Cirith Ungol - Dark Parade

Review

Es bleibt finster bei CIRITH UNGOL. Mit „Forever Black“ haben die bereits 2016 reformierten Epic-Metal-Urgesteine ein bockstarkes Comeback-Album hingelegt. Blöd nur, dass dessen Veröffentlichung im Jahr 2020 ziemlich genau mit dem Beginn der Pandemie zusammenfiel. Davon haben sich die Kalifornier offenbar nicht unterkriegen lassen, denn mit „Dark Parade“ steht nun ein mindestens ebenbürtiger Nachfolger in den Startlöchern.

CIRITH UNGOL lassen es krachen

Die Amis haben ihren düsteren Epic Heavy Metal trotz progressiver Anflüge stets mit einer ordentlichen Portion Schmackes garniert. Dabei evozieren sie eher Bilder von finsteren Kriegern, blutrünstigen Barbaren und bösen Hexenmeistern denn von blumigen Elbenwäldern, auch wenn CIRITH UNGOL sich nach eigener Aussage heutzutage eher an realen Schrecken denn an Sword & Sorcery-Fantasien orientieren. So oder so geht „Dark Parade“ mit „Velocity (S.E.P.)“ unter wuchtigen Riffs, schneidenden Leads und angetrieben von Bandgründer Robert Garvens peitschendem Schlagzeugspiel in Verbindung mit Jarvis Leatherbys (NIGHT DEMON) prominenten doch unaufdringlichen Bassläufen gleich in die Vollen und lässt bis zum Ende in Sachen Intensität auch nicht mehr ab.

Beeindruckend ist dabei immer wieder, wie gut Frontmann Tim Baker auch mit 66 Jahren noch bei Stimme ist. Dessen eigenwilliger Kreischgesang hat seinerzeit einige Entwicklungen im extremen Metal-Sektor vorweggenommen und ist nach wie vor Aushängeschild und markantestes Erkennungsmerkmal von CIRITH UNGOL. Die Bedeutung der restlichen Bandmitglieder soll dabei aber keinesfalls unter den Tisch gekehrt werden, denn neben Bakers markerschütternden Schreien und Robert Garvens eisernem Schmiedehammer setzt auch das Gitarrenspiel von Jim Barraza und Gred Lindstrom immer wieder Akzente.

Grade Barraza brilliert zwischen klassischen Heavy-Metal-Leads immer wieder mit famosen Solos, die mal schneidend wie ein glühendes Schwert, mal progressiv verspielt und mal bluesig perlend daherkommen, nicht selten im selben Song und dabei stets im Dienst des selbigen. Man gebe sich nur den feurigen Solopart zur Mitte des Nackenbrechers „Relentless“ oder die brillante, das leicht psychedelische Flair des Songs unterstreichende Lehrstunde in Sachen Griffbrettliebkosung beim doomigen „Sailor on the Seas of Fate“. Beim Solo von „Looking Glass“ kommt gar schweißtreibende Blueskelleratmosphäre auf.

Der zweite Frühling dauert an

Neu erfinden sich CIRITH UNGOL auf „Dark Parade“ freilich nicht, das wird aber auch kaum jemand erwarten. Etwas mehr Zunder hat die ganze Chose auf Grund der heutigen Produktionsmöglichkeiten natürlich unter der Haube, ohne dabei jedoch an Unworte wie „modern“ oder „klinisch“ denken zu lassen, ansonsten pflegen die Kalifornier aber weiter ihren in den frühen 80ern etablierten Stil.

Nun sind CIRITH UNGOL allerdings auch keine Band, die wie so manche Altersgenossen über 20 Alben unterm Gürtel hat, sondern mit „Dark Parade“ eben erst sechs. Entsprechend umschifft man Abnutzungserscheinungen bisher weitgehend, was sicherlich auch dem sehr markanten Bandsound zu verdanken ist. Die Rückkehr von CIRITH UNGOL gehört jedenfalls zu den begrüßenswertesten Reunions der letzten Jahre, weshalb es schade wäre, wenn „Dark Parade“ ob der just angekündigten Einstellung der Live-Aktivitäten ab 2025 auch den Schwanengesang für die legendäre Truppe bedeuten würde. In dem Fall wäre es aber fraglos ein würdiger Abschluss.

13.10.2023
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