DOOL - The Shape Of Fluidity

Review

DOOL hatten Pech. Das Zehn-Punkte-Meisterwerk “Summerland” erschien so kurz vor dem endgültigen Ausbruch der Corona-Pandemie, dass Touren und Promotion zunächst schwierig waren. Zudem sorgten die Covid-Jahre bei Mitgliedern der Band für mentale Zermürbungen, sodass die vergangen Jahre die Stimmung des Albums, aber auch das Gefühl innerhalb der Band gehörig beeinflussten. Diesen Umstand kann man “The Shape Of Fluidity” deutlich anhören, denn es wirkt insgesamt viel aufgewühlter, emotional extremer und zorniger als sein älteres Geschwisterchen – und ist doch mindestens genauso schön.

Keine Band wie DOOL

Der einzigartige Sound der niederländischen Band entsteht durch ihr individuelles Zusammenspiel. Dem tut nicht mal ein Wechsel am Schlagzeugschemel Abriss, wobei Vincent Kreyder einen hörbar anderen Stil spielt als Micha Haring. Der wesentliche Unterschied liegt darin, dass man sich die Songs auf “Summerland” so vorstellen konnte, wie sie geschrieben wurden – nämlich nur mit Akustik-Gitarre und Gesang. Auf “The Shape Of Fluidity” verewigten sich neben Raven van Dorst erstmals auch die anderen Gitarristen Nick Polak und Omar Iskandr beim Songwriting.

Das führt einerseits zu einer Platte, bei der instrumentale Parts wesentlich mehr Raum einnehmen, andererseits zum vielseitigsten Album von DOOL bisher. Der Opener “Venus In Flames”, das hypnotisierende “Hermagorgon” und das wavige “Evil In You” geben sich bedrohlich und aufbegehrend. Mit dem Titelstück, “House Of A Thousand Dreams” oder “Hymn For A Memory Lost” zeigt die Band wiederum ihre meditative, melancholische Seite und bleibt zu jeder Zeit so hymnisch wie auf dem Vorgänger.

“The Shape Of Fluidity” – Ein weiterer Meilenstein

Somit ist das mit einem großartigen, aussagekräftigen Artwork versehene “The Shape Of Fluidity” deutlich weniger eingängig als “Summerland”, bietet dafür aber mehr Überraschungsmomente. Wie eh und je sind DOOL unglaublich talentiert darin, große Gefühle in mächtigen Hooklines auszudrücken, ohne dabei vor gelegentlichen Widerhaken in den Arrangements zurückzuschrecken.

Inhaltlich handelt es sich zudem um die für Raven van Dorst bisher persönlichste Platte. Raven wurde intersexuell geboren, jedoch weiblich erzogen. Nicht nur das von Metastazis geschaffene Cover, sondern auch die Texte regen zum Hinterfragen des eigenen Denkens an und lohnen einer intensiven Auseinandersetzung. Das von CULT-OF-LUNA-Gitarrist Magnus Lindberg herrlich großräumig produzierte “The Shape Of Fluidity” ist ein weiteres künstlerisch wertvolles und zeitloses Album von DOOL, das seinen übermächtigen Vorgängern in jeder Hinsicht ebenbürtig ist, ohne sie zu kopieren. Klar ist jedenfalls, diese Band gehört zu den besten und eigenständigsten Rock-Bands der Gegenwart.

12.04.2024

Redakteur | Koordination Themenplanung & Interviews

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