Ulver
Interview zur Europa-Tour

Interview

ULVER. live. Damit ist eigentlich schon genug gesagt – nach einigen vereinzelten Shows beginnen ULVER im Februar eine Europa-Tour und machen unter anderem Halt in Berlin und Wien. Diese beiden Konzerte werden euch von metal.de präsentiert – da lassen wir uns die Gelegenheit für ein Gespräch mit Neumitglied Daniel O’Sullivan nicht entgehen…

Hey Daniel! Wie geht es dir?

Wirklich gut, danke.

Das freut mich. Wahrscheinlich sind die meisten unserer Leser mit ULVER und ihrer Geschichte recht vertraut – du bist kein Gründungsmitglied, sondern erst seit relativ kurzer Zeit dabei. Ich vermute also, dass unsere Leser ganz gern Näheres darüber erfahren würden, wie ULVER und du zusammengefunden haben, bevor wir uns dann den ULVER-Konzerten zuwenden. Kannst du uns ein bisschen was dazu sagen?

Ursprünglich ist Kristoffer [„Garm“ Rygg – Anm. d. Verf.] einem Projekt von mir beigetreten: ÆTHENOR, ein Improvisationsprojekt. In diesem Kontext hat Kris das erste Mal seit langer Zeit irgendetwas live umgesetzt. Wir haben dann irgendwann angefangen, die Aussicht auf ULVER live zu diskutieren, und als die Idee dann endlich Früchte trug, war ich eine Schlüsselfigur beim Übergang vom Studio auf die Bühne. Das betraf neue Arrangements der Songs und anschließende Überlegungen, welches Arrangement das Beste für eine Live-Umsetzung des jeweiligen Stückes ist. Das war der Anfang der ganzen Geschichte, und ich war seit dem ersten Konzert in Lillehammer dabei; wir haben bisher sieben Gigs gespielt und stehen nun, im Februar, am Anfang dieser Tour, die fast einen Monat dauern wird. Das ist eine echte Feuerprobeb – und das ist noch untertrieben. Wir arbeiten aber auch an einem neuen Album, einem neuen ULVER-Album, wir befinden uns gerade am Anfang dieses Prozesses.

Also bist du nicht „nur“ ein Live-Mitglied, sondern auch im Studio Teil von ULVER.

Ja, also natürlich erst seit kurzer Zeit. Als wir anfingen, an diesem anderen Album, einem Cover-Album des „Aquarian Psychedelic“ der Sechziger, war ich auch beteiligt, aber irgendwie hat sich ULVER im letzten Jahr oder so an einem seltsamen Ort befunden und das Cover-Album oder die Kollaboration mit SUNN O))) genutzt, um einem gewissen Problem aus dem Weg zu gehen; dieses „gewisse Problem“ ist, ein neues Album und damit eine neue Aussage zu kreieren. Ich denke „Shadows Of The Sun“ fühlte sich in mancher Hinsicht so endgültig, so komplett an, dass es schwierig ist, einen Ansatzpunkt für Fortschritte zu finden. Wir versuchen aber, genau das herauszubekommen.

Würdest du sagen, dass Kristoffer bei den Auftritten mit ÆTHENOR Blut geleckt hat?

Ich denke schon, ja. Auf jeden Fall hat ihm das vieles erleichtert. ÆTHENOR ist eine ziemlich andere Geschichte als ULVER, andere Wechselwirkungen der Musiker auf der Bühne, eine ganz andere Art, Musik zu kreieren. In gewisser Weise ist meine Rolle bei ULVER einfacher als bei ÆTHENOR, denn dort bin ich ein kreativer Kopf, ich muss die Ideen liefern; bei ULVER hingegen ist alles vorgezeichnet, es gibt kaum Möglichkeiten zur Improvisation – das Ziel ist, die Stücke so gut wie möglich rüberzubringen. Ich denke schon, dass Kris während der ÆTHENOR-Konzerte ein wenig auf den Geschmack gekommen ist, aber andererseits wird ihm bewusst sein, dass seine Rolle bei ULVER eine vollkommen andere ist.

Du hast ja bereits erwähnt, dass ihr bisher sieben Shows gespielt habt. Was habt ihr da bis jetzt so erlebt? Wie war die Resonanz der Fans?

Ähmmmm… ein ziemlicher Hammer! Sehr überraschend und tatsächlich so etwas wie ungezügelte Liebe, muss ich sagen. Besonders betrifft das die Show in Lillehammer, aber wir haben bei allen Konzerten, die wir bisher gespielt haben, großen Zuspruch bekommen, manchmal ein wenig unverdientermaßen – in den Fällen, in denen wir das Gefühl hatten, einen schlechten Abend erwischt zu haben. Ich denke, das Publikum war bisher sehr gnädig, aber es ist an der Zeit, die Erwartungen wirklich zu erfüllen – du weißt ja: wir haben zwar unser Bestes getan, aber es ist lange her, fünfzehn Jahre, dass ULVER das Zeug live gespielt haben – wir arbeiten am Feinschliff, der immer greifbarer wird. Ich denke, dass die Reaktion des Publikums dann eher gerechtfertigt ist.

Wird sich denn für die Konzerte in Berlin und Wien irgendetwas am Lineup ändern?

