Lifend
Interview mit Gitarrist Andrea zu "Innerscars"

Interview

Lifends Sound zu beschreiben fiel mir schon im Review nicht leicht. Im Interview mit Gitarrist Andrea wurde jedoch deutlich, dass die Italiener sehr um Eigenständigkeit bemüht sind, die man sich auch nicht durch Vergleiche mit anderen Bands kaputtmachen lassen will. An Selbstbewusstsein scheint es dem Fünfer nicht zu mangeln, sodass man in Zukunft in dieser Beziehung vielleicht mehr von jenseits der Alpen erwarten darf. Man darf gespannt sein!

Lifend

Hi Andrea! Erstmal herzlichen Glückwunsch zu eurem Debüt! Wie fühlt es sich an, sein erstes Album über ein Label zu veröffentlichen?

Vielen Dank! Es freut mich sehr, dass du unsere Arbeit magst! Bezüglich des Releases von „Innerscars“ über ein gutes Label wie Cruz Del Sur Music muss ich sagen, dass es nach all den Jahren harter Arbeit an einem eigenständigen Sound an der Zeit war, einen anständigen Support zu bekommen, der unsere Sache unterstützt. Wir sind komplett zufrieden mit der Arbeit, die das Label für uns leistet. Wir hatten Glück, jemanden zu finden, der versteht, was unsere Musik benötigt und wie man sie richtig unterstützt und promotet.

Welche Erwartungen knüpft ihr an das Album und die Zusammenarbeit mit Cruz Del Sur?

Zunächst einmal ist „Innerscars“ das erste Full Length Album, das wir über Cruz Del Sur veröffentlichen. Das nächste werden wir auch über dieses Label releasen und ich hoffe, dass unsere Zusammenarbeit mit Enrico und Cruz Del Sur noch lange anhalten wird! Ich hoffe, dass die Hörer „Innerscars“ verstehen und unsere Musik schätzen werden, oder sie zumindest vernünftig kritisieren, ohne dabei sinnlose Vergleiche anzustellen. Ich denke, dass unser Sound trotz einiger Extrem Metal-Einflüsse zu persönlich ist, um mit anderen Bands verglichen zu werden…

Die Elemente, die ihr in eurer Musik verwendet sind momentan sehr populär, wenn man z.B. gerade an weibliche Vocals oder melodische Songs denkt. Habt ihr Ambitionen, ins Fernsehen oder in die Charts zu kommen? Ihr dreht ja immerhin ein Video zu „Blood Red Pain“…

Im Ernst, ich spiele diese Musik von ganzem Herzen und mit Leidenschaft. Ich spiele sie, weil sie mich als Musiker und Künstler total befriedigt. Ich weiß, dass einige Elemente unserer Musik auch schon von anderen Acts verwendet worden sind, doch denke ich, dass Lifend zu extrem sind, um als Teil dieses aktuellen Trends betrachtet zu werden. Ich wäre glücklich, wenn ein Track wie „Blood Red Pain“ in die Charts kommt, jedoch ist das nicht mein oberstes Bestreben. Das Video zu dem Song wird das Konzept, welches Lifend zugrunde liegt, in einer anderen Kunstrichtung als der Musik repräsentieren. Ich denke, eine Band muss sich neuen Ausdrucksformen öffnen und mit ihnen experimentieren. Ich hoffe, dass das Video für unser Label sehr hilfreich sein wird!

Was hältst du von diesem aktuellen Trend zu härterer Musik in den Mainstream Medien? Wie sieht die Situation in Italien aus?

Ich habe wirklich nichts mit diesem Trend zu tun! Ich denke es ist gut, einen Schmelztiegel zu finden, der harten Sound und die träumerischen Melodien, die eine weibliche Stimme ausdrücken kann, verbindet. Ich bin jedoch an der experimentellen Seite dieses Hybrids interessiert und nicht am kommerziellen Potenzial dieses Sounds. Ich bin vor zwei Jahren zu Lifend gekommen, weil ich ihren Zugang zu innovativer Musik so eigenständig und persönlich fand. In Italien gibt es viele Bands, die weibliche Vocals und Melodien verwenden. Allen voran natürlich Lacuna Coil, aber auch Bands wie Sleep Of Thetis. Die italienischen Bands, die ich mag, sind alle sehr experimentell, originell und brutal. Wenn ich euch einige italienische Bands empfehlen darf, wären das zweifelsohne Bastard Saints, Psychofagist, Nefas, Illogicist, Edenshade, Insane Assholes, Corey, Malkavian, Ensoph, Underhate, Cadaveric Crematorium, Grimness, Dysmorfic… und viele viele mehr!

