Die Apokalyptischen Reiter
Auf die Knie, der Reiter naht!

Interview

Wenn nach jeder Pause ein Kracher wie „Der Rote Reiter“ herausspringt, dann können DIE APOKALYPTISCHEN REITER von mir aus gerne alle zwei Jahre pausieren. Grund genug natürlich für uns, mal im Reiterlager nach dem Stand der Dinge zu fragen. Keyboarder Mark „Dr. Pest“ Szakul über Abschied, Neustart, und was sonst noch so anliegt.

Der Abschied

Tach Herr Doktor und willkommen zurück auf der Bildfläche! Wie war der wohlverdiente „Urlaub“?

Freut mich, dass die Pause von dir als „wohlverdient“ angesehen wird. Es war einfach an der Zeit, die Pferde mal abzusatteln, genauso hatten wir das ja auch angekündigt. Das hat dem Album, welches ja nun erscheint, auf jeden Fall gut getan. Irgendwie war die Zeit aber auch wieder verdammt schnell rum, ich habe nicht das Gefühl, von der Bildfläche wirklich weg gewesen zu sein.

Wie muss man sich eine solche Pause bei den REITERN vorstellen? Ihr habt da ja sicher nicht einfach nur die Füße hochgelegt und die Seele baumeln lassen, oder etwa doch?

Füße hochgelegt wohl eher nicht, dafür sind wir noch zu jung und haben viel zu viele Flausen und ehrgeizige Pläne im Kopf. Es war zumindest sehr wenig Organisatorisches bei den REITERN zu tun, man konnte sich daher auf kreative Tätigkeiten konzentrieren. Und ich für meinen Teil habe auch mal angefangen, mein Soloalbum weiter voran zu bringen, leider ist es noch nicht veröffentlichungsreif. Aber der Mensch wächst ja mit seinen Aufgaben…

Wen von der Bande hast du denn am meisten vermisst, oder läuft man sich eh ständig über den Weg?

Da wir ja alle mehr oder weniger in Weimar wohnen, ja, man läuft sich des Öfteren über den Weg. Und man verabredet sich natürlich auch wenn keine Shows anstehen. Ich habe daher also eher keinen vermisst, aber es fehlt einem doch das Erlebnis des gemeinsamen Musizierens vor Publikum.

Erläutere doch mal bitte kurz, welche Gründe es für eure Auszeit gab. Irgendwie scheint das damals etwas an mir vorbei gerauscht zu sein, habt ihr diesen Schritt seinerzeit eigentlich näher begründet?

Haben wir schon, in verschiedenen Interviews. Daher möchte ich das Thema hier nicht nochmal großartig ausweiten. Es war einfach an der Zeit, die Band mal aus der Öffentlichkeit  zurückzuziehen. Das geschah vielleicht auch, damit man es nun wieder richtig zu schätzen weiß, dass wir wieder da sind.

Ok, dann lassen wir das einfach mal so stehen. Stand eigentlich ernsthaft zur Debatte, ob es mit der Band überhaupt weitergeht?

Wir wollten uns das schon offen halten und die ganze Sache ohne Zwang angehen. Also nicht am Tag X wieder auf die Bühne gehen, am Tag Y ein neues  Album veröffentlichen usw. Das es weitergeht, in irgendeiner Form, haben wir schon gefühlt. Aber es stand halt nicht zu 100% fest.

Ich war bei eurem Jubiläumskonzert „Das Letzte Abendmahl“ in Jena vor Ort. Da habt ihr ja nicht nur angemessen 20 Jahre REITER gefeiert und zwei exzellente Gigs auf die Bühne gezaubert, sondern auch durchaus für Wehmut bei euren Fans gesorgt. Denn da hatte sicher so mancher im Hinterkopf, euch dort möglicherweise zum letzten Mal gesehen zu haben. Hat euch dieses Fest eher darin bestärkt, dass es nach der Pause weitergehen muss? Oder wäre das auch ein absolut würdevolles Ende für die Band gewesen?

Ein würdevolles Ende wäre es schon gewesen, meiner Meinung nach. Obwohl die Bühne bzw. Location für so etwas doch eine Nummer größer hätte ausfallen können, es war schließlich ausverkauft.

