Mantar
Älter und besser werden

Interview

Seitdem 2014 ihr Debütalbum „Death By Burning“ erschienen ist, scheinen MANTAR unaufhaltsam auf wem Weg nach oben zu sein. Letztes Jahr kam nicht nur die neue Studioplatte „Ode To The Flame„, sondern auch der Live-Mitschnitt „St. Pauli Sessions“. 2017 schiebt die Band mit „The Spell“ nun noch eine EP hinterher. Also ist es dringend an der Zeit, Frontmann und Gitarrist Hanno Klänhardt mal wieder zum Gespräch zu beten.

Moin Hanno, „The Spell“ ist nicht mal zwei Monaten vor Veröffentlichung angekündigt worden. Kam die Entscheidung, die EP herauszubringen, mehr aus dem Bauch heraus?

Hanno: Wir machen im Normalfall nicht allzu viel langfristige Pläne. Haben wir zumindest bisher nie gemacht. Demnach war die Entscheidung schon recht spontan. Vor zwei Jahren wussten wir nicht mal ob wir je ´ne zweite Platte machen würden… Somit kommt eigentlich alles aus dem Bauch raus. Wir geben lieber keine Versprechungen an irgendwen. Wenn was kommt kriegen es ja eh immer alle mit. Sollen sie ja auch.

Wie kam es zu dem Gastbeitrag von BÖLZER-Frontmann Okoi Jones im Titelstück?

Hanno: Wir sind seit einigen Jahren eng mit BÖLZER befreundet, gerade ich und Okoi haben ein sehr enges, von gegenseitigem Respekt geprägtes Verhältnis. Wir wollten immer schon mal was zusammen machen. Und das bot sich nun im Zuge der EP spontan an. Der Song ist einer der ersten MANTAR-Jams ever. Noch aus der Session zum Debüt-Album. Das hört man auch. Irgendwie verspielt, unklare Struktur. Wir mochten den Song immer, auch wenn wir nicht wussten wohin damit. Vocals fehlten eben auch, da wir es damals einfach zeitlich im Studio nicht geschafft hatten. Somit habe ich recht spontan Okoi gefragt und er war sofort dabei. Er hat seinen Teil in der Schweiz aufgenommen und ich hier zuhause in Florida. Die Welt ist klein heutzutage.

Dr. Google hat mir verraten, dass die Vril-Gesellschaft ein fiktiver Geheimbund ist, der zum Aufstieg des Nationalsozialismus beigetragen haben soll. Gibt’s da irgendeinen Zusammenhang zum Text von „Age Of The Vril“?

Hanno: Ja, schon. Aber wichtig ist zuallererst mal zu verstehen, woher diese „Vril“ – Strömungen kommen. Erst dann kann und sollte man sich damit auseinandersetzen. Insgesamt geht es mir mehr um den allgemeinen Geisteszustand, den es braucht, um sich in diversen Ideen zu verlieren. Da gibt es tausende Psychos. Die Vril-Gesellschaft ist hier ein gutes Beispiel. Ich interessiere mich halt sehr für das 3. Reich und alle damit verbundenen Krankheiten und politischen sowie ideologischen Verwirrungen. Und es gibt eben wirklich Leute, die behaupten steif und fest, dass die Nazis kurz vor dem Durchbruch waren, was die Entwicklung von sogenannten Reichsflugscheiben betrifft. Oder dass der harte Kern der Reichsführung in Neu-Schwabenland/Antarktis weiter existierte und auf sein Comeback wartet.

Das explizite Beispiel „Vril“ hier weiter auszuführen, würde sicherlich den Rahmen sprengen. Aber abgesehen davon, dass es sich um widerlich rechts-esoterische Fantastereien handelt, ist der eigentliche Ansatz natürlich sehr interessant. Ich rede sehr, sehr selten und ungern über Texte und natürlich will ich keine braunen Ideen promoten. Der grundsätzliche Wahnsinn der Leute, damals wie heute, ist jedoch immer wieder ein paar Zeilen wert. Es ist halt faszinierend. Nicht mehr, aber auch nicht weniger.

Habt ihr noch mehr überschüssige Songs, die in Zukunft das Licht der Welt erblicken könnten?

Hanno: Nein. Wir sind keine über-produktive Band. Wir nehmen eigentlich immer nur das Material auf, welches uns im Vorfeld schon wirklich beeindruckt. Daher gibt es im Normalfall keine B- Seiten oder so was. Außerdem sind wir ungern im Studio. Ich konzentriere mich im Studio und in der Schaffensphase lieber auf 10-12 gute Songs als auf 20 Eventualitäten.

MANTAR haben ja einen sehr eigenen Stil, der sich schwer kategorisieren lässt. Könntet ihr euch vorstellen, irgendwann mal Songs anderer Künstler durch den MANTAR-Fleischwolf zu drehen?

Hanno: Das könnte vielleicht mal passieren. In der Vergangenheit dachten wir uns immer, dass wir lieber durch eigenes Material überzeugen, was ich für eine recht neue Band auch nach wie vor am wichtigsten finde. Aber unser Musikgeschmack ist sehr unterschiedlich und oft auch so gar nicht Metal-mäßig, somit wäre es sicher interessant. Du würdest nicht glauben, was wir privat so für Musik hören. Eine Schande, sag ich dir…

Im Pressestatement zu „The Spell“ heißt es, ihr hättet ausgelost, welche Songs auf „Ode To The Flame“ gelandet sind. Die Songreihenfolge auf einem Album hat für euch dann wahrscheinlich keine große Bedeutung, oder?

