Cypecore - Innocent

Review

Im großen Auto- und Technikmuseum in Sinsheim war ich neulich wieder und ich muss sagen, dass das echt eine feine Sache ist. Zumal ich mir da in aller Ruhe aussuchen darf, welche Karre oder welches Flugzeug ich in absehbarer Zeit nicht mein Eigen nennen kann. Und wie ich so durch die Gegend wackel‘, erinnere ich mich, dass bei mir Zuhause noch eine Scheibe rumliegt, deren Interpreten ebenfalls aus der Gegend kommen. Nochmals darüber nachgedacht fällt mir auch der Bandname wieder ein: Irgendwas mit Cyber und Core. CYPECORE. Oh nein! Gehirnschublade auf, rein damit und weiter Rennwägen glotzen. Daheim angekommen lacht sie mich auch schon an, die CD von der ich bereits weiß, wie sie klingen wird.

Pflicht ist Pflicht also rein in die Anlage, Kaffee klar gemacht und Zeitung vor die Nase. Nach dem Intro lasse ich die Zeitung aber auch schon sinken. „Everdying“ dringt glasklar und voller Melodeath-Power im DARK TRANQUILLITY Stil aus den Boxen. Was geht denn jetzt ab? Sollte ich mich etwas getäuscht haben? Nun, in Gänze getäuscht habe ich mich dann doch nicht, die einen oder anderen core-mäßigen Elemente und Breaks sind definitiv am Start. Jedoch nicht kompromisslos im Vordergrund, sondern angenehm eingepflegt in den melodischen Sound von CYPECORE auf ihrem Album „Innocent“. Dieser Sound wird durch die markanten Vocals von Attila Z. Erdélyi perfekt in Szene gesetzt und umgekehrt. Ein sehr gutes Beispiel wäre mit „…And Death Was Nothing To Him“ zu vermelden. Abwechslungsreiches Songwriting, schneidend-scharfe Parts mit ordentlich Druck, bevor sie zum emotional-melodiösen Refrain überdriften und das Ganze wieder zurück. Auch hier lassen DARK TRANQUILLITY und Konsorten grüßen, doch kopiert wurde hier nicht, lediglich ansatzweise entliehen und verbastelt.

Im Göteburg-Stil geht es bei „Final Hour“ und „Signs“ weiter, um letztlich zum Titeltrack zu kommen, der im Sinne von „…And Death Was Nothing To Him“ Hitpotential inne hat. Nicht ganz in Richtung Vollgas ausgerichtet, aber dennoch ordentlich pressend mit dem beinahe schon obligatorischen Mitschrei-Gänsehaut-Refrain. CYPECORE verlieren sich glücklicherweise nicht in Details oder Geballer auf Teufel-komm-raus, sondern sind in der Lage genau die Mitte zu finden und sich in diesem Spektrum zu bewegen. Die bereits angesprochenen Metalcore-Essenzen tun der Sache hier keinen Abbruch, da sich die Sinsheimer nicht in diese Schublade stecken lassen. Dazu sind sie zu eigenständig und zu kreativ, selbst wenn sie ihre Finger in viele Richtungen ausstrecken. Bei „Something Inside“ und auch an anderen Stellen kommen, nebenbei bemerkt die Amis von LAMB OF GOD durch. Soviel sei gesagt zur interkulturellen Völkerverständigung zwischen Skandinavien und den Staaten, angetrieben aus dem Headquarter ins Sinsheim.

Bei „The Origin Of Hate“ ziehen sie nochmals alle Register, um ihr Können vollends zu beweisen. Von Highspeed-Geknüppel, über den so geliebten Mitsing-Refrain bis hin zum ausgefeilten Solo wird alles geboten was das Herz begehrt. Leichte Industrial-Anleihen hier und da fließen passend ein in die Grundstimmung des Albums. Wo ein Intro ist, muss auch ein Outro her, dachten sie sich wohl und so sind es, exklusive Anfang und Ende insgesamt zehn Songs, die selbst aufgenommen und produziert wurden. Hut ab davor, denn der Sound ist sehr ordentlich. Wenn hier eine professionelle Produktion dahinter stehen würde, hätten CYPECORE sicherlich ein paar Leute mehr umgeblasen. Live, wie ich mich gerade erinnere, tun sie genau das. Abgesehen davon ist über die Scheibe nichts Schlechtes zu berichten. Im Gegenteil: No fillers, just killers.

05.08.2009
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