Mir machte der Gedanke dann aber schon eine große Portion Kummer, das alles hinter sich lassen zu müssen: Die Fans, die Songs, die ganze Reitermania… Das kann man nicht einfach so beenden, es ist wie eine Art Sucht. Ich denke, das ging uns letztendlich allen so.

Der Neustart

Hattet ihr euch eine Art Deadline für das Comeback gesetzt, oder eher einfach abgewartet bis die Akkus wieder voll waren und ihr wieder kreativ arbeiten konntet?

Wie schon angedeutet, hatten wir keinerlei Deadlines, um nicht unter Druck zu stehen, dann alles fix und fertig haben zu müssen. Bis zu dem Zeitpunkt, als wir das Studio gebucht hatten, dann war natürlich klar, wann die Songs fertig sein müssen. Cover und Foto-Konzept haben wir da auch schon im Kopf gehabt, glücklicherweise.

Gab es auch eine Art musikalisches Konzept für die neue Scheibe, oder habt ihr die Ideen einfach sprudeln lassen?

Wie immer bei den REITERN gab es keinen Plan nach dem alles fest durch konstruiert ist. Diesmal ist das Thema Apokalypse bei uns – wie auch im Weltgeschehen – aktuell, es ist in vielen Songs zu finden.

Seid ihr diesmal nervöser als vor anderen Veröffentlichungen?

Nein. Wir sind uns recht sicher, dass das Album und die Tour hammermäßig einschlagen werden! Der Moment bei der Listening-Session, als das Album erstmals in fertiger Form vorlag, war schon qualvoll spannend. Die Reaktionen darauf haben uns aber sehr darin bestärkt, alles richtig gemacht zu haben.

Da kann man kaum widersprechen. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass mich die Scheibe schon beim ersten Durchlauf ziemlich umgeblasen hat. Wolltet ihr gerade jetzt ganz bewusst einen Kracher bzw. ein Statement veröffentlichen, oder geschah das alles eher unbewusst und ganz natürlich?

Es ist eher so, dass aus der Lust am Spielen und Komponieren heraus ein recht hartes Album entstanden ist, jedoch nicht, weil wir gesagt haben „Lass uns mal Schema F anwenden“. Natürlich freuen wir uns, nun auch dank der Künste von Alex Dietz (HEAVEN SHALL BURN) und Eike Freese so einen Brecher am Start zu haben. [In deren Studio wurde „Der Rote Reiter“ aufgenommen.]

Wenn man an „Der Rote Reiter“ vielleicht etwas kritisieren kann, dann würde ich sagen, hinten raus ist euch so ein ganz klein wenig die Luft ausgegangen. Bis Song 10 oder sogar 11 Weltklasse, danach fällt die Scheibe minimal ab. Kannst du diesen Einwand nachvollziehen?

Finde ich nicht. Die Songs, von denen wir erwarten, dass sie am besten ankommen, haben wir schon eher vorne platziert. Trotzdem sind die letzten drei auch richtig Klasse geworden, sonst wären sie ja auch nicht auf dem Album gelandet. „Ich bin weg“ ist ein melodischer harter Rocker im REITER-Stil, der sich durchaus mit Hits wie dem „Adler“ messen kann. „Ich nehm dir deine Welt“ ist einer meiner Lieblings-Songs auf dem Album, absolute Düsternis mit Hörspielcharakter, scheint geradewegs aus der Hölle zu kommen. „Ich werd bleiben“ hingegen ist melodisch im Sinne von schön, aber nicht platt sondern tiefgründig, auch der Text. Ein Song, dessen Melodien durchaus von mir sein könnten, aber Ady hat ihn so (großartig) komponiert.

Ok, man kann ja schließlich nicht immer einer Meinung sein. Es fällt vor allem auf, dass die neue Scheibe überraschend hart und metallisch geworden ist, inklusive Growls, Screams und Blasts. War das ganz bewusst so geplant? Oder habt ihr vielleicht gerade live immer wieder gemerkt, dass die alten Schinken dann immer noch mal besonders gut zünden?

