Devin Townsend Project - Addicted

Review

Studiotagebücher sind zwar schön und gut, aber wenn man so einem internetaffinen Musiker wie DEVIN TOWNSEND über die Schulter schauen kann, hat das eine ganz andere Qualität. In den letzten Monaten twitterte er unterhaltsam die Fortschritte am neuen Album und lud regelmäßig neue Videos bei YouTube hoch, die ihn hautnah bei der Arbeit zeigten. Man wähnte sich schon fast neben ihm im Studio, wenn er dort lässig im gemütlichen T-Shirt an den Reglern schraubte und zu Hit-Songs wie „Supercrush!“ neue Gesangslinien aufnahm. Näher und authentischer kann man wohl bei keinem Geburtsprozeß eines Albums dabei sein.

„Addicted“ heißt nun der zweite Teil der Quadrilogy, die nächstes Jahr schon mit „Deconstruction“ weitergehen soll. Nach „Ki“ als experimentellem Selbstversuch ist „Addicted“ nun ein Extrakt dessen, was Townsends musikalische Seele ausmacht: Progressive Breitwandsound-Produktionen, dieses Mal relativ simpel gehalten, auf den Punkt gebracht, mit Groove und Refrains, die einem so schnell nicht mehr aus dem Ohr gehen wollen, aber umso schneller dort hinein finden.
„Addicted“, das sind die kleinen Bruchstücke und Ideen, die sich während der Arbeiten an „Ki“ angesammelt haben, aber mehr noch als bloße kreative Fragmente sind sie wohl das, was die Handschrift von Townsend definiert. Es ist dieser Sound, der zwischen „Oceanmachine“ und „Accelerated Evolution“ liegt, und es ist diese grundlegend optimistischen Ausstrahlung von „Infinity“, die das neue Album prägt.

Die bekannteste Mistreiterin dieses Mal (und ganz nebenbei der größte Gewinn für das Album) ist Anneke van Giersbergen mit ihrer unvergleichlichen, umwerfenden Stimme, so dass man sich heimlich wünscht, sie würde noch für ein paar Alben mehr mit Devin Townsend zusammenarbeiten. Gerade bei Songs wie „Hyperdrive!“ zeigt sich die erstklassige Leistung, mit denen sie die zehn Kompositionen veredelt. Townsend wollte für dieses Album unbedingt den Kontrast zu seiner Stimme, und er hat sich goldrichtig für Anneke entschieden.
Zum weiteren Ensemble gehören alte Bekannte: Brian Waddell (Bass) und Ryan van Poederooyen (Schlagzeug), die schon jahrelang in der Devin Townsend Band gezockt haben, und Mark Cimino an der Gitarre, den Townsend damals bei „Sex & Religion“ kennengelernt hat.

Den Charakter des Albums könnte das vermutlich simpelste Cover in der Townsendschen Diskographie wohl kaum treffender ausdrücken: drei Wachsmalstifte, Name, Titel [das hier abgebildete Cover zeigt das Slipcase der europäischen Version]. „Addicted“ ist unkompliziert, eingängig und kurzweilig. Auch wenn nicht alle Stücke wie „Bend It Like Bender!“ einen Hitcharakter entwickeln können, sind die 46 Minuten ein unbeschwerter Ritt durch vertrautes Terrain – nur manchmal eben leider etwas zu vertraut.
Ein deutliches Manko ist der Klang des Schlagzeugs, welcher durch die Produktion einen leicht synthetischen aber dennoch nicht zu künstlichen Touch bekommen hat. Das passt zwar gut zum Charakter eines Songs wie „Universe In A Ball!“, will aber an anderen Stellen nicht recht zum Gesamtsound passen.

Fazit: Erwartungsgemäße Townsend-Kost, Reinhören ist Pflicht!

15.11.2009
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