass wir euch 2024 bei einem unserer letzten Auftritte sehen. Wir werden für immer in den Herzen unserer „Legions of Chaos“ weiterleben.

You never lost hope, you never have strayed
Arise now my children, arise from the grave
We lead not the weak, they won’t answer the call
As chaos descends, false metal will fall

02.11.2023
Exit mobile version