Ja, ich denke, wir werden mit einem anderen Schlagzeuger arbeiten. Bisher hat Lars Pedersen (WHEN) am Schlagzeug gesessen, wir haben auch ein paar Gigs mit zwei Drumkits gespielt, Tomas Petterson hat hier das zweite Schlagzeug gespielt. Er ist ein Schlagzeuger aus Norwegen, der in einigen Bands spielt und wirklich großartig ist; ich denke, er wird uns auf der Tour begleiten, Lars ist anderweitig unterwegs. Dazu kommen dann meine Wenigkeit, Kristoffer, Tore [Ylwizaker] und Jørn [H. Sværen], die Üblichen also, und Sander, der für die Elektronik und die Turntables verantwortlich ist. Für den Gig in Wien laden wir eventuell Pamelia Kurstin ein, damit sie Theremin spielt – sie lebt in der Nähe.

Ja, das wäre die ideale Gelegenheit, sie einzuladen.

Absolut, ja.

Habt ihr euch schon eine Setlist für die Konzerte überlegt?

Wir entscheiden das ziemlich genau in diesen Tagen; wir werden wohl die meisten Songs spielen, die wir bisher auch gespielt haben, aber das Set wird wahrscheinlich etwas länger, also nehmen wir noch vier oder fünf zusätzliche Stücke in das Repertoire auf.

Können die Fans mehr Material von „Bergtatt“, dem ersten ULVER-Album, erwarten? In Athen habt ihr meines Wissens einen Song des Albums gespielt…

Ich bezweifle das. Es ist zwar letztendlich Kris‘ Entscheidung, aber ich bezweifle es ernsthaft. Es kann sein, dass wir ein Stück des zweiten Albums [„Kveldssanger“] spielen, aber ich denke nicht, dass wir etwas von „Bergtatt“ oder „Nattens Madrigal“ oder überhaupt irgendetwas aus ULVERs Black Metal-Ära umsetzen werden.

Das bringt mich zu einer anderen Frage: Wie bekommt ihr eure Proben auf die Reihe? Du lebst in England, die anderen Jungs in Norwegen. Wie oft trefft ihr euch, um zu proben?

Nicht wirklich oft, um ehrlich zu sein. Normalerweise proben wir kurz vor einer Tour, mit einer Woche Vorlauf. Für die Show in Lillehammer war der Probenplan etwas voller und ich war eine ganze Weile drüben, weil wir uns ja auch die Adaption des Materials überlegen mussten. Jetzt ist das Material für die Live-Auftritte im Wesentlichen arrangiert und nur die neuen Stücke werden ein bisschen Arbeit erfordern, so dass ich im Januar nach Norwegen fliege und wir dann vor den Konzerten effektiv eine komplette Woche voller Proben haben. Eigentlich ist es nur eine Frage, wie oft ich zwischen Oslo und England hin und her fliege…

Kannst du uns schon etwas über die Vorbands in Berlin und Wien sagen?

Nein, wirklich nicht. Ich weiß nicht einmal, ob da schon etwas entschieden ist. Wir sind auch selbst noch nicht so weit, es gibt eine Menge Shows auf der Tour, die noch nicht einmal bestätigt sind; aber wenn das erst in trockenen Tüchern ist, werden wir da mehr Initiative ergreifen. Es ist schließlich eine großartige Möglichkeit, Freunde aus ganz Europa, deren Musik wir sehr schätzen, einzuladen, wenn wir gerade in der entsprechenden Gegend sind. Zum Beispiel – und das ist eine Idee, die mir gerade in den Sinn kommt während ich spreche – könnten wir für das Konzert in Wien FENNESZ einladen, denn wir mögen seine Musik wirklich sehr…

…er hat doch einige Soundscapes zu „Shadows Of The Sun“ beigetragen, richtig!?

Ja genau, auf dem Album hat er ein bisschen was gemacht, und Kris und ich haben uns schon öfter über die Möglichkeit einer Live-Kollaboration unterhalten, vielleicht auf einem Festival oder so…

Das wäre verlockend.

Ja – klar ist das noch Zukunftsmusik, aber es wäre doch toll, wenn wir auf der Bühne zusammentreffen würden.

Damit bin ich auch schon bei meiner letzten Frage: Was erwartest du speziell von den Konzerten in Deutschland und Österreich, im Vergleich zu den Shows in Norwegen, Finnland oder Griechenland?

Nun ja, es gibt vielleicht einen Unterschied zwischen meinen Erwartungen und den Erwartungen anderer Leute. Ich könnte mir vorstellen, dass uns das Publikum sehr nett aufnimmt, könnte mir aber auch eine gewisse Skepsis vorstellen, weil wir keine Metal-Stücke der früheren Alben spielen und ich weiß, dass es bei euch eine riesige Metal-Szene gibt. Jetzt, wo ich das gesagt habe, muss ich mich in Hinblick auf Berlin ein wenig revidieren, wenn das ist ein bisschen was anderes: Berlin ist eine wogende Großstadt, sehr kosmopolitisch und ich denke, das Publikum dort ist offener für unsere späteren Werke (die meiner Meinung nach sowieso besser sind). Aber es ist schwer vorherzusagen, wir wissen wirklich nicht, was wir an diesen Orten erwarten können. ULVER war so lange nicht auf der Bühne. Wir sind gewissermaßen Eremiten, die nun zum ersten Mal ihre Höhle verlassen, um der Welt zu zeigen, was wir tun – und was auch immer passiert, wir rechnen mit Überraschungen.

Schön. Vielen Dank für das Interview!

Kein Problem.

Die letzten Worte gehören dir, falls du also noch etwas loswerden willst…

Somnambulists, the ambulance is on its way.

05.01.2010
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