Bethlehem - Hexakosioihexekontahexaphobia

Review

BETHLEHEM sind und bleiben einfach nonkonform. Sei es der wieder einmal abgefahren extravagante, in diesem Fall tatsächlich unaussprechliche Albumtitel „Hexakosioihexekontahexaphobia“ des sechsten Studioalbums, das stetig wechselnde Line-Up, der eigenwillige Dark Metal als auch deren Texte. Und 10 Jahre nach dem letzten regulären Album „Mein Weg“ kann sich auch nicht gerade jede Band erlauben.

Es hat sich wieder was getan in der Bandkonstellation. Niklas Kvarforth (SHINING) als auch Alexander Schmied (MOR DAGOR) sind nicht mehr Teil von BETHLEHEM, dafür wurde Sänger Guido Meyer de Voltaire für „Hexakosioihexekontahexaphobia“ wieder an Bord geholt, der auch schon auf „Mein Weg“  und „Schatten aus der Alexander Welt“ zu hören war. Es soll sich aber beim aktuellen Album um die letzte Kooperation handeln. Zur Konstante Jürgen Bartsch kommen Florian Klein am Schlagzeug und Olaf Eckhardt an der Gitarre (auch auf „Stönkfitzchen“).

Fans von BETHLEHEM können sich beim Namen Guido Meyer de Voltaire schon denken, in welche Richtung „Hexakosioihexekontahexaphobia“ geht, und auch Jürgen Bartsch macht daraus kein Geheimnis. Das neue Album ordnet sich stilistisch in eine Reihe mit „Mein Weg“  und „Schatten aus der Alexander Welt“ ein, also eher dem dortigen Dark Metal als dem Black Metal von der vor vier Jahren veröffentlichten „Stönkfitzchen“ EP. Jürgen Bartsch sagt selbst, dass die drei Alben zusammen eine Trilogie bilden, welche nun abgeschlossen ist.

Auch bei „Hexakosioihexekontahexaphobia“ ist der Zugang in die Welt von BETHLEHEM wieder einmal nicht ganz so einfach. Das abwechslungsreiche Album scheint einerseits verschiedene Elemente der früheren Schaffensphasen aufzugreifen, andererseits auch neue Elemente und Ansätze in den eigenwilligen Klangkosmos zu integrieren. Der Anteil des Industrial und rockigen Ambient wurde deutlich ausgebaut wie beispielsweise im Song „Nazi Zombies mit Tourette-Syndrom“ (mein persönlicher Songtitel des Jahres, …Fotze!) oder im zähen „Warum wurdest du bloß solch ein Schwein?“. Oder man nehme den Opener „Ein Kettenwolf greint 13:11-18“ der wie eine gewöhnungsbedürftige Mischung aus SAMSAS TRAUM, EWIGHEIM und THE VISION BLEAK klingt, und stilistisch den Faden von „Mein Weg“ fortspinnt. Im Mittelpunkt des Geschehens natürlich die fantastische, charakteristisch düstere Stimme von Guido, deren Umfang wirklich groß ist, zumeist singt der gute Mann klar, exzessive Schreiexzesse gibt es auf „Hexakosioihexekontahexaphobia“ (leider) selten. Dazu verzerrte wie cleangespielte eingängige Gitarrenmelodien, Dark-Metal-Riffs („Verbracht in Plastiknacht“), Synthesizer,  Chor-Elemente. An die eigene Dark / Black Metal Vergangenheit knüpfen BETHLEHEM mit dem furiosen „Spontaner Freitod“ an. Und sonst? Natürlich enthält „Hexakosioihexekontahexaphobia“ viel Wechselspiel aus schnellen und aggressiven als auch langsamen, minimalistischen Passagen. Es gibt in Form von „Höchst alberner Wichs“ ein Instrumental, balladeskes in „Letale familiäre Insomnie“ und die kryptischen Texte – ja die lyrischen Ergüsse sind wieder einmal abstoßend krank, düster und makaber. Zusammengehalten wird alles von der bizarren, pechschwarzen Grundstimmung.

BETHLEHEM liefern auf dem stilistisch vielfältigen, spannenden „Hexakosioihexekontahexaphobia“ Altes und Neues, und vor allem sehr Eigenes.

24.10.2014

Geschäftsführender Redakteur (stellv. Redaktionsleitung, News-Planung)

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