Wie vorhin schon gesagt, haben wir das nicht geplant, es ist einfach so passiert. Wir haben uns dann aber auch im Studio bemüht, die Songs nicht weich zu spülen, sondern eher noch einen drauf zu setzen.

Die Reiter: Vergangenheit & Zukunft

Ich möchte auch unbedingt kurz auf eure Biographie „Wie der Weltuntergang Teil meines Lebens wurde“ zu sprechen kommen, ein sehr lesens- und empfehlenswertes Buch. Wie viel vom Inhalt entspricht der nackten ungeschminkten Wahrheit? Oder anders gefragt, wie viel habt ihr in diesem Werk leicht frisiert bzw. einfach weg gelassen, weil es z. B. nicht FSK 16 ist?

Da gäbe sicher noch ein paar Geschichten, die es nicht ins Buch geschafft haben. Es muss ja auch noch Erzählstoff geben, der noch nicht niedergeschrieben wurde und allseits bekannt ist. Ich denke schon, dass im Buch die wichtigsten Geschichten und Meilensteine der REITER zu lesen sind, sowie auch die unterhaltsamsten Anekdoten.

Was zeichnet deiner Meinung nach einen echten Reitermaniac aus?

Er muss einfach nur Reiterfan sein, die Musik mögen, Konzerte besuchen, und es ist gut, wenn er dazu noch eine große Portion Begeisterungsfähigkeit mitbringt.

Mit euren treuen Reitermaniacs im Rücken hättet ihr ja wahrscheinlich auch ein Country-Album veröffentlichen können und würdet immer noch die Hallen füllen, meinst du nicht?

Das kann man so nicht verallgemeinern, es kommen ja nicht nur Reitermaniacs zur Show.  Und selbst die meckern, wenn die Musik nicht genug nach REITERN klingt, was aber auch nicht für jeden das Gleiche bedeutet… Wir wollen jedenfalls auf keinen Fall Musik nach dem Kriterium maximaler Konzertbesucher-Zahlen machen, und die Musik würde sicher auch bei einem Country-Album eine spezielle REITER-Attitüde habe. Mich würde ehrlich mal interessieren, wer so alles zu einem REITER-Konzert kommt, was für musikalische Vorlieben usw. Ich glaube, das Publikum ist ziemlich gemischt, sozusagen von IN EXTREMO bis CANNIBAL CORPSE.

Diesen Eindruck habe ich auch bei euren Gigs. Die Ausschließlich-Uralt-Fans kann man als Band eh unmöglich zufrieden stellen, das schaffen ja nicht mal AC DC. Irgendetwas gibt‘s ganz einfach immer zu meckern. Aber was entgegnest du Fans – wie mir z.B. – die behaupten, nach „Licht“ (starke Scheibe meiner Meinung nach) sei es mit den REITERN bergab gegangen. Die folgenden beiden Scheiben hatten natürlich schon ihre Höhepunkte, waren insgesamt aber doch etwas schwach auf der Brust. Falls du zustimmst, warum ist das deiner Meinung nach so? Oder falls du widersprichst, welche Argumente führst du gegen diese Meinung ins Feld?

Da kann ich einfach nur dagegen halten, dass andere sagen „Licht“ wäre ein schwaches Album und „Moral & Wahnsinn“ dagegen gut. Wie du sagst, man kann es nie jedem recht machen, und ich höre immer wieder verschiedene Meinungen. Jegliche Begründung ist also obsolet. Jedes Album ist anders und es gab und gibt keine Genre-Barrieren für uns. Zum Glück klingen die REITER ja doch immer irgendwie durch, wie mir oftmals bestätigt wurde.

Absolut, das kann euch niemand absprechen. Außer der doch recht schmal bemessenen Tour im Herbst, was sind eure Pläne für 2018?

Naja, immerhin geht es gleich nach der Tour nach Russland, und 2018 werden wir auf einigen Festivals die Apokalypse krachen lassen…

Zum Schluss bitte noch ganz stilecht ein paar letzte Worte eines Doktors der Pestologie & Apokalypse an unsere Leser?

Auf die Knie! Und dann Haare schütteln, oder wenigstens den Kopf…

24.08.2017
Exit mobile version