Forgotten Tomb - Nihilistic Estrangement

Review

FORGOTTEN TOMB veröffentlichen mit “Nihilistic Estrangement” ihr zehntes Album und erweisen sich nach wie vor als verlässliche Band. Auch anderweitig beweisen die Italiener ihren Hang zum Rhythmus: FORGOTTEN TOMB arbeiten mit Trilogien, das haben sie selbst mehrfach betont. Der Vorgänger “We Owe You Nothing” hat eine Dreierära beendet, also ist die Spannung groß, mit welcher Neuerung die Verneiner diesmal um die Ecke kommen. Kurz gesagt: “Nihilistic Estrangement” geht primär beim Drumherum neue Wege.

FORGOTTEN TOMB in Retro

“Für die Studiosessions wählte ich spezielle Vintage-Mikrofone aus den 60er-/70er-Jahren aus und spielte meist auf Instrumenten aus den frühen 80er-Jahren”, heißt es aus dem Bandlager. Auf diese Weise wollen sich FORGOTTEN TOMB von stilistischen und produktionstechnischen Trends lösen und ein zeitloses Werk erschaffen. Natürlich verbirgt sich auch hier wieder der Wunsch, besonders menschenverachtend zu sein, indem die Musik, vor allem in Bezug auf die Entstehung, einer “mentalen Entfremdung von der modernen Welt” gleichkommt. Für Herrn Morbid seien die “Texte und Konzepte auf diesem Album extrem menschenfeindlich”. Etwas Gähnpotenzial steckt da schon drin. Zwar ist der zurückbesinnte Ansatz löblich, doch wir befinden uns in der Krabbelgruppe der Kindergarten-Misanthropie, wenn das alles ist. Ob die Texte genug Inhalt bieten, um dahingehend ein paar Altersstufen nach oben zu rutschen, darf die Hörerschaft gern selbst entscheiden. Dieses ständige Gerede von Menschenverachtung ermüdet aber irgendwann, wenn die dazugehörige Musik nicht vollends begeistert.

“Nihilistic Estrangement” hat ein Midtempo-Problem

Wie liest sich das neue Kapitel der Bandgeschichte? Der ausgeprägte Black ‘n‘ Roll, den beispielsweise der Titeltrack des Vorgängers innehat, ist weitestgehend verschwunden. Im Opener “Active Shooter” erinnert der Groove am ehesten an die vergangene Trilogie von FORGOTTEN TOMB. Wo geht die Reise hin? Die neuen Lieder sollen einen Wink auf die gesamte Diskografie darstellen. Tatsächlich erweist sich “Nihilistic Estrangement” als Mutant aus depressivem Black Metal, düsteren Rock-Passagen und kriechendem Doom. Das könnte als Albumdebüt funktionieren, ist im Kontext einer seit über 20 Jahren aktiven Band aber mehr Halbes als Ganzes. Zudem schwimmen die neuen Songs überwiegend auf einer Geschwindigkeitswelle. Überdurchschnittliche Spannungsmomente bleiben aus. Tempoüberflieger waren FORGOTTEN TOMB noch nie, doch der letzte Song “RBMK” zeigt das Potenzial von “Nihilistic Estrangement”. Leider ist das Album danach zu Ende.

Erst zum Schluss kommt echte Spannung auf

Was geschieht nach einer Trilogie (wenn es denn wieder eine wird), die wie eine Zusammenfassung fungiert? Lösen sich FORGOTTEN TOMB nach Album Nummer 12 oder schon nach “Nihilistic Estrangement” auf? Tun sie es nicht, bleiben ihrer unspektakulären Musiklinie aber treu, wäre das tatsächlich menschenverachtend. Sollte “RBMK” ein Wink auf die weitere Entwicklung der Band sein, kommt das einem Hoffnungsschimmer gleich. Wenn nicht, schreiben FORGOTTEN TOMB, gemessen an dem, was sie eigentlich können, leider zu viele “Songs to leave” – aber nicht im guten Sinne wie in den Anfangstagen.

01.05.2020
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