Gerade mit euren Landsmännern (und –frau;) LACUNA COIL könnte man euch leicht vergleichen. Denkst du, dieser Vergleich ist gerechtfertigt? Wo siehst du die Unterschiede zwischen euch?

Nein, ich denke der Vergleich ist nicht gerechtfertigt. Meiner Meinung nach ist der Vergleich zwischen uns und LACUNA COIL, nur weil wir beide weibliche Vocals und melodische Songs verwenden, genauso sinnvoll wie wenn man FEAR FACTORY mit IMMORTAL vergleicht, weil beide verzerrte Gitarren einsetzen. Unsere Melodien und Saras Vocals können eine Gemeinsamkeit mit unseren Landsmännern (und –frau;) darstellen, doch denke ich, dass wir zwei unterschiedliche Arten von Musik spielen: ich denke, unser Sound ist komplexer, besonders was die Songstrukturen angeht, wo die extremeren Einflüsse noch immer ersichtlich sind. Beide Stile, sowohl von Lacuna Coil als auch von Lifend, sind sehr emotional, aber ich denke, wir drücken diese Emotionen auf unterschiedliche Art und Weise aus…

Außerdem ist eure Musik ja auch nicht so leicht zu verstehen, da ihr viele anscheinend gegensätzliche Arrangements und Elemente verwendet. Wie kommt ihr auf solche Ideen? Könntest du beschreiben, wie ein Lifend Song entsteht?

Unsere Songs sind nicht für Easy Listening gedacht, das ist wahr, doch der Songwriting Prozess gestaltet sich simpler, als es der Hörer vielleicht denken könnte. Die Ideen, die du erwähnt hast, sind Folge unserer verschiedenen Einflüsse und Hörgewohnheiten. Zum Beispiel höre ich brutale Grindbands oder populäre italienische Interpreten wie Fabrizio De Andrè (R.I.P.) und Franco Battiato. So bringt jeder seine Lebenserfahrung und seine eigenen Vorlieben in Lifend ein. Der Songwriting Prozess beginnt oft mit einem Gitarrenriff, wobei es nicht wichtig ist, ob es ein Death-, Doom- oder Black Metal Riff ist, oder sogar ein Akustikpart. Beginnend mit dieser Idee, legen wir die Struktur des Songs fest, wobei wir immer darauf bedacht sind, all die Elemente in die Komposition einzubringen, die uns ausmachen. Dabei entwickeln wir unseren Sound stetig weiter, Song für Song…

Die einzelnen Geschmäcker innerhalb der Band reichen ja von NAPALM DEATH und CRYPTOPSY bis hin zu ULVER und MY DYING BRIDE. Welche dieser Einflüsse haben den größten Einfluss auf LIFEND?

Ich denke, dass jedes Lifend Mitglied versucht, etwas von seinen persönlichen Lieblingsbands in die Band einzubringen. Wenn ich jedoch Formationen nennen müsste, die LIFEND direkt beeinflussen, wären das AT THE GATES, MY DYING BRIDE, OPETH und THE GATHERING in ihrer frühen Schaffensperiode.

Blut und Schmerz scheinen die dominierenden Themen auf dem Album zu sein. Was sind die Gedanken hinter den Songs? Was wollt ihr mit ihnen ausdrücken?

Wir sind fünf unterschiedliche Personen mit fünf unterschiedlichen Sichtweisen über das Leben. Aber diese unterschiedlichen Persönlichkeiten haben einen gemeinsamen Nenner gefunden, der all unsere Emotionen verbindet: nämlich, dass der Tod das einzig Sichere im Leben ist. Diese beiden Elemente finden ihren Niederschlag in der Dualität unserer Sache, einerseits durch die brutalen Parts im Gegensatz zu der sanften Stimmung, andererseits in den Lyrics, die von Song zu Song von einem anderen Lifend Member geschrieben werden. Ich denke, dass Blut und Schmerz die direkteren und einfacheren Bilder sind, die als Metaphern in unserem Konzept dienen können. Sie sind sehr wichtig, um es einem großen Teil der Hörerschaft verständlich zu machen.

