Avatar - Avatar Country

Review

Ein eigenes Königreich gründen und anschließend vertonen? Das kann man schon mal zwischen Proberaum, Dusche und Bühne nach den morgendlichen Cornflakes machen. Dass bei AVATAR und in ihrem „Avatar Country“ die Monarchie längst nicht von gestern ist, offenbaren bereits alle Songtitel, welche die hiesige Majestät zumindest lyrisch in den Mittelpunkt rücken. Doch was den Hörer in den Landschaften, Städten und vor allem der kulturellen Szene erwartet, ist dagegen deutlich vielfältiger.

Willkommen im „Avatar Country“

AVATAR haben sich schließlich schon auf „Feathers & Flesh“ als wahre Könner offenbart, wenn es darum geht, verschiedene Stile zu einem eigenständigen Sound zu verknüpfen und ihrer Geschichte damit ein facettenreiches Leben einzuhauchen. Das geschieht auch auf „Avatar Country“ und der Horizont scheint innerhalb der Grenzen erstaunlich breit gefächert zu sein. Schon der Opener „Legends Of The King“ zeigt einen großartig gemeisterten, nicht zu verkrampften Spagat aus progressiven Klängen und epischem Power Metal, dessen größte Stärke eindeutig die Stimme von Sänger Johannes Eckerström ist. In den klargesungen Passagen glänzt der Schwede variationsreich, Schwächen offenbart er allerdings in den relativ eintönigen Growls.

Denn zunächst zeigen uns AVATAR die staubigen Wüsten, die scheinbar am Eingang zum „Avatar Country“ liegen. Denn „The King Welcomes You To Avatar Country“ wartet mit ordentlichem Southern Rock auf, der ziemlich cool dazu einlädt, die Cowboy-Stiefel aus der hintersten Ecke des Schuhschranks zu fischen und sich gut gelaunt den ersten Whiskey des Tages zu ordern. Danach geht es aber in die ungemütlichen, dreckigen Straßen der Klanglandschaft. Denn „King’s Harvest“ ermüdet mit sicherlich solide gespieltem, aber längst nicht so unterhaltsamem Groove Metal. Doch schon hinter der nächsten Kurve wird’s wieder peppiger. „The King Wants You“ lädt in seiner Rhythmik dazu ein, den mühseligen Alltag zu vergessen und bei voller Eingängigkeit das Tanzbein und die Stimmbänder in Schwung zu bringen.

Leider verlieren sich AVATAR nach der Party-Stimmung ein bisschen in ihrem eigenen Königreich. Es gibt zwar noch Spektakel, aber auf eher durchwachsenen Niveau. So zeigen die klargesungenen, melodischen Parts in „A Statue Of The King“ erneut großes Highlight-Potenzial, während sich das restliche Material stur und wiederborstig in unnötiger und, ja, langweiliger Uptempo-Härte ergeht. Ansonsten gibt es vor den beiden das Album beendenden Instrumentals noch einen weiteren Power-Metal-Ausflug („King After King“), der die Stimmung aber nicht mehr zu Jubelarien der Bewohner und Gäste heben kann. Das gilt auch für die aus dem Album führenden Schlussstücke: „Silent Songs Of The King Pt. 1: Winter Comes When The King Dreams Of Snow“ bietet ein ruhige Synthie-Klanglandschaft, die sich noch das Prädikat „nett“ verdient. “ Silent Songs Of The King Pt. 2: The King´s Palace“ fährt noch einmal harte Gitarren auf und bietet gefällige Riffs, ohne noch einmal groß aufzutrumpfen.

Die größte Stärke von AVATAR ist ihr Sänger

Der Ausflug ins „Avatar Country“, bei allem lyrischen Augenzwinkern, ist geprägt von einer Fülle an Variationen, die einerseits die Klasse der Schweden offenbaren, andererseits aber auch ein paar Schwachpunkte nicht verhehlen können. Sammelt man die Higlights zusammen, bleiben diese im Vergleich zur Gesamtlaufzeit doch etwas rarer gesät als auf dem Vorgängeralbum. AVATAR haben sich nicht zur Höchstleistung getrieben, agieren aber sehr fantasievoll und bieten ein lohnendes Werk für Freunde der Abwechslung, dessen größte Stärke trotz eher lauer Growls Johannes Eckerström bleibt. Ein Must-Have klingt aber anders …

21.01.2018

Chefredakteur

Exit mobile version