Disbelief - Spreading The Rage

Review

DISBELIEF war eine Band, die ich bisher (trotz Hessen-Bonus) immer „nur“ gut fand, aber nie wirklich verstehen konnte, warum sie allerorts so dermaßen abgefeiert wurde. Hinter das Geheimnis ihres Emotional-Intensiv-Todesbleis bin ich nie gekommen. Was aber ist nun der Unterschied zwischen ihrem fünften Werk „Spreading The Rage“ und seinen Vorgängern? Ich bin von vorne bis hinten begeistert. Sind es die kleinen, aber feinen Veränderungen im DISBELIEF-Sound, wie z.B. die neben Jaggers unglaublichen, kranken Brutal-Vocals eingestreuten (semi-)cleanen Parts, die alles noch einen Tick verstörender wirken lassen? Oder habe ich jetzt endlich die musikalische Melange aus BOLT THROWER, den DEFTONES und NEUROSIS, die diesmal aufgrund von öfter auftretenden Tempowechseln ein gutes Stück variabler daherkommt, verstanden? Oder liegt es einfach daran, dass ich zum ersten Mal beim Hören dieses Quintetts durch meine momentane Stimmung in meinem Innern dazu bereit bin, mich auf die in höchstem Maße transportierte, verzweifelte Emotionalität samt der ihr inne wohnenden rasenden Wut, kombiniert mit unendlicher Leere, einzulassen, wodurch sie für mich greifbar wird? Ich tippe auf eine Mischung aus allen drei Gründen. Fest steht jedenfalls, dass „Spreading The Rage“ den Hörer vom ersten Ton an packt, fortwährend aufwühlt und erst, nachdem das letzte Quietschen der Gitarren verklungen ist, wieder loslässt. Das treffend betitelte Intro „The Beginning Of Doubt“ macht unheilvoll und schwermütig zugleich den Anfang, bevor mit „Ethic Instinct“ ein ungewohnt schneller Double Bass-Kracher aus den Boxen ballert. Spätestens bei dem mit ultraheftigen Vocals und sattem Groove aufwartenden „To The Sky“, dem depressiv-aggressiven „No More Lies“ und dem unglaublich intensiven Titeltrack ist dann klar, dass es DISBELIEF gnadenlos auf unser Nervenzentrum abgesehen haben. Endgültig eingenommen haben sie dieses mit „Inside My Head“, denn genauso stelle ich mir von der Stimmung her ein verzweifeltes, hilfloses Gespräch mit dem eigenen Ich vor. Hat man dann auch noch den Mut und die Klasse, den geneigten Fan mit einem fast schon bluesigen Solo („Addiction“), einem stimmigen Wechsel aus Ruhe und Eruption („Drown“) und coolem Akustikgitarreneinsatz (im exzellenten KILLING JOKE-Cover „Democracy“) positiv zu überraschen, kann man den Hessen zu diesem Album nur gratulieren. „Spreading The Rage“ ist befreiender und verstörender, Schmerz lindernder und aufwühlender als jeder Besuch auf des Seelenklempners Couch. Respekt!

12.11.2003
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