Ahab - The Divinity Of Oceans

Review

Endlich sind AHAB wieder auf See! Die derzeit am meisten Hoffnung weckende und Potenzial innehabende Nachwuchsdoomkapelle geht erneut auf Kurs, um all den hektischen Stressern da draußen zu zeigen, dass wirklich harte Musik besser ohne hohes Tempo auskommt!
Das neue Album habe ich mit einer Mischung aus Vorfreude und Skepsis erwartet. Noch eine Platte über den weißen Wal und den bekloppten Kapitän, der ihm unbedingt eine eigens hierfür geschmiedete Harpune in den Allerwertesten jagen will?
Doch siehe da: Trotz ihres vermeintlich einengenden Namens haben AHAB die Kurve bekommen und bleiben dennoch dem „Nautic Funeral Doom Metal“ und sogar der Inspiration durch literarische Werke treu. Allerdings beziehen sich die süddeutschen Seebären diesmal auf Bücher, die Herman Melville ebenfalls las, wie z.B. „In The Heart Of The Sea“ von Nathaniel Philbrick und die ihn – im Falle von Owen Chases „The Wreck Of The Whaleship Essex“ – zum Schreiben von „Moby Dick“ veranlassten. Chase beschreibt in seinem Buch die tragische Geschichte einer fehlgeschlagenen Waljagd: Eine von Hunger, Verzweiflung, endloser See und schleichendem Wahnsinn getriebene Mannschaft tut das Grausigste, was dem Menschen möglich ist: Sie frisst sich selbst auf. Hiervon handelt „The Divinity Of Oceans“.

Ähnlich dem Vorgänger „The Call Of The Wretched Sea“ (2007) sind auf dem aktuellen Album nahezu keine Songs diesseits der Zehnminutengrenze zu finden, und doch ist etwas anders geworden: AHAB fügen ihrem Spiel melodische Facetten zu, variieren Tempi, geizen nicht mit Doom-untypischen Doublebassattacken und Sänger Daniel Droste grunzt nicht ausschießlich wie ein Kehlkopfamputierter, der zum Frühstück eine Tabakplantage inhaliert hat, nein, er singt oftmals klar und bewegt sich hier sehr nahe an got(h!)ischen Gefilden. Insgesamt scheint es, als hätten AHAB das monolithische, unerbittliche Zeitlupenschneckentempo ihres Erstwerks dezent angezogen und bewegten sich, quasi mit frischem Wind im Segel, etwas zügiger als noch vor zwei Jahren. Gleich geblieben ist jedoch der unverkennbare, kristallklare und eiskalte Sound, der gruselige Assoziationen von Hunger, Schiffbruch und blankem Wahnsinn weckt.

Auch wenn „The Divinity Of Oceans“ mich nicht so völlig umhaut wie sein Vorgänger, die allerdings auch allerbeste Über-Funeraldoomplatte der Welt aller Zeiten überhaupt, stelle ich fest: AHAB sind nach wie vor die Harpunenspitze des deutschen, wenn nicht sogar des europäischen Doom. Keine andere Band versteht es so virtuos, mit Tönen Bilder zu malen und durch Klang allein Stimmungen zu erzeugen, die weit unter dem Gefrierpunkt liegen. Ein neuerliches Meisterwerk und ein Pflichtkauf für alle, die auf Gänsehaut und atmosphärische, harte Musik stehen. Hart wie eine in Blut gehärtete Lanze und schwer und böse wie ein Pottwal, der sich, von Schmerz und rasender Wut getrieben, in die berstende Bordwand eines Walfängers wirft!

23.07.2009
Exit mobile version