In nahezu allen Bands, die eine weibliche Sängerin in ihren Reihen haben, stellt sie das Zentrum des Interesses dar und wird so oft in die Rolle des Band Leaders gedrängt. Beispiele gibt es mit Nightwish, Tristania oder Lacuna Coil genug. Wie geht ihr mit diesem Umstand um? Seht ihr darin ein Problem?

In unserer Sache versuchen wir normalerweise immer, eine Ausgewogenheit aller Elemente zu erreichen. Weibliche Vocals spielen in unserem Sound zweifelsohne eine wichtige Rolle, aber sie sind ausgewogen mit den anderen Sängern und den Instrumenten. Der Umstand, den du angesprochen hast, ist also kein Problem für uns. Ich denke, dass die zentrale Rolle einer Sängerin in solchen Umständen ausschließlich Imagegründe hat und nur vom Promotion-Standpunkt aus gesehen hilfreich ist. 🙂

Wie habt ihr denn die Verantwortlichkeiten innerhalb der Band verteilt? Wer macht Business, wer schreibt Lyrics, usw.?

Alle Lifend Mitglieder haben dieselben Verantwortlichkeiten: jeder von uns tritt in Kontakt zu Bands, Clubs und Booking Agenturen, um Gigs zu planen, um Interviews zu geben, hehe, usw. Alberto und ich teilen uns die Hauptverantwortlichkeit beim Schreiben der Musik, da dieser Prozess oft mit einem Gitarrenriff beginnt. Sara, die gern Gedichte schreibt, die auch oft als Lyrics verwendet werden, und Alberto sind die Hauptautoren der Texte. Mat schreibt jedoch auch oft Lyrics (zB. „Spiral Dance“ und „Shattering: Assurance“). Ich habe nur die Lyrics zu „Folds Of Existence“ geschrieben, einem unveröffentlichten Song, der ursprünglich auf „Innerscars“ hätte sein sollen.

Es gibt ja Tourpläne für diesen Herbst. Ich denke mal, dass es für euch ein Support Spot sein wird. Wisst ihr schon, mit wem ihr auf Achse sein werdet? Mit welchen Bands würdet ihr denn gern einmal die Bühne teilen?

Wir haben keine Band, die uns bei den nächsten geplanten Gigs supporten wird. Wir teilen uns die Bühne mit Größen wie Samael (großartiger Gig!!!) und italienischen Underground Acts wie Body-Bags oder Underhate. In meinen Träumen würde ich gerne mit meinem absoluten Lieblingsact auf der Bühne stehen, den großartigen godfathers of the Unholy Death Metal Cult Incantation! Ich höre sie seit „Diabolical Conquest“ und ich denke sie verstehen es durch ihre einzigartige und obskure Art Death Metal zu spielen großartig, Spiritualität zu verbreiten.

Was erwartet ihr von der Zukunft? Was sind eure Pläne mit Lifend?

Meine persönliche Erwartung für die Zukunft ist es, Spaß dabei zu haben, meine Lieblingsmusik mit Blut und Leidenschaft zu spielen. Mehr nicht. Für Lifend hoffe ich, dass die Leute unsere Arbeit mögen werden und zu unseren Gigs kommen, um unsere gute Musik 🙂 und unsere Gefühle mit uns zu teilen. Wir haben einige Dates geplant, um das Album zu promoten. Ich hoffe, sie werden erfolgreich sein, und ich hoffe, dass wir in Zukunft so viel wie möglich im Ausland spielen werden.

Vielen Dank für deine Zeit! Viel Glück für eure Zukunft und habt viel Spaß auf Tour! Hast du irgendwelche letzten Worte an eure Leute in Deutschland?

Vielen Danke für deinen Support und dein Interesse! Ich würde gerne bei euch spielen, ihr habt so viele gute Sommerfestivals! Ich war die letzten vier Jahre auf dem W:O:A und ich denke, es wäre cool, auf so einer Bühne zu spielen! Ich würde den Leuten in Deutschland vorschlagen, sich unsere Musik anzuhören und mit uns über unsere offizielle Homepage www.lifend.org in Kontakt zu treten! Ich hoffe, euch bald bei den Gigs zu sehen! Stay sick!

07.11.2004

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