Deicide - Scars Of The Crucifix

Review

Nun haben sie es also endlich geschafft: mit dem letzten Album „In Torment In Hell“ haben sich DEICIDE aus dem langjährigen Deal mit Roadrunner gewunden. In den vergangenen Jahren wurde Mr. Benton ja nicht müde, immer wieder mit Nachdruck zu erwähnen, wie scheiße er das Label findet, und dass es auf dieses „besondere“ Verhältnis zurückzuführen sei, dass DEICIDE nur Platten abliefern, deren Spielzeit immer haarscharf die halbe Stunde überschreitet: „Roadrunner kriegen nur was ihnen vertraglich zusteht und keine Sekunde mehr.“ Diese Einstellung schien jedoch auch fürs Songwriting zu gelten, denn die letzten Alben waren zwar alle recht solide aber dennoch mehr oder weniger Stangenware und konnten bei weitem nicht an die Frühwerke anknüpfen.

Aber weil jetzt alles anders und vor allem besser werden soll, hat man einen Vertrag bei Earache unterschrieben. Misst man die Zuneigung DEICIDE zu ihrem Label an der Spielzeit ihrer Platten, müsste bei Earache jedoch noch einiges mehr im Argen liegen als bei Roadrunner, denn die neue Mini, pardon: das neue Album „Scars Of The Crucifix“ kommt mit 26 Minuten Spielzeit doch arg mager daher und lässt somit Schlimmes befürchten. Doch weit gefehlt!

Das neue Material kommt so fett und tight daher, dass man erst mal seinen Ohren nicht traut! Fast scheint es so, als hätten sich die Jungs ihr Potenzial während der Zeit bei Roadrunner für bessere Tage aufgespart, denn was die Boxen hier ausspucken ist das innovativste und abwechslungsreichste, was DEICIDE seit Jahren abgeliefert haben. Gepaart mit einer hörbaren Spielfreude ergibt das einen Tritt in die Fresse, bei dem man immer nur nach Nachschlag schreit! Mr. Benton scheißt sein Mikro nach allen Regeln der Kunst zusammen, als hätte es ihm etwas angetan und die Gitarrenfraktion wartet mit irren Soli auf, die oft so melodisch (!) sind, dass sie auch auf einem ARCH-ENEMY-Album stehen könnten. Allein schon beim ersten Track frickelt sich Gitarrist Hoffman in bester Schwedenmanier die Finger blutig und sorgt damit für ungläubiges Staunen.

Doch keine Sorge, DEICIDE sind keinesfalls ausgewimpt, sie scheinen lediglich eine Art Erleuchtung (oder Verfinsterung) gehabt zu haben, die sie dazu bewogen hat, sich über die in den Jahren selbst auferlegten Grenzen hinweg zu setzen. So fies wie auf diesem Album hat Benton schon lange nicht mehr geklungen, denn dank übereinandergelegter Vocal-Spuren keift und grunzt es gleichzeitig aus den Boxen. Jeder einzelne der neun Songs ist ein brutales Death-Metal-Gewitter vor dem Herrn und weiß voll zu überzeugen. Daneben wartet die Scheibe mit allem auf, was das Herz begehrt: Tempowechsel, Doublebass-Massagen, Blast-Attacken und eben diese geilen Soli, die einem die Tränen in die Augen treiben. Und das alles in einer sehr homogenen, gesunden Mischung. Allein die kurze Spielzeit dieser Eruption an Brutalität und virtuosem Songwriting versagt ihr den finalen Schritt zu höheren Ehren.

Bei der Erstauflage soll man jedoch trotzdem value for money geboten bekommen und darf demnach eine Bonus DVD erwarten, auf der Glen unter anderem die Anekdote zum besten gibt, wie er sich das Kreuz in die Stirn gebrannt hat. Lange Rede, kurze Scheibe: KAUFEN!!

06.02.2004
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