1349 - The Infernal Pathway

Review

Leute, ganz ehrlich. Wenn ich noch einen Bericht über 1349 lese, in welchem in der Einleitung der Bandname erklärt wird, dann geh ich nach Hause.

Viel interessanter ist an dieser Stelle ein Hinweis darauf, dass mit einem handelsüblichen Wunschnummernschild und einer Vorliebe für die hier gegenständliche Band die Affinität zum Black Metal subtil im Straßenverkehr zur Schau gestellt werden kann. Zumindest subtiler als mit einem DARKTHRONE-Heckscheibenaufkleber auf einem Renault Twingo.

Die Messer sind gewetzt – 1349 greifen an

1349 haben seit gut fünf Jahren kein Album mehr veröffentlicht. „Massive Cauldron Of Chaos“ (2014) platzierte sich näher an den Ursprüngen der Band und verzichtete weitgehend auf Experimente. Auch wenn der Zeitgeist sich an vielen Ecken und Enden bemerkbar machte. „The Infernal Pathway“ geht diesen Weg weiter, wenn man so möchte, zurück und arbeitet in alter MARDUK-Präzision und Bosheit. Es geht um jeden Millimeter, keine Aufgabe, keine Gefangenen. Dennoch kommt „The Infernal Pathway“ gänzlich anders daher als beispielsweise „Hellfire“ (2005). „The Infernal Pathway“ ist keine romantische nordische Retrospektive, sondern Black Metal nach State of the art-Standard.

Auch wenn die Produktion im ersten Moment etwas dumpf klingen mag, die plastische Differenzierung der einzelnen Instrumente ist beeindruckend und eindringlich. Tom-Läufe wie im Stück „Towers Upon Towers“ gehen einfach runter wie Öl und lassen kein Auge trocken. Zudem ist es beinahe überflüssig, die unmenschliche Präsizion eines Frost beim Drumming zu beschreiben. „The Infernal Pathway“ trägt die Handschrift dieses Ausnahmetalents, enthält an keiner Stelle 08/15-Blastbeats und überrascht immer wieder mit spannenden Rhythmen. Ganz großes Kino und nicht nur für Musiker ein Hochgenuss.

Brücken, Munch und sonstige Kuriositäten

Eine unerwartete Reinkarnation erleben die kurzen Brücken zwischen den Songs, ähnlich dem bei NECROS CHRISTOS gepflegten System. Die Zwischenstücke bauen auf dem Album „Demonoir“ (2010) auf und führen die Reihe ab „Tunnel of Set VIII“ bis „Tunnel of Set X“ fort. Die jeweils rund eine Minuten langen Interludien sind allerdings recht unspektakulär. Interessanter ist die Frage, ob zwischen den beiden Alben „Demonoir“ und „The Infernal Pathway“ eine Verknüpfung besteht.

Ebenfalls einer näheren Betrachtung ist das Stück „Dødskamp“ wert. Dieses erschien bereits zum Jahresbeginn als EP mit einem Live-Song und wurde 2018 in Zusammenarbeit mit dem Munch Museum in Oslo als Interpretation des gleichnamigen Gemäldes von Edvard Munch geschrieben. Das Bild ist die letzte Interpretation des Motiv „Am Sterbebett“, mit welchem Munch zeitlebens experimentiert hat. In dieser letzten Version rückt der Expressionismus in den Hintergrund und die Moderne schiebt sich vor.

Ein ungewöhnliches Motiv für den Black Metal, welcher zumeist eher mit mittelalterlichen, klassizistischen, barocken oder romantischen Bildern fraternisiert. Beeindruckend sind insbesondere zwei Aspekte des Bildes. Einerseits nimmt der Betrachter die Position des Sterbenden ein. Zudem gehen die modernistisch dargestellten Gesichter der Angehörigen tief unter die Haut, trotz teilweise geradezu minimalistischer Darstellung.

„The Infernal Pathway“ überzeugt mit einem Schritt zurück

Denn das Album führt 1349 wieder mehr in Richtung des klassischen Black Metals. Durch bedingungslose Härte und modernen Sound braucht das Album aber auch den Vergleich zu anderen zeitgenössischen Produktionen nicht zu scheuen. Starke Scheibe.

14.10.2019

Stellv. Chefredakteur

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