Asenblut - Die Wilde Jagd

Review

Da sind sie wieder: ASENBLUT, die TEDi-Version von AMON AMARTH. Die Presseinfo lässt zwar Begriffe wie IRON MAIDEN oder IMMORTAL fliegen, aber was die Herren hier liefern, ist so transparent, dass dieses Namedropping ziemlich albern herüberkommt. Der vierte Silberteller in voller Länge schimpft sich „Die Wilde Jagd“ und ist wieder mal vollgestopft mit jeder Menge käsiger Wikingerromantik, mit der man das bierschwangere Infield eines jeden Festivals üblicherweise zum Beben bringt. In Anbetracht der aktuellen Situation müssen wir uns Letzteres dazu denken, während wir Ersteres konsumieren – und auf das Beste hoffen. Schlimmer als „Berserker“ kann es ja nicht mehr werden, oder? ODER?

Die Göttinger Wikinger blasen zur „Wilden Jagd“

Wie angedeutet sind ASENBLUT kaum mehr als ein deutschsprachiger AMON AMARTH-Klon, der wenig an der Vorlage ändert und diese lieber so fantasielos wie möglich reproduziert – bis hin zur Produktion. Doch bei „Die Wilde Jagd“ hat Produzient Jörg Uken alles mit Loudness zugemauert, sodass jegliche Dynamik flöten geht. Es ist zugegeben nicht der schlimmste Sound, den ein Album jemals auf den Leib gezaubert bekommen hat, aber er schnürt den Songs schon die Luft ab. Besser wäre hier ein roher Produktionsansatz gewesen, der die Kälte des Nordens mitschwingen lässt. Aber da man ohrenscheinlich im Wasser des schwedischen Vorbilds segeln wollte, leuchtet ein, warum man stattdessen mit dem wenig feinfühligen Volle-Kanne-Ansatz gefahren ist.

Die rein musikalischen Unterschiede zum Original sind abgesehen von der Sprache von rein qualitativer Natur dahingehend, dass „Die Wilde Jagd“ kaum irgendeine Form von emotionaler Tiefe beinhaltet. Die Riffs klingen frisch aus der Viking-Metal-Retorte entnommen, und das monotone Gegrunze von Muskelberg Tim „Tetzel“ Schmidt geht auch relativ flott auf die Nerven. Immerhin überzeugt sein Stimmvolumen. Längst nicht auf dem Level eines Johan Hegg röhrend zeigt er Präsenz, was die Abwechslungsarmut seiner Darbietung natürlich nicht ausgleicht. Weitere Pluspunkte, auf denen ASENBLUT kreativ aufbauen könnten, wenn sie wollten, sind die gute Chemie zwischen den Gitarristen Claus Cleinkrieg und dem 2018 eingestiegenen Stanley Robertson und die vereinzelt eingestreuten Blastbeats, die tatsächlich was können – so wie zu Beginn von „Codex Gigas“.

Teutonische Wikinger mit Scheuklappen statt Abenteuerlust

Aber zumindest beim hier vorliegenden Exponat sitzen die Scheuklappen stramm und dicht beim Gespann der Göttinger. Die Songs setzen sich praktisch ausnahmslos aus dem zusammen, was man im AMON AMARTH-Aktionsradius vermuten würde. Es gibt kaum einen Moment, in dem die Göttinger mal versuchen, mehr zu sein als die Summe ihrer Teile bzw. ihres Teils. Für zwei bis drei Songs funktioniert diese Formel zwar einigermaßen, aber spätestens mit „Irminsul“ setzt das Gesetz des sinkenden Ertrags ein, wenn der Song wie seine Vorgänger (und Nachfolger) versucht, diese großen, epischen Riffwände mit gleichbleibender Rhythmik zu errichten. Die erwähnte Eintönigkeit von Tetzels Gesang hilft da auch nicht wirklich, um dem Ganzen Leben einzuhauchen.

Dazu kommen die Texte, die im Englischen vermutlich nicht weiter negativ auffallen würden, im Deutschen jedoch einfach nicht funktionieren. Das ist im wesentlichen der lyrische Deutschrock-Auspuff im Wikingermantel, dessen holprige Metrik und erzwungener Pathos zum Fremdschämen sind und zum Versinken im nächstbesten Loch einladen. Wenn man das hört, lernt man die lyrische Arbeit und deren stilsichere Umsetzung von Kollegen wie MACBETH und VERSENGOLD zu schätzen, unabhängig davon, was man von ihnen hält. Die zeigen nämlich, dass Hopfen und Malz in Sachen Dichtkunst im deutschsprachigen Rock/Metal längst noch nicht verloren sind.

ASENBLUT suhlen sich weiterhin genüsslich im derivativen Durchschnitt

Doch ASENBLUT frönen dieser Unart, ganze Sätze mit dem Brecheisen in ein Reimschema zu zwingen, anstatt diese mal metrisch ein bisschen aufzuhübschen, sodass sie sich elegant in den Song einfügen. Aber nein, die Devise heißt: „Reim‘ dich oder ich fress‘ dich“, Fast Food für die Deutschrock-Einfältigkeit. Das ist besonders eindrücklich (auf eigene Gefahr!) bei „Codex Gigas“, „Drachentöter“ oder „Weder Gott noch Könige“ zu beobachten. Und natürlich musste ein pathetischer Song über die Schlacht bei den Thermopylen rein („300“), da sich ASENBLUT nicht schon genug angebiedert haben. Selbst das wäre zu einem gewissen Grade verkraftbar, wenn der Sound der Göttinger nicht so derivativ und langweilig wäre. Das haben selbst SABATON besser hinbekommen.

Doch ASENBLUT zeigen einfach kein Anzeichen von Entwicklung. Sind wir mal ehrlich: Selbst AMON AMARTH wissen auf ihren Alben für Abwechslung zu sorgen. Naja, auf ihren guten Platten jedenfalls, wie „Versus The World“. „Die Wilde Jagd“ dagegen klingt so, als hätte man der Band eine Pistole an die Schläfe gehalten und sie gezwungen, den AMON AMARTH-Sound aus dem Gedächtnis wiederzugeben. Sie sind halt wie gesagt die TEDi-Version der Schweden: Billig und funktional. Aber wenn man die Wahl zwischen beiden hat, dann sollte man seine Zeit nicht mit dieser maximal durchschnittlichen Kopie verschwenden, sondern lieber zum Original greifen.

Wir helfen Unentschlossenen und Uneingeweihten gerne bei der Auswahl.

11.05.2020

Redakteur für Prog, Death, Grind, Industrial, Rock und albernen Blödsinn.

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