Hanno: Die Reihenfolge ist enorm wichtig und ich saß sehr, sehr lange daran. Es ging beim Losen eher darum welche 10 von den 12 Songs überhaupt auf das Album kommen. Die Reihenfolge an sich war natürlich wichtig und bedarf großer Sorgfalt. Mir persönlich ist sowas zumindest sehr wichtig. Ich finde ein gute Platte muss einen gewissen Flow haben und dich im besten Falle über die gesamte Länge fesseln und konstant hart rannehmen.

Als ihr letztes Jahr für das Festival „Rock im Revier“ gebucht wurdet, habt ihr euren Fans vorgeschlagen, doch einfach über die Absperrzäune der Veranstaltung zu klettern. Warum seid ihr dort überhaupt aufgetreten, wenn ihr von dem Festival anscheinend nicht ganz so begeistert seid?

Hanno: Was ist das Rock im Revier? Ist das Rockavaria? Falls du das meinst: Was hat die Aussage über die Zäume zu klettern mit einer vermeintlich ablehnenden Haltung dem Festival gegenüber zu tun? Wir hatten Spaß, hat jedoch geregnet wie Sau, das hat genervt. Das Festival wurde ja mehrere Stunden unterbrochen. Es war fast überraschend, dass wir überhaupt noch auf die Bühne durften. Grundsätzlich ist es so: Wir spielen eigentlich überall wo wir Bock drauf haben, damit sind wir bisher auch immer sehr gut gefahren. Egal ob das ein Riesen-Festival oder Mega kleiner Club mit 100 Leuten ist. Und zu dem Zaun -Thema: Es war eher ein Witz, aber wir sind uns durchaus bewusst, dass sich viele Leute solche großen kommerziellen Festivals nicht leisten können. Somit sind wir doppelt froh, wenn da bei MANTAR auch echt Leute vor der Bühne stehen und eben nicht nur IRON MAIDEN gucken.

Ihr habt ja schon sehr früh in den USA getourt, um euch dort einen Namen zu machen. Wie kam es dazu, dass du dort hingezogen bist?

Hanno: Private Gründe. Aber ich habe mich hier auch immer sehr wohl gefühlt. Ich mag das Wetter. Ich sitze hier vor meinem kleinen Häuschen, in einer kleinen Stadt, trinke mein Bier und gucke Alligatoren beim Schlafen zu. Gerade kann ich mir nicht wirklich was Besseres vorstellen. Allerdings bin ich ja aufgrund der Band eh immer auch viel in Europa und zuhause in Bremen. Das ist auch immer schön. Dort wohnen schließlich meine Freunde. Das würde ich auch nicht aufgeben wollen. Meine Heimat bedeutet mir viel. Es ist schön eine Heimat und gleichzeitig ein „Zuhause“ zu haben.

In unserem letztjährigen Interview hast du gesagt: „Wir wollen Stress und keine Kunst machen.“ Schleißt das eine für dich automatisch das andere aus?

Hanno: Im besten Fall ergibt sich eine gewisse Deckungsgleichheit. Was ich aber damit meinte war, dass wir als Band triebgesteuert sind und keine großen Denker sind. Wir haben eben den Drang laut und radikal zu spielen und erleben große Freude beim allgemeinen Abriss. Ein gewalttätiger, positiver Rausch. Sowas kann man schlecht planen und konzeptionell entwerfen. Natürlich empfinde ich das was wir tun auch als Kunst, allerdings versuche ich dabei so wenig wie möglich zu denken und zu planen. Man kann es nennen wie mal will, Hauptsache ist, dass es Leute gibt denen es was bedeutet. Und das werden offensichtlich immer mehr. Ein Geschenk. Ich weiß das zu schätzen.

Wieso wurden die „St. Pauli Sessions“ erst im Juli 2016 veröffentlicht? Die Aufnahme geschah schließlich schon 2014.

Hanno: Auch hier: War ´ne spontane Idee. Es gab einige Leute, die meinten, dass die Live Session mindestens so gut sei wie das eigentliche Album. Die Qualität hat eben gestimmt und somit haben wir uns zu dieser limitierten VÖ hinreißen lassen. Wir würden nichts veröffentlichen wollen das nicht wirklich geil ist. Schließlich verlangen wir Geld dafür.

Außerdem wurden die Sessions über Svart Records veröffentlicht, obwohl ihr zu dem Zeitpunkt schon bei Nuclear Blast wart. Gab’s da keine Probleme?

Hanno: Nein. Beide Labels sind sehr entspannt und cool. Außerdem sind die Aufnahmen natürlich älter als es der Deal mit Blast war. Somit war es logisch, da es sich ja um Material des ersten Albums handelte, die Platte auch über Svart zu bringen. Ferner fand ich, dass das Material dort sehr gut aufgehoben ist. Wir machen viel parallel zu Blast. Eben auch viel im Alleingang. Blast lässt uns da auch Spielraum, den eine Band wie MANTAR auch braucht. Ich tue mich allgemein schwer Sachen aus der Hand zu geben, somit sind gerade so Liebhaber-Geschichten eigentlich bei uns selbst am besten aufgehoben.

Und zu guter Letzt: Wann kann man denn mit dem nächsten MANTAR-Album rechnen?

Hanno: Gute Frage. Falls wir ein neues Album machen, dann wird man sicher früh genug davon erfahren. Wie gesagt, wir machen ungern langfristige Pläne und schon gar keine Versprechungen. „Ode To The Flame“ fühlt sich immer noch recht neu an, ist ja erst 10 Monate alt. Wir sind nicht die schnellsten. Wir sind alt. Werden aber vor allem besser und nicht nur älter.

31.03.2017

"Irgendeiner wartet immer."

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