Soen
“Diese Art von Musik findet in Schweden kaum Beachtung in der Öffentlichkeit.”

Interview

SOEN polarisieren mit ihrer Musik und spalten die Szene. Die einen halten die Band für eine Super-Group, andere legen sie in einer Schublade zusammen mit OPETH und TOOL ab. Mit Sänger Joel Ekelöf sprachen wir über die Arbeiten am aktuellen Album “Imperial” und welchen Einfluss die Corona-Pandemie auf die Musik hatte.

Kannst Du uns einen kurzen Überblick über die aktuelle Band-Besetzung geben? Wer ist der Chef-Songwriter und wer schreibt hauptsächlich die Lyrics?

Martin (Lopez, Anm. d. Red.) übernimmt einen großen Teil, indem er die Songstrukturen vorbereitet. Anschließend fügen wir die jeweiligen Teile zusammen. Jedes Bandmitglied steuert etwas von seinem Stil bei.

 “Imperial” ist Euer sechstes Album. Für mich klingt die Produktion extrem ausgereift, fast wie eine ”Wall Of Sound”. Damit ist das Album abwechslungsreich und detailiert. Mit welchem Genre würdest Du die Musik auf “Imperial” beschreiben? Die meisten Leute labeln Euch bekanntlich als Progressive-Metal-Band.

 Ich würde einfach sagen, wir machen Metal. Andererseits kann ich schon nachvollziehen, wieso die Leute uns als Progressive-Metal-Band bezeichnen. Die Songs sind ja immer etwas länger und technisch anspruchsvoll. Aber für uns war es von jeher am wichtigsten ehrliche und gleichzeitig fette Songs zu schreiben. Da unsere Wurzeln im Metal liegen, würde ich auch bei dieser Bezeichnung bleiben.

Das ist interessant, denn die Evolution des Schwedischen Signature-Sound begann in den 90ern bei Death-Metal-Bands aus Stockholm und Göteborg. Heute denkt man an Bands wie PAIN OF SALVATION, OPETH, MESHUGGAH, OLA ENGLUND und natürlich auch SOEN. Denkst Du, Ihr alle steht für den neuen Schwedischen Sound?

 Ich denke, all diese Bands haben einen ähnlichen Sinn für Melodien. Selbst die aggressiveren Metal-Bands zeichnen sich stets durch viele Melodien aus. Auch wenn wir ganz bewusst härtere Songs schreiben, sind uns Melodien immer wichtig und wir versuchen auch stets die passenden einzubringen.

Andererseits war  Metal oder Progressive Metal nie besonders erfolgreich in Schweden  Es gibt hier keine so große Szene wie im Vereinigten Königreich oder in Deutschland. Wir wurden erst zehn Jahre nach unserer Gründung für einen Gig in Schweden gebucht. Mit dieser Art von Musik findet man hier kaum öffentliche Beachtung, also muss man sich ins Ausland verlagern. Das machen viele Bands und haben dadurch außerhalb des Landes mehr Erfolg.

 Wie man hört, habt Ihr noch nie so viel Zeit im Studio verbracht habt wie zuletzt für “Imperial”. Wie genau habt Ihr diese Extra-Zeit denn genutzt?

 “Wir hatten einfach die Möglichkeit, alles einmal mehr zu machen. Wenn sich irgendetwas noch nicht perfekt für uns angefühlt hat, dann konnten wir es wiederholen oder mehrere Varianten ausprobieren. Normaler Weise hat man diese Zeit nicht und muss entsprechend fokussiert zu Werke gehen. Aber dieses Mal war es gewissermaßen magisch, dass wir sehr viel lockerer sein konnten und nicht unter Druck standen.”

Der übliche Workflow beim Songwriting hat sich aber nicht verändert?

 Nein, eigentlich nicht. Wir haben wie immer durchgearbeitet und sind nicht rumgehangen.

Hatte die Corona-Krise Einfluss auf die Musik und die Texte von “Imperial”?

 “Eigentlich nicht. Die Songs hatten wir schon davor geschrieben. Allerdings werden die Texte durch die Pandemie möglicher Weise noch verstärkt. Der allgemeine Hang zum Populismus ist mit der Krise schlimmer geworden. Dadurch werden die Songs eigentlich noch aktueller.”

Stellt “Imperial” ein Konzeptalbum dar?

 “Nein, ein Konzeptalbum ist es nicht. Aber wenn unsere früheren Alben den Blick mehr in unser Inneres gerichtet haben, dann beschäftigt sich Imperial mehr mit dem, was um uns herum geschieht. Andererseits sind die Songs aber auch sehr persönlich. Wir wollten keine Märchen erzählen, sondern reale Geschichten.”

Wer steckt hinter dem herausragenden Video zu “Antagonist”? War die Umsetzung Eure Idee?

 “Wir hatten schon unsere grundsätzlichen Vorstellungen. Aber unser Produzent hatte eine andere Idee und Interpretation. Auch wenn das Ergebnis nicht exakt unserem ersten Entwurf entspricht, halte ich es für ein großartiges Video. Ich liebe es.”

Der Clip ist quasi ein Lyric-Video. Kannst Du uns dennoch beschreiben, um was es in dem Song geht?

 “Geh auf die Straße und nutze Deine Stimme! Sorge dafür, dass man Dich hört! Man sollte nicht die ganze Zeit zu Hause sitzen, im Internet surfen und wütend sein.  Zur Zeit ist das natürlich schwierig, aber es wird eine Zeit nach der Pandemie geben.”

Ab April sind die ersten SOEN-Konzerte angesetzt. Wie optimistisch darf man sein, dass die Tour wie geplant stattfinden kann?

 “Die ersten Termine mussten wir leider schon verschieben. Das war erst gestern. Das ist echt hart für uns. Hoffentlich können wir im Sommer aber ein paar Festivals spielen. Es wird der absolute Wahnsinn sein, wenn wir wieder auf Tour sind, denn wir lieben es einfach auf der Bühne zu stehen. Und auch die Fans warten ja darauf, endlich wieder auf Konzerte gehen zu können.”

Im letzten Jahr haben sich Ersatz-Events in Form von Streaming-Konzerten etabliert. Ist das eine Option für Euch, die neuen Songs live zu präsentieren?

 “Wir müssen mal sehen. Cody, unser Lead-Gitarrist lebt in Kanada und unser Bassist Zlatoyar in der Ukraine. Wir können es aber kaum erwarten, die neuen Songs live zu spielen und haben bereits über Möglichkeiten gesprochen.”

Welche aktuellen Bands findest Du interessant, und wer ist Dein All-Time-Favorit?

 “Gute Frage. Kennst Du WHEEL? Das ist eine großartige Band. Wir waren auf Tour mit Ihnen und ihre Musik ist fantastisch. Mein All-Time-Favorit sind wohl ALICE IN CHAINS. Sie hatten damals einen  großen Einfluss auf mich und speziell Lane Staley hat mich als Sänger sehr geprägt. Aber es gibt natürlich viele Bands die liebe. JEFF BUCKLEY, RADIOHEAD oder die älteren GENESIS mit Peter Gabriel.”

Abschließend drehte Joel den Spieß um und wollte wissen, welcher Song auf “Imperial” dem Interviewer am besten gefällt. Die Antwort blieben wir ihm vorerst schuldig, denn “Imperial” ist kein Album, das man nach ein oder zwei Durchgängen analysieren kann. Vielmehr will die Musik erforscht werden, und man muss sich eingehend mit dem Werk beschäftigen. Ein großartiges Album einer herausragenden Progressive-Metal-Band eben.

01.02.2021

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