Esprin - Kain

Review

Die dunkle Jahreszeit nähert sich mit großen Schritten und immer wieder ertappt man sich dabei, die entsprechenden Platten aufzulegen. Von schwermütig (PARADISE LOST), über schwelgerisch (OPETH), bis zu hasserfüllt (DARKTHRONE), jede Facette von Winter und Herbst hat ihren ganz eigenen, passenden Soundtrack. Dass auch ESPRIN nicht die allerleichteste Kost auf Tonträger pressen, darauf deutet vom verstörenden Albumcover von „Kain“ bis zum Slogan des Albums „I skin myself to sleep“, schon einiges hin. Glaubt man den Pressetexten, so hat die Band mit „Kain“ sogar ihr düsterstes und verstörendstes Album abgeliefert, inspiriert von „Angst in all ihren Formen und Facetten.“

Auch ohne die Vorgängeralben gehört, geschweige denn rezensiert zu haben lässt sich sagen, dass „Kain“ in der Tat schwer, teils disharmonisch und voller Hass, Verzweifelung und Geisteskrankheit daherkommt. Rhythmisch erinnert das Ganze oft an eine vertracktere Version der Nu Metal-Pioniere von KORN, hier und da mit elektronischen Elementen und Beats gespickt, die an das Schaffen von Trent Reznor erinnern. Auch die DEFTONES kommen einem als Hörer in den Sinn, vor allem wenn Sänger Michael Babic gekonnt zwischen kranken Shouts und melodisch-melancholischer Singstimme wechselt.

„Phobos“ haut ansatzlos und ohne wirkliches Intro los und direkt ist man mittendrin im Album. Die Gitarren sind drei Stockwerke tiefer gestimmt und die Produktion kommt basslastig daher. Im Refrain agiert Babic angemessen melodisch um dem Song etwas Episches zu verleihen und angemessen psychopathisch um nicht in LINKIN PARK-Gefilde abzudriften. Das Hauptriff von „Nocebo“ hat dann den angesprochenen, rhythmisch anspruchsvollen DEFTONES-Charakter, funktioniert ansonsten aber recht ähnlich wie der Opener und damit gut.

„The Irrelevant Anthem“ nimmt ein bisschen den Fuß vom Gas und setzt vermehrt auf atmosphärisches Clean-Gitarren. Wieder fühlt man sich an das Organ von Chino Moreno erinnert und an dessen einzigartiges Emotionsspektrum. Der sich wiederholende Background-Chor im letzten Drittel ist ein Höhepunkt des Songs, zum Ende hin brechen dann Hass und Verzweiflung in einem emotionalen Outro hervor. Was dann mit „186-152-97“ folgt, ist ein beunruhigendes elektronisches Intermezzo, das sich so gar nicht in den bisherigen Albumkontext fügen will. So schnell wie es angefangen hat, ist es auch wieder vorbei. Wenn Aufrütteln und Verstören des Hörers das Ziel dieses Einschubes waren, dann war die Operation erfolgreich.

In „Ghost Light“ wird ein bisschen gescratcht wie bei LIMP BIZKIT, insgesamt ist der Industrial-Anteil wesentlich höher als noch bei den ersten drei Songs. Möglicherweise stellt „186-152-97“ einen kleinen Umbruch im Albumsound dar. „Kairos“ ist dann wieder gewohnte Kost, mit knapp zwei Minuten nur deutlich kürzer. „Ainu“ führt mit Tribal-Drums in bester SOULFLY-Manier und einem Keyboard-Thema noch einmal zwei neue Elemente in den Sound ein und macht damit alles richtig. Der Schlusstrack ist einer der stärksten Songs der Scheibe. Besser hätten ESPRIN „Kain“ hiermit beendet, statt mit „Diluvian“ noch einen, etwas überambitionierten und gewollt düsteren Bonustrack anzuhängen.

Im Ganzen aber ist „Kain“ ein starkes Stück düsterer Musik mit vielen interessanten Ideen und fragilen Melodien geworden. In der Schnittmenge zwischen den DEFTONES, KORN, PARADISE LOST und MARILYN MANSON ist ein beachtliches Album mit guten Songs und einem erkennbar eigenen Stil entstanden.

21.10.2013

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